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Zoff um Olympia-Startplatz
Streit, Neid, Protest – ein verbaler Kleinkrieg tobt im Engadin

Nicht alle freuen sich darüber, dass Basil Sieber die Schweiz an den Spielen von Peking vertritt. 
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Der eine kommt aus St. Moritz, der andere wohnt gleich daneben in Samedan. Doch weil der eine nun im Engadin schmort und sich der andere gut 8000 Kilometer Luftlinie entfernt in Peking der Sportwelt präsentieren darf, ist alles angerichtet für eine Provinzposse. In der sich zu allem Überfluss auch noch ein Freiburger aufs Glatteis verirrt.

Vorhang auf für das Theater Skeleton. Skeleton, diese Nischensportart unter den Nischensportarten, die an der letzten nationalen Meisterschaft keine zehn Teilnehmer anlockte. Alle vier Jahre tauchen die Kopfvoran-Schlittler aus der Versenkung auf, um nach kurzem Luftholen wieder abzutauchen. Den Schweizern steht ein Olympia-Quotenplatz zur Verfügung, die Selektionsvorgaben (zwei Top-8-Plätze im Weltcup) hat aber keiner erfüllt.

Doch bei den Richtlinien gibt es noch ein Schlupfloch, das Milde walten lässt für Athleten mit Potenzial hinsichtlich der Spiele 2026. Darum schlug der Schweizer Verband Swiss Sliding Jean-Jacques Buff zur Nominierung vor, den 24-jährigen St. Moritzer. Aber nicht er weilt nun in China, sondern Basil Sieber (26) aus Samedan.

Das letzte Wort ist nicht gesprochen

Swiss Olympic wies den Verbandsantrag ab und selektionierte Buff nicht, weil dieser auch die sanfteren Vorgaben im Zusammenhang mit dem Jugendbonus (zwei Top-14-Plätze in der zweithöchsten Rennserie) nicht erfüllt hatte. Was die Verantwortlichen bei Swiss Sliding dazu bewog, Sieber für die Reise nach China zu empfehlen, für den sich die Trainer ohnehin starkgemacht hatten.

Dumm nur, wurde Buff von Verbandsseite schon Mitte Januar mitgeteilt, dass er für den Startplatz vorgeschlagen werde, er nach seiner Corona-Erkrankung nur noch ein negatives Testergebnis vorweisen müsse. Eine Woche später jedoch erhielt er die Hiobsbotschaft – nicht in Form von penetranten Viren, sondern in Form seiner Nichtberücksichtigung.

Jean Jacques Buff fällt nach der Nichtberücksichtigung aus allen Wolken und nimmt sich einen Anwalt.

Er sei aus allen Wolken gefallen, sagt der Bündner. Der Hotelierssohn nahm sich einen Anwalt, legte bei Swiss Sliding und Swiss Olympic Rekurs ein. Nur sind diese Instanzen gar nicht für den Fall zuständig, das wäre der Internationale Sportgerichtshof CAS. Bei diesem ist keine Beschwerde eingegangen, und Buff sagt: «Für eine Teilnahme in Peking ist sowieso alles zu spät. Aber das letzte Wort ist nicht gesprochen.» Für Sonntag ist im Bobclub St. Moritz eine Sitzung geplant. Thema: das weitere Vorgehen gegen den Verband.

Missgunst und Animositäten

Mindestens so empört wie Buff ist Ronald Auderset, ein Freiburger, der den Schweizer Quotenplatz im Weltcup erst herausgefahren, die geforderten Top-8-Plätze aber auch nicht ansatzweise erreicht hat. Als 32-Jähriger brauchte er auf den Jugendbonus nicht einmal zu hoffen.

Auf seiner Website und in den sozialen Medien entlud er dennoch seine Wut: «Es ist traurig, zu sehen, dass in unserem Land die Politik immer wieder vor die sportlichen Leistungen gesetzt wird», schrieb er. Unverständlich sei es, werde nicht er als seit Jahren bester Schweizer nominiert. Zumal nach einer Saison, in der er dran gewesen sei an der Weltspitze. Nun, es ist eine eigenartige Interpretation der Stärkeverhältnisse: Besser als 17. jedenfalls war Auderset nie.

«Ich bin Schweizer Meister. Aber keiner gönnt mir das.»

Skeleton-Fahrer Jean-Jacques Buff

Die Stimmung also ist mächtig aufgeheizt im Eiskanal, und wer sich umhört in der Szene, realisiert rasch, dass es um Persönliches geht, um Kleinkriege, Animositäten bestehen hüben wie drüben. Da wäre etwa die Rivalität zwischen dem Bobclub St. Moritz (Buff) und dem Skeletonclub Engiadina (Sieber), die Athleten selbst haben sich kaum etwas zu sagen. Buff poltert: «Ich bin Schweizer Meister, aber keiner gönnt mir das. Die anderen fahren schon länger, und doch bin ich schneller. Das verkraften sie nicht.»

Bei einem internen Selektionsrennen Anfang Winter sei er wegen einer Lappalie disqualifiziert worden. Etwas am Schlitten sei beanstandet worden, sagt Buff, hätten die internationalen Richtlinien gegolten, wäre er nicht sanktioniert worden. Treibende Kraft beim Protest sei ausgerechnet Sieber gewesen. Dieser war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, der Verband will, dass der Athlet auf den Sport fokussieren kann.

Wechselt er nun das Land?

Swiss Sliding wiederum räumt Fehler ein. Es sei falsch gewesen, Buff über den Selektionsantrag in Kenntnis zu setzen, so seien falsche Erwartungen geweckt worden, sagt Vizepräsident Daniel Mägerle. Weiter äussern aber will sich niemand, es soll kein zusätzliches Öl ins Feuer gegossen werden. Für Auderset und Buff jedoch dürfte die Affäre nicht folgenlos bleiben. Über allfällige Massnahmen entscheidet Swiss Sliding nach den Spielen.

Wobei Buff sowieso mit dem Gedanken spielt, die Nation zu wechseln. «Ich habe schon länger Probleme mit dem Verband», sagt er nur. Bereits letzten Winter lag ihm eine Offerte vor, für ein anderes Land zu starten.

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