Rom verhängt Lockdown In Italien fällt Ostern aus
Die Pandemiezahlen sind schlecht, und die neue Impfkampagne beginnt erst: Italien schliesst – ausser Sardinien.

Im Italienischen gibt es ein bekanntes Bonmot: «Weihnachten mit der Familie, Ostern mit wem du willst.» In der Regel dient es dazu, die Jungen an Weihnachten im trauten Daheim zu behalten und auf Ostern zu vertrösten. Das Versprechen verwelkt jetzt schon zum zweiten Mal. Wie im vergangenen Jahr werden die Italienerinnen und Italiener auch das kommende Osterfest «in famiglia» verbringen – bis und mit Ostermontag. Erlaubt ist nur der Besuch von höchstens zwei erwachsenen Personen bei Bekannten und Verwandten, die in derselben Region leben, und das nur einmal am Tag. Grosse Tafeln wird es also nicht geben.
Die Regierung von Premier Mario Draghi hat beschlossen, die Massnahmen im Kampf gegen die Pandemie schon ab Montag, 15. März, und bis zum 6. April zu verschärfen. Notgedrungen, denn alle massgeblichen Indikatoren haben sich in den vergangenen Wochen stark verschlechtert.
3000 Intensivbetten sind mit Covid-Patienten belegt
Italien folgt einem Ampelsystem, in dem die Farben anhand einer komplexen Berechnung mit 21 Variablen bestimmt werden. Ein schneller Blick auf die eingefärbte Landkarte reicht jeweils aus, um sich einen Überblick zu verschaffen. Die Karte hat sich stark eingedunkelt. Der R-Wert, der das Tempo der Ansteckung misst, ist wieder deutlich höher als 1. Täglich kommen etwa 25’000 Neuinfektionen dazu, die meisten im Norden.
Fast 3000 Intensivbetten im ganzen Land sind mit Covid-Patienten belegt; in den Spitälern mancher Regionen werden nur noch absolut notwendige Operationen durchgeführt. Und jeden Tag sterben in Italien Hunderte Menschen an Covid-19.
Nur aus dem Haus, wenn es nötig ist
Zehn Regionen Italiens werden deshalb nun zu roten Zonen, unter anderem die Lombardei, Venetien, Apulien und Kampanien sowie die Provinz Trentino. Das Latium, die Region mit Rom im Zentrum, wechselt von Gelb, der dritthöchsten Stufe, direkt zu Rot. Rot steht für höchste Risikostufe. In einer «zona rossa» ist fast alles zu, aus dem Haus darf man nur mit triftigem Grund oder für körperliche Betätigung im Freien.
Gelb ist keine einzige Region mehr. Acht sind orange eingefärbt, mittelstark betroffen. Auch die autonome Provinz Südtirol ist jetzt orange, nachdem sie eine Weile rot gewesen war. Kitas und Grundschulen öffnen wieder, in einer Woche soll der Handel dran sein, die Hotels sind noch zu. Doch auch für Südtirol gilt: Ostern ist verriegelt - «blindata», wie die Italiener in solchen Fällen sagen, gepanzert und überwacht, alles rot. Wer gegen die Vorschriften verstösst, wird gebüsst.

Nur für eine einzige Region gilt das strikte Regime nicht, weil die Lage einigermassen unter Kontrolle ist, zumindest vorerst. Sardinien ist «zona bianca». Die Zeitung «La Nuova Sardegna» nennt die Insel eine «weisse Fliege auf einem roten Land». Das italienische Ampelsystem führt Weiss erst seit Januar, es steht für fast normal. Die sardische Inzidenz auf 100’000 Bewohner beträgt 34. Beinahe alles ist erlaubt, nur Schutzmasken sollen die Sarden natürlich weiterhin tragen und Abstand wahren. Alle Geschäfte, Bars und Restaurants sind geöffnet, auch am Abend.
Doch ob das lange so bleibt? Der R-Wert ist zuletzt wieder angestiegen, von 0,66 auf 0,89. Auf der kleinen Insel La Maddalena gibt es einen Infektionscluster, den man mit einer lokalen «roten Zone» bekämpft. Die Sarden hoffen, dass sie auch im Sommer noch weiss sind.
Ein General für die grosse Impfkampagne
Vielleicht sind bis dann auch die meisten Italiener geimpft. Draghi präsentierte am Wochenende seine ambitionsreiche Impfstrategie. 125’000 Ärzte und Zahnärzte sind aufgeboten. Geimpft werden soll in Apotheken, Einkaufszentren, in Fabriken, Pfarreien, Kasernen und in grossen Firmen. Armee und Zivilschutz helfen. Zuständig für die Grossoperation ist der neue Sonderkommissar für den Notfall: General Francesco Paolo Figliuolo, 59 Jahre alt, bisher Logistikchef der Armee.
Läuft die ganze Maschinerie dann mal auf Hochtouren, voraussichtlich Mitte April, sollen täglich 500’000 Italiener geimpft werden. Und wenn alles gut geht und die Lieferungen der Impfdosen zunehmen, sollte im September die Herdenimmunität geschafft sein.
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