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Preisüberwacher zurückgepfiffen
Güsel-Streit im Limmattal: Jetzt sinken die Preise doch nicht

Die Kehrichtverwertungsanlage (KVA) von Limeco in Dietikon.
Dietikon, 15.4.2021
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Im Streit um die Abfallpreise im Limmattal hat die Kehrichtverwertungsanstalt Limeco in Dietikon einen Sieg errungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem von der Schweizer Abfallbranche mit Spannung erwarteten Urteil eine Limeco-Beschwerde gutgeheissen und eine Verfügung des Preisüberwachers Stefan Meierhans aufgehoben und an denselben zurückgewiesen.

Der Streit tobt schon über fünf Jahre. 2018 hatte der Preisüberwacher nach Abklärungen ein Untersuchungsverfahren eröffnet. Im September 2020 verfügte der nationale Preisüberwacher, dass Limeco den Kehrichtverbrennungspreis, den angeschlossene Gemeinden zahlen müssen, von 150 auf 102 Franken pro Tonne zu reduzieren habe. Eine solche Senkung hätte eine Reduktion der Sackgebühr um rund 20 Rappen zur Folge gehabt, wie der Limeco-Geschäftsführer Patrik Feusi gegenüber dieser Redaktion sagte.

Marktmacht ausgenützt?

Nach Ansicht des Preisüberwachers hat Limeco seine Marktmacht missbräuchlich dazu genutzt, um von den 39 Gemeinden im Limmattal, im Furttal, im Knonauer Amt und einigen Gemeinden im Aargau zu hohe Entsorgungsgebühren zu verlangen.

Der Preisüberwacher war in einer Preisanalyse zum Schluss gekommen, dass die Limeco mit 150 Franken pro Tonne ihre neue Anlage, die bis 2034 gebaut wird, schon beinahe vorfinanziert hätte. Nach seinen Berechnungen waren 102 Franken pro Tonne Haushaltkehricht der oberste noch vertretbare Entsorgungspreis. Bereits im Januar 2021 hätte Limeco die Preise senken sollen.

Dazu ist es bisher nicht gekommen, weil sich Limeco erfolgreich gegen das Diktat des Preisüberwachers wehrte. Zuerst hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt, und nun hat es sie – drei Jahre später – auch gutgeheissen, wie das Gericht mitteilt.

Falsch gerechnet

Gemäss dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil sind die Preisanalysen des Preisüberwachers nicht korrekt. So sind sie laut dem Gericht nicht mit den Vorgaben des Umweltschutzgesetzes vereinbar.

Insbesondere verstiessen die Berechnungen gegen die kantonalen Vorschriften über die Eigenfinanzierung von Kehrichtverwertungsanlagen (KVA). Mit dem vom Preisüberwacher verfügten Preis könne Limeco bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlagen nur einen Eigenfinanzierungsgrad von 22 Prozent erreichen.

Gemäss den geltenden kantonalen Empfehlungen müsste beim Bau einer neuen Anlage aber ein Eigenfinanzierungsgrad von 30 Prozent erreicht sein. Dieser Wert werde selbst mit den aktuellen Preisen nur knapp erreicht, heisst es im Urteil.

Neubau darf vorfinanziert werden

Mit anderen Worten: Die Kantone haben einen grossen Ermessensspielraum in diesen Angelegenheiten, und KVA dürfen künftige Investitionen in Ersatzanlagen mittels Gebühren vorfinanzieren.

Die Kehrichtverwertungsanlage (KVA) von Limeco befindet sich mitten im Naturschutzgebit von Dietikon.
Dietikon, 15.4.2021

Weiter kritisiert das Gericht an der Preisanalyse, sie wende das Verursacherprinzip falsch an. Der Preisüberwacher gehe davon aus, dass über die Abfallgebühren die Produktion von Energie in einer KVA nicht zu finanzieren sei. Laut dem Urteil ist das falsch. Die Energieproduktion bei der Verbrennung von Abfall ist heute gesetzliche Pflicht und muss deshalb auch über die verursachergerechten Abfallgebühren finanziert werden.

Somit hebt das Gericht die Verfügung des Preisüberwachers auf und weist sie zur Überarbeitung an diesen zurück.

Verdacht stehe «weiterhin im Raum»

Ob Stefan Meierhans nun neue Berechnungen anstellt, es sein lässt oder das Urteil ans Bundesgericht weiterzieht, ist noch unklar. In einer Mitteilung schreibt der Preisüberwacher, dass der Missbrauchsverdacht gegen Limeco weiterhin im Raum steht.

Deshalb prüfe er, ob eine Neuberechnung «zum Schutze der gefangenen Kundschaft» – Privathaushalte und KMU – angezeigt erscheine. Berücksichtigen will Meierhans dabei, dass er den tieferen Preis in Dietikon auf drei Jahre befristet hatte. Die 102 Franken hätten also von Anfang 2021 bis Ende 2023 gegolten.

Erstmals Tarif verfügt

Der Preisüberwacher streicht heraus, dass das Gericht seine Zuständigkeit in dieser Preisfrage und somit seine Verfügungskompetenz bestätigt habe. Limeco hatte diesen Punkt infrage gestellt.

Es war das erste Mal gewesen, dass der Preisüberwacher nicht nur eine Empfehlung abgegeben, sondern gleich einen neuen Tarif verfügt hatte. Auch deshalb gilt der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts als Leiturteil.

Limeco: Preissenkung angekündigt

Limeco begrüsst das Urteil in einer Mitteilung. Der Kehrichtverwerter sieht sich bestätigt, dass er die Verfügung zu Recht angefochten hatte, da die Berechnungen des Preisüberwachers auf falschen Annahmen beruhten. Auch Limeco will nun das Urteil vertieft analysieren und dann über das weitere Vorgehen entscheiden.

Geschäftsführer Patrik Feusi hatte in dieser Zeitung angekündigt, den Tonnenpreis für Hauskehricht auf rund 100 Franken zu senken, sobald die neue Anlage steht, also 2034.

Die KVA Hagenholz, die der Stadt Zürich gehört, hat den Tonnenpreis – nach einer Intervention des Preisüberwachers – per 2024 von 140 auf 110 Franken gesenkt.

Urteil vom 10. November 2023: B-5194/2020