Patrick Fischer im Interview«Ich weiss nicht, ob ich das Vertrauen der Spieler noch spüre»
Die Schweiz peilte an der Eishockey-WM eine Medaille an, scheiterte aber zum vierten Mal in Folge im Viertelfinal. Der Nationaltrainer gibt sich selbstkritisch.
Patrick Fischer, vor dem Viertelfinal strotzten Sie noch vor Zuversicht. Nun ist die Schweiz zum vierten Mal in Folge gescheitert. Weshalb?
Ganz ehrlich: Ich habe keine Erklärung dafür. Wir hatten ein gutes Gefühl. Ich habe die Mannschaft als ruhig und fokussiert wahrgenommen. Doch dann sind wir einmal mehr durch Geschenke in Rücklage geraten. Ich bin enorm enttäuscht. Enttäuscht über mich selbst. Wieder habe ich es nicht hinbekommen, die Mannschaft so einzustellen, dass uns das perfekte Spiel gelingt. Es schmerzt. Ich fühle mich leer, habe dunkle Gedanken. Ich hätte es den Spielern, den Fans, uns allen so gegönnt. Es ist schade und widert mich an.
Es war der schwächste Auftritt Ihres Teams. Einverstanden?
Ja. Wir spielten sehr unkonzentriert, produzierten viele Scheibenverluste. Das 0:1 sorgte für Verunsicherung. In der ersten Pause sagten wir uns: So, jetzt wird es Zeit, Eishockey zu spielen. Der Start ins zweite Drittel glückte. Doch dann ging durch unnötige Strafen der Rhythmus wieder verloren.
Was ärgert Sie am meisten?
Dass wir jenen Stimmen recht gegeben haben, die uns immer vorwerfen, wir seien nicht bereit, wenn es zählt. Das ist einfach mühsam. Ich kenne die Spieler. Sie können es. Sie haben es immer wieder bewiesen. Aber als Mannschaft haben wir es wieder nicht hinbekommen.
Die Schweiz reihte Sieg an Sieg, bis Sie Ihre besten Spieler im bedeutungslosen Spiel gegen Lettland schonten. Würden Sie wieder so handeln?
Nino Niederreiter war krank. Nico Hischier schlief drei Nächte lang nicht, litt unter Jetlag. Ja, wir hätten sie wieder geschont. Aber es stimmt: Uns fehlte gegen Deutschland das gesamte Spiel über die Geradlinigkeit. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Letztlich haben wir einfach zu viele Geschenke verteilt.
«Die Verantwortung liegt immer beim Coach. Und die nehme ich auch wahr.»
Sie haben sich an den Topteams orientiert, die gesamte WM-Vorbereitung auf die zweite Woche ausgerichtet. Dann hätte die Schweiz in Bestform sein sollen.
Ja. Und ich habe absolut keine Erklärung dafür, weshalb es wieder nicht klappte. Wir haben die Spieler unter Kontrolle. Erstmals überhaupt waren alle, wirklich alle, im grünen Bereich. Die Jungs fühlten sich gut, niemand war nervös. Es war dieses frühe Gegentor, das für Verunsicherung sorgte. Im zweiten Drittel folgten die Unterzahlsituationen. Wir überstanden diese, kassierten aber im Powerplay den dritten Gegentreffer. Ich kann mir nicht erklären, wie das passieren konnte.
Robert Mayer floppte beim 0:1. Weshalb haben Sie sich eigentlich für ihn entschieden?
Wir wollten den für dieses Spiel am besten geeigneten Torhüter einsetzen. Wir verfügten über zwei Top-Goalies. Beide spielten sehr gut. Der Entscheid fiel uns schwer. Für Robi tut es mir leid. Er spielte eine sensationelle Saison, überzeugte auch an der WM. Nun reist er wie alle anderen Spieler auch mit unguten Gefühlen nach Hause.
Liegt das Problem im mentalen Bereich?
Es dreht sich immer alles um den Kopf. Wir fühlten uns gut, wollten diesen Sieg unbedingt. Es fehlte die Lockerheit. Wir hatten sie ganz am Anfang, versuchten, Spielzüge zu kreieren.
Sie sprachen immer von diesem grossen Ziel, dem WM-Titel – und machten unlängst die bemerkenswerte Aussage, dass es sonst ein anderer Trainer versuchen müsse.
Zu dieser Aussage stehe ich nach wie vor. Die Verantwortung liegt immer beim Coach. Und die nehme ich auch wahr. Wir haben Ziele. Ich bin keiner, der die Flinte ins Korn wirft. Doch letztlich müssen andere entscheiden. Das Wichtigste ist, dass das Vertrauen der Spieler vorhanden ist, sofern es für mich weitergeht.
Und spüren Sie das Vertrauen der Spieler?
Ich weiss es nicht. Das werden wir sehen. Bis jetzt spürte ich es. Aber das müssen nun andere herausfinden.
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