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Populisten auf dem Vormarsch
In Genf bahnt sich eine grosse Wahlüberraschung an

Einen Monat vor den Genfer Regierungs- und Parlamentswahlen geht der Wahlkampf in die heisse Phase. 
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Die heisse Phase im Genfer Wahlkampf läuft. In genau einem Monat wählt der westlichste Kanton der Schweiz seine Regierung (Staatsrat) und sein Parlament (Grossrat) neu. Nicht weniger als 23 Kandidatinnen und Kandidaten wollen in die Regierung. Darunter sind vier bisherige Staatsräte: Thierry Apothéloz (SP), Fabienne Fischer (Grüne), Nathalie Fontanet (FDP) und Antonio Hodgers (Grüne). Und auch der abgewählte und vom Bundesgericht wegen Vorteilsannahme verurteilte Staatsrat Pierre Maudet will zurück an seinen einstigen Wirkungsort.

Am Mittwochabend trafen sich die 23 Kandidierenden vor den Kameras des Genfer Lokalsenders Léman Bleu zu einer Fernsehdebatte. Im voll besetzten Alhambra-Saal ging es zur Sache. Die amtierende Finanzdirektorin Natalie Fontanet (FDP) warb für eine Steuersenkung. Sie sieht darin gleichzeitig einen Impuls für die Wirtschaft und eine Hilfe für alle Bürgerinnen und Bürger in Zeiten steigender Mieten und Lebensmittelpreise. SP-Herausforderin Carole-Anne Kast lehnt Steuersenkungen für alle ab und verlangt stattdessen, dass der Staat den Leuten in Zeiten, in denen «die Krankenkassenprämien die Wohnungsmieten übersteigen», mit Prämienverbilligungen unter die Armee greift. Der Grüne Bau- und Umweltdirektor Antonio Hodgers will in Genf weiter Wohnungen bauen, auch um den täglichen Verkehr der Grenzgängerinnen und Grenzgänger einzudämmen.

SVP tritt an Ort

Wenige Stunden vor der TV-Debatte publizierte die Westschweizer Redaktion des «Blicks» eine Wahlumfrage zu den Parlamentswahlen. Gemäss dieser geht der Wahlsieg bei den Parlamentswahlen am 2. April an das «Mouvement citoyens genevois» (MCG), mit 13 Prozent Wähleranteilen. Auf demselben Niveau sieht die Umfrage die FDP. Im Vergleich zu den letzten Wahlen im Jahr 2018 würde dies einem satten Verlust von 12 Prozent Wähleranteilen entsprechen. Auch den Grünen, der SP und der Mitte-Partei werden teils deutliche Verluste prophezeit. Die SVP tritt wiederum an Ort  und verharrt bei rund 8 Prozent. Die Umfrage wurde von einem privaten Meinungsforschungsinstitut in Auftrag gegeben. Dieses befragte 950 Personen aller Generationen und beziffert die Fehlermarge mit 3,2 Prozent.

Dennoch: Dem MCG wurde vor den anstehenden Wahlen ein solcher Sprung nicht zugetraut – ganz im Gegenteil. Man ging davon aus, dass die Protestpartei wegen ihrer Fixierung auf die Ablehnung französischer Grenzgänger Stimmen verlieren würde und die bewährten Kräfte FDP, SP, Grüne und SVP wiederum zulegen würden. Doch bei der Bevölkerung verfängt offenbar, dass das MCG auch linke Themenfelder besetzt und den Sozialstaat stärken sowie Krankenkassenprämien senken will. «Weder rechts noch links, dem Bürger verpflichtet» lautet der Wahlkampfslogan des MCG. 

«Das MCG ist keine Rechtspartei.»

Bertrand Reich, Präsident der FDP Genf

Bertrand Reich, Präsident der FDP Genf, traut der «Blick»-Umfrage noch nicht so recht. «Ich kenne die Methodologie nicht, darum ist es schwierig, die Resultate einzuschätzen», sagt Reich. Trotz prognostizierter Wahlverluste dürfte seine Partei im Grossrat die zweitstärkste Kraft sein. Am Ende muss Reichs FDP auch darauf hoffen, Stimmen der diversen Kleinstparteien zu bekommen, die das Quorum von 7 Prozent für den Einzug ins Parlament nicht erreichen. 

Gegenüber dem MCG äussert FDP-Präsident Reich deutliche Kritik. «Das MCG ist keine Rechtspartei», sagt er. Es könne sogar beim gleichen Thema einmal mit der Ratsrechten und dann wieder mit der Ratslinken stimmen. Diese Erfahrung machte die FDP im Fall des Kantonsbudgets, das der Freisinn ablehnte und das auch beim MCG einen schweren Stand hatte. Zum Ärger der FDP votierten MCG-Vertreter in der Finanzkommission beim Budget dann aber plötzlich für die Schaffung von mehreren Hundert Verwaltungsstellen. Die FDP hatte und hat das Gefühl, sich nicht auf das MCG verlassen zu können.