Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Medwedew gewinnt Tennis-Krimi
«Ich fragte mich: Was würde Djokovic jetzt tun?»

Noch zwei Siege bis zum zweiten Grand-Slam-Titel: Daniil Medwedew, Nummer 2 der Welt.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Der Ansturm der ganz Jungen wurde am Australian Open noch einmal abgewehrt. Am letzten Viertelfinaltag geriet US-Open-Sieger Daniil Medwedew allerdings gegen den 21-jährigen Kanadier Felix Auger-Aliassime ebenso arg in Not wie am Tag zuvor Rafael Nadal gegen dessen Landsmann Denis Shapovalov. Der US-Open-Sieger aus Russland holte einen 0:2-Satzrückstand auf, wehrte einen Matchball ab und gewann den Tenniskrimi nach 4:42 Stunden 6:7, 3:6, 7:6, 7:5, 6:4.

Im Halbfinal trifft der Weltranglistenzweite am Freitag auf den Griechen Stefanos Tsitsipas (ATP 3), der sich überraschend souverän gegen den 20-jährigen Südtiroler Jannik Sinner durchsetzte (6:3, 6:4, 6:2). Mit Rafael Nadal (ATP 5) und Matteo Berrettini (7) stehen sich im anderen Halbfinal ebenfalls zwei Top-10-Spieler gegenüber.

«Diese Niederlage stinkt, weil ich wirklich gute Chancen ausliess.»

Felix Auger-Aliassime

«Diese Niederlage stinkt, weil ich wirklich gute Chancen ausliess, die ich gern nochmals spielen würde», sagte Auger-Aliassime. Der 21-Jährige, der von Nadals früherem Coach Toni Nadal beraten wird, wirkt sowohl auf als auch neben dem Court erstaunlich reif angesichts seines Alters. «Ihm fehlt wohl nur noch ein Jahr Erfahrung, dann hätte er diese Partie gewonnen», sagte TV-Kommentator Boris Becker, der vom «wohl besten Match des Turniers» sprach. Noch weiter ging Jim Courier, der das Platz-Interview führte und bereits «eine der besten Partien der Saison» gesehen haben will.

Vergab im dritten Satz einen Matchball: Felix Auger-Aliassime.

Er habe nicht gewusst, was er gegen Auger-Aliassime habe tun sollen, der Kanadier sei klar besser gewesen, sagte Medwedew mit seiner gewohnt entwaffnenden Offenheit zu Courier. Dann sei ihm die zündende Idee gekommen – er wisse aber nicht, ob diese den Zuschauern gefalle: «Ich fragte mich: Was würde Novak Djokovic in dieser Situation tun?» Die Antwort, die er fand: «Ich sagte mir: Okay, ich muss ihn arbeiten lassen, kämpfen und alles probieren. Egal, ob es 0:5 und 0:40 steht. Ich muss ihm zeigen, dass ich besser bin.»

Er sei noch jung, müsse von den Besten lernen, sagte Medwedew fast entschuldigend. «Und mit Djokovic hatte ich mehr Kontakt als mit Nadal und Federer.» Dass der Name des Serben sofort einige Buhrufe aus dem Publikum nach sich zog, damit habe er rechnen müssen, sagte der bald 25-jährige Russe. «Aber ich bin halt nun mal ehrlich.»

«Ich dachte schon, ich müsse meinen Rückflug umbuchen.»

Daniil Medwedew

Medwedew wehrte im dritten Satz bei 4:5 einen Matchball ab und fand über den Kampf ins Spiel. Dass er dabei zwischendurch wie sein Gegner gestöhnt habe, sei unbewusst geschehen und keine Provokation gewesen, sagte der Russe später. «Ehrlich gesagt hatte ich schon gedacht, ich müsse meinen Rückflug umbuchen.» Den fünften Satz gewann er dank einem frühen Break, obwohl der Kanadier ein klares Chancenplus (6:1 Breakbälle) herausspielte. Medwedew hatte den Weg in die Viertelfinals drei Stunden schneller absolviert als der Kanadier, und das kam ihm nun entgegen. Es war erst das zweite Mal, dass er einen 0:2-Satzrückstand noch aufholen und gewinnen konnte.

Lieferten sich einen fast fünfstündigen Abnützungskampf: Daniil Medvedev und Felix Auger-Aliassime beim Shakehands.

Tsitsipas und Medwedew standen sich schon vor einem Jahr im Halbfinal des Australian Open gegenüber, wobei jene Partie klar an den Russen ging, der in diesem Duell 6:2 führt. Die Nummern 2 und 3 stehen beide in ihrem fünften Grand-Slam-Halbfinal. Medwedew könnte am Sonntag der erste Spieler der Profiära werden, der nach seinem ersten Major-Titel (US Open) gleich die nächste Chance packt, um den zweiten zu holen. «Irgendjemand muss das ja machen. Und jetzt fehlen mir nur noch zwei Siege», sagte er.

Einen Tag vor Auger-Aliassime hatte schon sein 22-jähriger Landsmann Denis Shapovalov in fünf Sätzen verloren, wobei der Linkshänder gegen Rafael Nadal einen 0:2-Satzrückstand aufgeholt hatte. Die zwei Kanadier, die Anfang Jahr den ATP-Cup in Sydney gewannen, können Australien aber mit berechtigtem Stolz verlassen. «Wir helfen uns gegenseitig, und dass wir zu zweit sind, nimmt auch jedem etwas Druck», sagte Auger-Aliassime.

Der Topathlet aus Montreal stand nun an drei Grand-Slam-Turnieren in Folge mindestens im Viertelfinal und war am US Open sogar der erste kanadische Halbfinalist. Dass ihm aber noch etwas zum Champion fehlt, zeigt sich auch in seiner Finalbilanz: In bisher acht Endspielteilnahmen konnte er noch keinen Satz gewinnen. «Aber inzwischen weiss ich, was ich kann und dass ich die Ausdauer und die Mentalität habe, solche Partien zu gewinnen», sagt er. Viele solche Chancen wie gegen Medwedew dürfte er sich nicht mehr entgehen lassen.