Nach dem Tod von Prinz PhilipIm Land Rover zur letzten Ruhestätte
Das britische Königshaus und die Regierung in London suchen – mitten in der Pandemie – ein angemessenes Begräbnis für den verstorbenen Royal vorzubereiten. Erste Details der Begräbnisfeier am Samstag sind bekannt.
Das Datum steht. Am kommenden Samstag soll Prinz Philip beerdigt werden. Die Trauerfeier findet um 15 Uhr Ortszeit in St George’s Chapel, der Schlosskirche von Windsor Castle, statt. Statt der 800 Trauergäste aus aller Welt, die man zu normalen Zeiten in Westminster Abbey versammelt hätte, dürfen wegen der geltenden Pandemierestriktionen nur 30 Personen an der Abschiedsfeier teilnehmen.
Die verwitwete Königin und ihre engsten Familienmitglieder werden ihre Plätze sozial distanziert einnehmen und wohl auch Masken tragen müssen. «Ein Staatsbegräbnis wie kein anderes» erwartet man in Windsor, für diesen denkwürdigen Tag. (Lesen Sie zum Thema den Nachruf «Der loyale, störrische Prinz».)
Keine Aufbahrung in London, keinen Leichenzug durch die Strassen, keine Gelegenheit für königstreue Briten, dem toten Prinzen die letzte Ehre zu erweisen, wird es geben. Der anhaltende Lockdown zwingt die Royals, die offizielle Trauerfeier auf den von Mauern umgebenen Schlossbezirk in Windsor, hoch droben über der Themse, zu begrenzen.
Zugelassen sind nur 30 Trauergäste
In einer gerade mal achtminütigen Prozession soll der Sarg an Samstagnachmittag vom Schlossgebäude zur Kapelle geleitet werden. Benutzen will man, den Wünschen Philips entsprechend, einen Land Rover, der nach den exakten Vorstellungen des Verstorbenen für diesen Zweck umgerüstet worden ist. Kanonenböller sind ebenfalls eingeplant. Eine nationale Schweigeminute ist vorgesehen.
In der Kirche wird der höchste Kirchenfürst Englands, der Erzbischof von Canterbury, einen wahrhaft ungewöhnlichen Trauergottesdienst zelebrieren, der in alle Welt übertragen werden soll. Der Erzbischof, der Dekan von Windsor und die acht Sargträger, die mit der Zeremonie betraut sind, werden die einzigen «professionellen» Helfer sein, die zu diesem Zeitpunkt Zugang zur Kirche haben. (Lesen Sie zum Thema den Artikel «Operation Forth Bridge».)
Um die knapp bemessene Zahl der zugelassenen 30 Trauergäste nicht noch einzuschränken, hat Premierminister Boris Johnson auf seinen ihm zustehenden Platz verzichtet, damit «so viele Familienmitglieder wie möglich» teilnehmen können.
Wer im Einzelnen dabei sein wird, soll erst am Donnerstag dieser Woche bekannt gegeben werden. Bereits bekannt ist, dass Prinz Harry einfliegt aus den USA, dass man ihn als einen der 30 Auserwählten akzeptiert hat. Harrys schwangere Frau Meghan, die Herzogin von Sussex, bleibt auf Anraten ihrer Ärzte in Los Angeles.
Harrys bevorstehende Ankunft in London hat bereits hoffnungsvolle Stimmen laut werden lassen, gemäss denen nun die Chance besteht, interne Streitigkeiten im Hause Windsor gütlich beizulegen. Dies sei «die ideale Gelegenheit» für eine Versöhnung aller Beteiligten, meinte am Sonntag Sir John Major, der frühere Regierungschef.
Sein «lieber Papa», sagte Charles, werde von allen Windsors «schrecklich vermisst».
«In Trauer vereint» sah der «Sunday Mirror» «William und Harry» schon hinter dem Sarg hermarschieren – in Erinnerung an die Zeiten, in denen die beiden Brüder dem Sarg ihrer verunglückten Mutter Diana folgten, vor 24 Jahren. Die Abspaltung Harrys und Meghans vom Rest der Familie, die die Queen nach eigenen Worten «betrübte», hat im letzten Lebensjahr Philips einen Schatten auf den ganzen Windsor-Clan geworfen.
Wie dankbar die Königsfamilie der Öffentlichkeit für ihre lebhafte Anteilnahme am Tod seines Vaters sei, beteuerte nachdrücklich Prinz Charles, der Thronanwärter. Sein «lieber Papa», sagte Charles, werde von allen Windsors «schrecklich vermisst». Bruder Andrew fand, Philip sei in seinem langen Leben zum «Grossvater der Nation» geworden.
Unterdessen legten das ganze Wochenende über noch immer Familien und kleine Gruppen von Royalisten Blumensträusse und Kränze am Buckingham-Palast und vor Windsor Castle nieder – obwohl jedermann gebeten worden war, den Palästen wegen Corona fernzubleiben und keine «Menschenaufläufe» zu bilden.
Gleichzeitig fluteten weiter Beileidsgrüsse ein von überall her, aus Europa, aus den USA, aus allen Ecken und Enden des Commonwealth, dessen Repräsentanten zu normalen Zeiten zu einem solchen Begräbnis nach London gereist wären.
In Australien und Neuseeland organisierte man, wie im «Mutterland» selbst, Kanonenböller und zackige militärische Ehrensaluts. Im südpazifischen Inselstaat Vanuatu, wo Philip regelrecht als Gott verehrt worden war, führte sein Tod zu rituellem Geheul und Zeremonientänzen. (Lesen Sie auch den Artikel «Die Briten trauern, die Welt verneigt sich».)
Derweil sind, in eher formeller Manier, die Union Jacks auf allen öffentlichen Gebäuden im Vereinigten Königreich diese Woche auf halbmast gesetzt. Alle politischen Veranstaltungen, auch der just angelaufene Wahlkampf für die Kommunalwahlen in England und die schottischen Parlamentswahlen am 6. Mai, sind für acht Tage abgesagt worden.
Lockerungen des Lockdown
Das britische Parlament tritt am Montag zu einer Sondersitzung zusammen, damit Philips Leben und Wirken gebührend gewürdigt werden kann – zumindest von den monarchistischen Volksvertretern. Sportverbände überall im Land mühen sich ausserdem gegenwärtig darum, für kommenden Samstag geplante Veranstaltungen und Spiele auf andere Tage zu verlegen.
Einkaufszentren und Läden können selber entscheiden, am Samstag offen zu halten oder aus Respekt für Prinz Philip zu schliessen. Zu Beginn dieser Woche nämlich dürfen im Zuge der Lockerung des Lockdown in England erstmals wieder «nicht essenzielle» Geschäfte, Coiffeursalons und Fitnesscenter ihre Tore öffnen. Auch Gartenwirtschaften von Restaurants können jetzt wieder ausschenken. Seinen lang angekündigten Besuch in einem Pub-Garten an diesem Montag, zu einem «schönen Pint», hat Premier Johnson allerdings gestrichen.
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