Summende Heimat in Wil ZHWo die Migros den Honig für ihre Tirggelherzli herhat
Wenn die Frühlingstemperatur über zwölf Grad steigt, lässt die Sonne die ersten Bienenschwärme tanzen. Dann beginnt die Zeit des flüssigen Goldes.

- Die beiden Imkerinnen betreuen rund 350 Bienenstöcke im Rafzerfeld bei Wil.
- Neu liefern die Imkerinnen ihren Honig für Migros-Tirggelherzli aus der Region.
- Ein 500-Gramm-Glas Honig enthält die Arbeit von bis zu 20’000 Bienen.
- Verkleinerte Einflugluken schützen die Bienenvölker gegen die bedrohliche Asiatische Hornisse.
Nahe der Grenze, mitten in der Naturidylle Buchenloo bei Wil im Rafzerfeld, hat sich die Bienenheimat der beiden Imkerinnen Heidi Meyer und Manuela Keller etabliert. Der Name passt doppelt: Heimat steht für die Anfänge der Namen Heidi, Manuela und Team. Es ist aber auch das, was die Bienen brauchen: Heimat und Nahrung.
Rund um das ehemalige Bauernhaus von Heidis Grosseltern bezaubert Natur pur. Drei Gänse schnattern zum Empfang, einige Zwerggeissen und Hühner schauen nach, wer da kommt. Nur die Kühe stehen oder liegen am Morgen noch gelassen auf der Weide. Doch bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen beginnen die Bienen rund um ihre 35 Bienenstöcke zu summen, herumzuschwirren und zu tanzen.
Im Rund- oder Schwänzeltanz geben sie sich Infos weiter, etwa, wo die besten Blütenstauden zu finden sind. Kein Wunder, dass an einem warmen Nachmittag bereits ein vielstimmig berauschendes Konzert aus dem blühenden Korkenzieherhaselstrauch überrascht.

Manuela Keller kontrolliert – durch ihren Schleierhut geschützt – die Waben und ist zufrieden mit der Arbeit der Bienenkönigin, die doppelt so gross ist wie die Arbeiterinnen, und schön gezeichnet: «Sie hat ihr Volk im Griff und legt pro Tag etwa 2000 Eier, das sichert uns den Nachwuchs.» Hat sie keine Angst, gestochen zu werden? «Das passiert rund 20-mal pro Jahr, aber ich wische den Stich nur mit etwas kaltem Wasser ab, damit der Geruch verschwindet, und das wars dann.»
Bienen stechen übrigens nur in höchster Not. Deshalb sei es gar nicht so einfach, wenn sich Rheumakranke absichtlich stechen lassen wollten, weil Bienengift die Entzündungen abschwellen solle, erklärt sie.
Heidi Meyer hat vor vielen Jahren ihr Hobby zum Beruf und vor drei Jahren mit Mitbegründerin Manuela die Bienenheimat GmbH auch zur Firma mit kleiner Fabrik und Werkstatt gemacht.
Honig für Migros-Tirggelherzli
Nach dem Bio-Sommerhonig können die beiden Imkerinnen neu auch Honig für die Produktion von Tirggelherzli liefern. Im Rahmen von «Aus der Region» und wegen reger Nachfrage möchte die Migros nun ganzjährig Tirggel anbieten, in Form von kleinen Herzen und mit Honig aus Buchenloo. Hergestellt werden die Herzli in Meilen, beim Migros-eigenen Unternehmen Delica.
Aber auch sonst sind die beiden Frauen, die früher als Konditorin-Confiseurin und Bäckerin-Konditorin gearbeitet haben, kreativ. Etwa mit den Honigleckerli, den Honigpralinen oder der dekorativen und sogar gesunden Pollenschokolade.

