AboGastbeiträge zur grossen Tagi-Umfrage«Ich nehme die Bedrohung durch Cancel Culture als real wahr»
Eine Umfrage an Schweizer Unis zeigt: Ein Grossteil der Dozierenden sieht die Meinungsfreiheit nicht gefährdet. Vier Professoren widersprechen – und erzählen von Selbstzensur.
Tausende Artikel wurden in den vergangenen Jahren über Cancel-Culture geschrieben. Nun zeigt eine nicht repräsentative Umfrage des «Tages-Anzeigers» unter 542 Professorinnen und Professoren, dass in der Schweiz nur zehn Prozent von ihnen Tabus in der Forschung ausmachen – und nur drei Prozent jemals von einer Veranstaltung ausgeladen wurden. Wobei die Gründe hierfür vielfältig sind. Bei den Ausladungen von Veranstaltungen waren sie zum Beispiel vor allem organisatorisch bedingt.
Etwas anders sieht es bei der Frage aus, ob sich Professorinnen und Professoren selbst zensieren, also sich nicht getrauen, ihre eigene Meinung zu sagen. Die meisten haben das noch nie oder selten erlebt. Aber immerhin 21,6 Prozent sagen, dies sei manchmal schon vorgekommen. Bei einigen gar oft (8,7 Prozent) oder sehr oft (4,3 Prozent). Wobei es hier auch um Witze geht, die Professorinnen und Professoren sich nicht mehr getrauen, etwa zu religiösen Fragen. Insgesamt überwiegt der Eindruck, dass es an Schweizer Hochschulen kein Problem mit der Meinungsfreiheit gibt.
Doch wie sehen das die Mitglieder des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit, also jenes Netzwerks, das sich 2020 gegründet hat, um – wie es im Manifest heisst – die Freiheit von Forschung und Lehre gegen «ideologisch motivierte Einschränkungen zu verteidigen»? Insgesamt neun Professorinnen und Professoren an Schweizer Hochschulen sind Mitglied dieses Netzwerkes. Vier nehmen hier Stellung: