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Analyse zum 1:3 gegen Deutschland
Das Schweizer Debakel begann schon vor dem Spiel

Hängende Köpfe: Robert Mayer, Nino Niederreiter, Fabrice Herzog und Jonas Siegenthaler haben sich in Riga mehr erhofft, scheitern abermals im Viertelfinal.
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Die Zielsetzung war klar: «Wir wollen in das finale Wochenende und um eine Medaille spielen», sagten Nationaltrainer Patrick Fischer und sein Vorgesetzter Lars Weibel unisono. Die Spieler selbst sprachen offen von der Goldmedaille. Sie alle beschworen den Teamgeist. Doch nun scheitert die Nationalmannschaft zum vierten Mal in Folge im Viertelfinal, war abermals im entscheidenden Moment nicht auf der Höhe.

15 der letzten 19 Partien hat die Schweiz an Weltmeisterschaften gewonnen, doch nie einen Halbfinal erreicht. Sie bekundet gegen Nationen wie Slowenien, Kasachstan oder Norwegen längst keine Mühe mehr und lässt sich auch von grossen Teams wie Rekordmeister Kanada nicht mehr einschüchtern. Die Schweiz begeistert mit attraktivem und temporeichem Eishockey, ist aber unfähig, K.o.-Spiele für sich zu entscheiden.

2019 fehlten gegen Kanada 0,4 Sekunden. 2021 verspielte man gegen Deutschland ein 2:0, ehe das Team ein Jahr später als offensiv stärkstes Team und nach makelloser Vorrunde an den USA hängen blieb. Und nun zerbrechen die Schweizer, die mit vielen Vorschusslorbeeren angetreten waren und als klarer Favorit ins Spiel starteten, erneut am Druck.

Erstmals seit acht Jahren trat die Nationalmannschaft nicht mit Torhüter Leonardo Genoni zu einem Viertelfinal an. Robert Mayer bekam den Vorzug. Und liess sich bereits nach sieben Minuten durch einen harmlosen Weitschuss Maximilian Kastners erwischen. «Ein Fehler», kommentierte der 33-Jährige nach Spielschluss mit leerem Blick. «Er war nicht matchentscheidend, trug aber zur Niederlage bei. Bitter für die Mannschaft.»

«Hätten niemals verlieren dürfen»

Als kurz nach Spielhälfte beim Stand von 1:1 alle Vorteile auf Schweizer Seite lagen, versagte Fischers Team auf der ganzen Linie. Fast fünf Minuten lang konnte die Schweiz mit einem Mann mehr agieren, nachdem sich der deutsche Starverteidiger Moritz Seider einen Restausschluss eingehandelt hatte. Doch der Mannschaft gelang es kaum einmal, für Torgefahr zu sorgen. Bei einer weiteren Überzahl kassierte sie gar einen Shorthander, nachdem die Schweizer sich zuvor bei den Unparteiischen beschwert und ein höheres Strafmass verlangt hatten. Im letzten Abschnitt war die Schweiz dann nicht einmal mehr zu einer Reaktion fähig.

«Deutschland hat nichts Spezielles gemacht. Wir wussten, was uns erwartet», konstatierte Captain Nino Niederreiter. «Wir hätten niemals verlieren dürfen, hatten aber das Gefühl, wir könnten das Spiel in den ersten fünf Minuten entscheiden. Nach dem Gegentor verloren wir die Geduld.» 

Das Scheitern muss Fischer und Weibel zu denken geben. Die gesamte WM-Vorbereitung war auf die zweite Turnierwoche ausgerichtet. Man habe aus der Vergangenheit gelernt, hiess es. «Es mag arrogant klingen, doch wir haben so geplant, dass wir in der zweiten Woche in Schuss kommen. So wie es die grossen Nationen auch tun», hielt Fischer fest. Man wolle keine Spieler forcieren, das Pulver nicht schon wieder in der Vorrunde verschiessen. Doch nun haben Fischer und Co. just in dieser Phase versagt.

Die Schweiz reihte Sieg an Sieg, wirkte wie eine gut geölte Maschine und stellte abermals ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis. Bis Fischer im bedeutungslosen letzten Gruppenspiel gegen Lettland seine besten Kräfte schonte, die Schweiz nach einem fahrigen Auftritt die erste Niederlage bezog – und die gesamte Magie verlor.

«Sonst muss es ein anderer Coach versuchen»

Fischer bekleidet das Amt des Nationaltrainers seit nunmehr acht Jahren. Er hat alte Denkmuster aufgebrochen, formuliert ambitionierte Ziele, spricht vom WM-Titel. Der «NZZ» sagte er neulich: «Irgendwann müssen wir den Durchbruch schaffen. Sonst muss es ein anderer Coach versuchen.» Im Verband ist Fischer, dessen Vertrag bis 2024 läuft, unbestritten. Keiner geniesst auch nur ansatzweise das Ansehen des Zugers, der das Team 2018 zu WM-Silber führte, und die Spieler für sich gewinnen kann.

Während andere Nationen Absage um Absage hinnehmen mussten, sich die Stars nach einer kräftezehrenden Saison lieber auf den alljährlich wiederkehrenden Wettbewerb verzichten, stiessen mit Kevin Fiala, Nico Hischier und Jonas Siegenthaler gleich drei NHL-Verstärkungen zum Team. Dennoch ist Fischers Bilanz mit nur einer Halbfinal-Qualifikation bei neun Turnieren ungenügend. Wer hohe Ziele formuliert und von Medaillen spricht, sollte auch mal liefern.

Patrick Fischer ist seit 2015 Trainer der Schweizer Nationalmannschaft. 2018 führte der Zuger die Schweiz zu WM-Silber, seither aber kam das Team nie mehr über einen Viertelfinal hinaus.