Eine Kundin reist an und möchte ihre zwei bestellten Bienenvölker abholen. Kein Problem. Etwas später spaziert sie mit einem eigens mit Luftgitter besetzten Kartongehäuse zum Auto.
Vielfältig und spannend ist die Arbeit der beiden Züchterinnen von Bienenköniginnen und Völkern. Nach etlichen Kursen und Weiterbildungen – eine Wand ist voller Diplome – organisieren sie auch Beratungskurse für Hobbyimker, Führungen für Schulklassen oder Firmen, die sich in Teamarbeit weiterbilden möchten.
Lernen vom Bienenvolk
Kein Wunder, ist doch ein Bienenvolk, im Sommer mit rund 40’000 ausschwärmenden und im Stock arbeitenden Tierchen rund um ihre Königin ein Beispiel für den bekannten Firmenspruch: einer für alle und alle für einen oder auch eine. Während im Winter der Bienenstock wärmend erhalten und bevölkert bleibt, schwärmen im Frühling und Sommer die Sammelbienen aus, um mit ihrem Rüssel den Nektar zu sammeln und in ihrem Honigmagen mit körpereigenen Enzymen anzureichern.
Beiläufig – aber für uns alle überlebenswichtig – bestäuben sie mit den eingefangenen Pollen die Blüten. Nach dem Rückflug in den bunt bemalten Bienenkasten geben sie den Nektar an die Stockbienen weiter, die ihn durch ständiges Kauen mit zusätzlichen Enzymen versetzen.

Durch das ständige Flügelschlagen reduziert sich das Wasser des Nektars, dies erhöht den Zuckergehalt. Wenn der Honig reif ist, verschliessen die Handwerker die Waben mit einer dünnen Wachsschicht, und die Imkerinnen können den Honig der zusätzlich auf die Stöcke gestellten Waben ernten, schleudern, abfüllen und etikettieren.
Diese vier Monate sind streng für alle: «Dann arbeiten wir beide von Sonnenaufgang bis -untergang und beziehen keine Freitage.» Ab Mitte September werden die unzähligen Stöcke an allen 350 Standorten mit je etwa 20 Liter Zuckerwasser versorgt, natürlich mit Biozucker für den Bio-Suisse-Bienenhonig.
Bei wilden Honigbienen dient der Sommerüberschuss, der bei Imkern geerntet wird, als Wintervorrat.
Ein Bienenleben für einen Teelöffel Honig
Eine Sommerbiene setzt unermüdlich ihre sechs Lebenswochen ein, um so das zu sammeln, was einem Teelöffel Honig entspricht. In einem Honigglas von 500 Gramm ist die Arbeit von 10’000 bis 20’000 Honigbienen vereint, sie haben den Nektar auf einer Flugstrecke von etwa 10’000 Kilometern zusammengetragen. Deshalb und auch wegen der heilenden Wirkung bei Husten, Schlaflosigkeit oder Hautproblemen bis hin zu der entzündungshemmenden Beeinflussung von Rheumaschmerzen wird das flüssige Gold in Sprichwörtern und Redensarten gelobt und gepriesen:
Das Summen der Bienen sei die Stimme des Gartens. «Honig ums Maul schmieren» oder bei Widrigkeiten «Kein Honigschlecken» bis zum alten Werbespruch: «Mutter, gib deinem Kinde Honig.» Schon im alten Ägypten galt die süsse Flüssigkeit als die Speise der Götter; und um 400 vor Christus erkannte Hippokrates bereits, dass diese fiebersenkend und Honigwasser leistungsfördernd bei den Athleten der Olympischen Spiele war.
Trotz Feinden wie Milben, Europäische Hornisse und vor allem die neu bedrohliche, weil sehr invasive Asiatische Hornisse sind die Imkerinnen zuversichtlich: «Wichtig ist, die Primärnester der Asiatischen Hornisse zu melden und auszurotten. Ausserdem können wir versuchen, die Einflugluken unserer Bienenkästen zu verkleinern, um die grösseren Hornissen auszusperren.»
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