Immobilien am ZürichseeWo es noch ein Haus für weniger als eine Million gibt
Der Wert von Einfamilienhäusern ist stark gestiegen. Eine Analyse der ZKB zeigt, dass es in der Region nicht einmal mehr 100 Objekte unter der Millionenmarke gibt.
3,8 Millionen Franken – das ist der durchschnittliche Wert eines Einfamilienhauses in Erlenbach. Nirgends im Kanton Zürich ist er höher. Dies ergibt eine Analyse der Zürcher Kantonalbank, die sämtliche knapp 103’000 Einfamilienhäuser im Kanton Zürich neu bewertet hat.
Ein Blick auf die Zahlen für die Zürichseeregion mit ihren rund 17’000 Einfamilienhäusern zeigt, was dies für den hiesigen Markt bedeutet. In Erlenbach etwa stehen noch 610 Einfamilienhäuser, viele sind in den vergangenen Jahren abgerissen und durch Mehrfamilienhäuser mit Stockwerkeigentum oder Mietwohnungen ersetzt worden. Auch dies dürfte sich preistreibend auf die noch bestehenden, äusserst begehrten Einfamilienhäuser in der Gemeinde ausgewirkt haben. Mehr als zwei Drittel von ihnen haben inzwischen einen Wert von über 3 Millionen Franken.
In vielen Gemeinden in der Region verhält es sich ähnlich. In Herrliberg, Kilchberg und Rüschlikon zum Beispiel hat ein Einfamilienhaus einen durchschnittlichen Wert von 3,2 bis 3,5 Millionen.
Die Analyse der ZKB verdeutlicht überdies, dass sich die Preisspirale schnell dreht. Die Bank hat jedes Einfamilienhaus im Kanton rückwirkend per 2018 bewertet und mit den aktuellen Zahlen von 2023 verglichen. In lediglich fünf Jahren, so der Befund, sind die Preise für ein Häuschen kantonsweit um ein Viertel gestiegen.
Wo es teurer wird, ist es noch teurer
Am Zürichsee ist die Preissteigerung noch stärker, allen voran auch hier wieder in Erlenbach: Ein durchschnittliches Einfamilienhaus hat dort heute fast ein Drittel mehr Wert als noch vor fünf Jahren – nämlich stolze 910’000 Franken mehr. Wer in Erlenbach ein Einfamilienhaus besitzt, könnte sich mit dem Wertgewinn schon fast ein weiteres Häuschen in Marthalen, einer der günstigsten Gemeinden im Kanton, kaufen.
Frappant ist die Preissteigerung von Einfamilienhäusern auch in den Gemeinden Kilchberg, Rüschlikon und Herrliberg, in denen ein Haus durchschnittlich 740’000 bis 750’000 Franken mehr wert ist als noch vor fünf Jahren. In Zumikon, Zollikon, Küsnacht und Meilen beträgt die Wertvermehrung bis zu 680’000 Franken.
Bereits vor 2018 hätten die Bezirke Meilen und Horgen zu den teuersten Pflastern im Kanton Zürich gehört, sagte Ursina Kubli, Leiterin Immobilienresearch der Zürcher Kantonalbank, vergangene Woche bei der Präsentation der Studie. «Nun haben sie auch noch am kräftigsten zugelegt.» Und es wird gemäss der Immobilienexpertin wohl so weitergehen: «Die Preisentwicklung wird sich nicht entspannen.»
Über 2 Millionen ist bereits Standard
Der Traum vom Einfamilienhäuschen in einer Seegemeinde ist somit für die meisten Menschen noch weiter in die Ferne gerückt. «Objekte für über 2 Millionen sind inzwischen Standard», sagt Kubli. Liegenschaften am unteren Ende der Preisskala gibt es in der Region praktisch nicht mehr. «An der Goldküste und am linken Seeufer gibt es kaum noch Einfamilienhäuser unter einer Million.»
Die Neubewertung der Liegenschaften zeigt, dass es praktisch nur noch in zwei Gemeinden in der Region Einfamilienhäuser unter der magischen 1-Million-Marke gibt. In Hombrechtikon hat die ZKB noch deren 50 identifiziert, in Oetwil 20. In diesen beiden Gemeinden war die Preissteigerung in den letzten fünf Jahren denn auch moderater.
In anderen Zürichseegemeinden sind entweder keine Einfamilienhäuser mehr unter einer Million zu finden oder aber nur noch vereinzelt wie in Wädenswil und Horgen (je 7) sowie in Stäfa (3). Insgesamt hat die ZKB in der Region nur noch 93 Objekte unter einer Million Franken bewertet.
Verschwinde dieses Preissegment, könnten sich viele Familien kein Einfamilienhaus mehr leisten, sagt Kubli. Wenn Kaufinteressenten heute dasselbe Objekt erwerben wollten wie vor fünf Jahren, müssten sie durchschnittlich 200’000 Franken mehr Vermögen und 160’000 Franken mehr Einkommen pro Jahr haben, um die gängigen Finanzierungskriterien zu erfüllen.
Nur wenige Häuser auf dem Markt
Was erschwerend hinzukommt: Die ZKB hat nur den aktuellen Wert der Einfamilienhäuser ermittelt. Dies sagt noch nichts darüber aus, wie viele auf dem Markt sind. Ein Blick auf die Immobilienplattform Homegate zeigt, dass in den Bezirken Horgen und Meilen derzeit lediglich drei Dutzend Einfamilienhäuser zum Verkauf stehen. Die beiden günstigsten stehen in Horgen und Oetwil. Die Häuser mit 5 Zimmern werden für knapp 900’000 Franken beziehungsweise für gut 1,2 Millionen Franken feilgeboten.
Auch solche Liegenschaften sind aber für die meisten Leute unerschwinglich. Die ZKB hat mithilfe anonymisierter Steuerdaten des Kantons berechnet, dass sich mehr als 80 Prozent der Steuerzahlenden, die in Miete leben, auch nicht ein Einfamilienhaus für eine Million leisten können. Wenn man die Wohneigentumsquote erhöhen wolle, müsste man deshalb Stockwerkeigentum fördern, sagt Kubli.
Die Immobilienexpertin ergänzt zudem, dass sich auch der Markt für Mietwohnungen verschärft hat: «Bisher konnten sich jene, die sich kein Eigentum leisten konnten, damit trösten, dass sie wenigstens eine gute Mietwohnung finden würden.» Weil gegenwärtig zu wenig gebaut werde, sei jedoch auch diese Gewissheit geschwunden.
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