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Meinung

Plädoyer zum Baden in Zürich
Seit wann ist Sauberkeit in Zürich nicht wichtig?

Teilnehmer duschen vor der Stadtzuercher Seeueberquerung am Mittwoch, 5. Juli 2006 in Zuerich. Die Teilnehmer schwimmen vom Strandbad Mythenquai ueber 1450 Meter ins Strandbad Tiefenbrunnen. (KEYSTONE/Alessandro Della Bella)
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Es ist Sommer in der Schweiz, endlich, die Menschen strömen hinaus in die Strassencafés und an die Gewässer. Vor allem in Zürich, Mutter der Limmat und des Zürichsees.

Im Zuge der Liberalisierung und Mediterranisierung der Stadt in den letzten 25 Jahren sind die Zürcherinnen und Zürcher während der Sommermonate halbe Südländerinnen und Südländer geworden. Sie verbringen mehr Zeit auf Plätzen und nehmen nicht mehr pünktlich um 18.30 Uhr das Abendessen ein. Manchmal hört man sogar Musik im öffentlichen Raum. Das Tanzverbot an Feiertagen ist eine weit zurückliegende Absurdität.

Doch es gibt ein Überbleibsel aus den unlockeren Zeiten: das Fehlen von öffentlichen Duschen am See. In Neuenburg zum Beispiel sind solche selbstverständlich. An den Kosten kanns nicht liegen – die welsche Stadt ist ärmer als Zürich. Zürich ist nicht nur reicher, sondern grösser. Die Stadt hat ein Einzugsgebiet von einer Million Menschen – viel Fleisch in wenig Wasser.

Es geht nicht darum, dass die Leute vor dem Bad im See duschen sollen wie in einem Hallenbad. Aber ist es zu viel verlangt, nach dem Plantschen oder Schwimmen eine Dusche zu bekommen? In den kostenpflichtigen Badeanstalten am See oder an der Limmat gibt es solche ja auch.

Die Stadt stiftet öffentliche Grillstationen, bravo, und auch öffentliche Gym-Anlagen, etwa auf der Allmend. Wieso keine Duschen? Stören sie das Auge? Befürchtet man Clochards, die sich in der Nähe niederlassen würden?

Eine Anfrage bei den städtischen Behörden ergibt: Baden im Zürichsee sei Baden im Trinkwasser. Wer in einem städtischen Park im See baden gehe, tue das im Wissen darum, dass es dort keine Badeinfrastruktur habe. Wer nach dem Baden duschen möchte, könne das in einer der zahlreichen, zum Teil auch kostenlosen Badeanlagen am Zürichsee und an der Limmat tun.

Nun ja: An den Hotspots am Zürihorn, der Rentenanstaltwiese oder der GZ-Wiese im Wollishofen nimmt das Wasser an Hitzetagen und bei vielen Badenden schon mal die Trübheit eines unfiltrierten Weins an. Und entenfloh-los ist der See leider auch nicht immer.

Es ist angesichts der wenigen Velowege und der hohen Lebenskosten nicht das grösste Problem, das die Lebensqualität mindert. Aber ein vergleichsweise einfach zu lösendes, das vielen Zürcherinnen und Zürchern ihre Stadt noch mediterraner vorkommen lassen würde.