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Autorin an Long Covid erkrankt
«Ich hab langsam kein Bock mehr»

Margarete Stokowski am 14. Oktober bei einer Pressekonferenz in Berlin zum Start der Kampagne «Ich schütze mich».
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Manchmal erwähnt Margarete Stokowski auf Twitter, seit wie vielen Tagen sie an Long Covid leidet. «Long Covid Tag 332», schrieb sie am 11. Dezember und fügte hinzu: «Ich hab langsam kein Bock mehr.»

Die deutsche Autorin und «Spiegel»-Kolumnistin hat sich im Januar trotz dreifacher Impfung mit dem Corona-Virus infiziert und nach einem sogenannt milden Verlauf heftige Long-Covid-Symptome entwickelt: Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Herzrasen, Schwindel, Appetitlosigkeit, Konzentrationsschwäche, Wortfindungsstörungen. Einmal hat sie im «Spiegel» über ihre Erkrankung geschrieben, einmal im Radio darüber gesprochen, und im Oktober ist sie an der Seite des deutschen Gesundheitsministers Karl Lauterbach bei einer Pressekonferenz in Berlin aufgetreten, um vor Corona und Long Covid zu warnen.

«Langweilen und vielleicht ein Hörbuch, aber nix Kompliziertes mit vielen Namen.»

Margarete Stokowski über ihr Leben mit Long Covid.

Ansonsten besteht das Leben der 36-Jährigen vor allem aus Ausruhen, Warten, Hoffen. Stokowski schreibt: «Schonen heisst: nicht rausgehen, zuhause nix Anstrengendes machen, kein Alkohol, wenig Kaffee, kein Streit, kein Telefonieren, nix Lautes, kein schweres Essen, einfach rumliegen und Tee Trinken und langweilen und vielleicht ein Hörbuch, aber nix Kompliziertes mit vielen Namen.»

Im Oktober 2022 ist Margarete Stokowski an der Seite des deutschen Gesundheitsministers Karl Lauterbach bei einer Pressekonferenz in Berlin aufgetreten, um vor Corona und Long Covid zu warnen.

Vor drei Jahren bezeichnete das Magazin der «Süddeutschen Zeitung» die in Berlin lebende Autorin von zwei erfolgreichen Büchern («Untenrum frei» und «Die letzten Tage des Patriarchats») als «lauteste Stimme des deutschen Feminismus». Stokowski, die zwei Jahre nach ihrer Geburt mit ihren polnischen Eltern nach Deutschland übersiedelte, ist links, feministisch, meinungsstark, beim Austeilen langt sie manchmal hart und sarkastisch zu. Es gibt wenige publizistische Stimmen in Deutschland, die so heftig polarisieren wie ihre. 

«Long ungebumst»

Knapp 190’000 Follower hat Stokowski auf Twitter, und dass sie dort häufig ihre Erkrankung erwähnt, provoziert Genesungswünsche und Mitleid – aber auch einen unerschöpflichen Schwall an Häme, Niedertracht und Geschwurbel.

Sie sei ein «faules Stück Scheisse» und nutze ihre Erkrankung, um nie wieder zu arbeiten, schreibt jemand. Ein anderer teilt ihr mit, er habe seine Corona-Müdigkeit dank eifrigen Velofahrens vertrieben, warum sie es nicht genauso mache? Oder, ein Kommentatoren-Evergreen: Dreimal geimpft, trotzdem erkrankt und jetzt Long-Covid – es sei doch klar, dass in Wahrheit die Impfung schuld sei an ihrem Elend, also sie selbst, weil sie sich impfen liess. Ausserdem: Urban-akademische Intellektuelle sind hypochondrische Weicheier, klar. 

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Dann gibt es jene, die Stokowski salbungsvoll dazu auffordern, auf die Signale ihres Körpers zu hören und einfach mal eine Auszeit zu nehmen. Eine Journalistin der «Süddeutschen Zeitung» erwähnt Stokowski in einem verquasten Text, demzufolge sich «etwas holen» lasse, wenn man heutzutage die Devise «Schwäche als Lifestyle» befolge. Jemand verhöhnt die Publizistin als «long ungebumst».   

Stokowski reagiert manchmal humorvoll («Long ungebumst bekommt heute Sushi ans Bett») und manchmal heftig («Erstens: fickt. Zweitens: euch.»)

Ihre Bekanntheit macht die Publizistin zwangsläufig zu einer Fürsprecherin der Long-Covid-Erkrankten, zugleich wehrt sie sich gegen jede Vereinnahmung. Sie erwähnt ihre wachsende Angst, nie wieder gesund zu werden und nie wieder schreiben zu können. Sie wolle ihr altes Leben zurück. 

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Was früher alltäglich war, ist heute ein Grossereignis. Einmal geht Stokowski an die Buchvernissage einer befreundeten Autorin, einmal reist sie im Zug nach Hamburg, einmal wird sie patschnass geregnet. «Ich bin der glücklichste Mensch», schreibt sie dann, aber später kommt die Frage: «Immer wenn ich sag, es geht bergauf, dann wird es kurz danach scheisse??»