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Botschaft auf Toilettentür
Amokdrohung in Zürich versetzt Horgen in Alarmbereitschaft

Sekundarschule Horgen, Berghalden-Schulhaus.
Der Hartplatz neben der Turnhalle ist eine Moeglichkeit fuer den Bau eines neuen Schulhauses.

Foto: Michael Trost / Tamedia AG.
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In Kürze:
  • In Horgen führte eine Amokdrohung zu grosser Unruhe in den Schulen.
  • Trotz Drohung fand der Unterricht statt, mit erhöhter Polizeipräsenz.
  • Viele Schülerinnen und Schüler blieben aus Angst der Schule fern.

Ein herausfordernder Tag an den Schulen in Horgen geht am Donnerstagabend zu Ende. Am Bildungszentrum Zürichsee (BZZ) wurden die Berufsschülerinnen und -schüler um 11 Uhr nach Hause geschickt. Einige waren gar nicht erst gekommen. Auch in den Horgner Primar- und Sekundarschulen blieben Dutzende Kinder und Jugendliche dem Unterricht fern.

Hintergrund ist eine Amokdrohung, die vergangenen Freitag in der Stadt Zürich entdeckt wurde. Auf einer Tür im Herren-WC der Wirtschaftsschule KV Zürich stand in grossen Lettern «Horgen», darunter das Datum des 31. Oktober und «Amoklauf».

Während die Wirtschaftsschule am Donnerstag aus Sicherheitsgründen auf Fernunterricht umstellte, sah dies in Horgen anders aus. Am Mittwoch erhielten Eltern einen Brief von der Schule Horgen, in welchem sie über die Drohbotschaft informiert wurden. Der Schulbetrieb werde am Donnerstag aufrechterhalten, die Polizei sei den ganzen Tag über in Alarmbereitschaft.

Polizeiwagen neben der Sek

Der Brief der Schule sowie die Berichterstattung anderer Medien über die Drohung lösten offenbar eine grosse Dynamik aus, wie ein Vater aus Horgen erzählt. Klassenchats liefen so heiss, bis keiner mehr zur Schule gehen wollte. Zeitweise ging das Gerücht um, dass das Schulhaus Bergli schliesse, weil es zu wenige Polizisten gebe.

Dass es sich dabei nur um ein Gerücht handelt, zeigt ein Augenschein vor Ort am Donnerstagmorgen. In den Schulzimmern des Bergli brennt Licht. Eine Lehrerin, die gerade aus dem Gebäude tritt, sagt, die Schule sei offen, der Unterricht finde statt. Einige Kinder würden aber fehlen.

Das Bergli-Schullhaus in Horgen. Am letzten Freitag stand auf einer Türe der KV Zürich Business School am Escher-Wyss-Platz "Horgen, Amok 31.10.2024", 31. Oktober 2024. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG

Auch in der nahe gelegenen Sekundarschule scheint der Unterricht normal vonstattenzugehen. Alles wirkt ruhig, in den meisten Zimmern ist das Licht an. Dass dennoch nicht alles so ist wie immer, zeigen zwei Wagen der Kantonspolizei mit der Beschriftung «Prävention», die auf dem Parkplatz der Sekundarschule stehen.

Ein Auto der Kantonspolizei Zürich "Prävention" vor der Sekundarschule in Horgen. Am letzten Freitag stand auf einer Türe der KV Zürich Business School am Escher-Wyss-Platz "Horgen, Amok 31.10.2024", 31. Oktober 2024. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG

Von aussen nicht sichtbar ist, dass offenbar tatsächlich viele Sekschülerinnen und Schüler zu Hause geblieben sind. Der Horgner Vater sagt, in der Klasse seines Sohnes hätten zwei Drittel gefehlt. Währenddessen sei im Primarschulhaus der Tochter die Amokdrohung kein Thema gewesen. Entsprechend seien fast alle Kinder in die Schule gegangen.

«Klar, dass es ein Scherz ist»

Auch das Bildungszentrum Zürichsee ist am Donnerstagmorgen um Normalität bemüht. Anders als in der Stadtzürcher Berufsschule sollte der Unterricht im Bildungszentrum wie gewohnt stattfinden. Doch um circa 11 Uhr schickt die Schulleitung alle nach Hause. Viele Jugendliche hätten den Unterricht bereits vorher verlassen, berichtet «20 Minuten».

Das Bildungszentrum Zürichsee (BZZ). Am letzten Freitag stand auf einer Türe der KV Zürich Business School am Escher-Wyss-Platz "Horgen, Amok 31.10.2024", 31. Oktober 2024. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG

Eine Jugendliche, die mit drei Kolleginnen gerade von der Schule zum Bahnhof geht, sagt, in ihrer Klasse fehlten etwa sechs bis sieben Personen. Ein paar hätten sich krankgemeldet, ein Mädchen sei im Verlauf des Morgens wieder nach Hause gegangen.

Die jungen Frauen wirken relativ unbeeindruckt von der ganzen Situation. Klar hätten sie Angst. «Aber es ist eigentlich klar, dass es ein Scherz wegen Halloween ist», sagt eine von ihnen. Sie finde es nur seltsam, dass in Zürich alle hätten zu Hause bleiben dürfen und sie in Horgen, wo der Amoklauf angedroht worden sei, zur Schule hätten gehen müssen.

Von besorgten Eltern informiert

Auf der Website des BZZ findet sich zur Angelegenheit lediglich eine kurze Mitteilung, dass der Unterricht am Donnerstag eingestellt werde. Die Gefahrenlage habe sich nicht verändert. Weshalb die Schulleitung aber zuerst am Unterricht festhielt, bleibt unklar. Der Rektor war für diese Redaktion am Donnerstag nicht erreichbar.

Mehr Informationen gibt dafür die Schule Horgen. Simone Augustin, die Leiterin Bildung, sagt, sie wisse seit dem späten Dienstagabend von der Drohung. «Ich wurde von besorgten Eltern kontaktiert, deren Jugendliche über die sozialen Medien auf die Schmierereien in Zürich aufmerksam geworden waren», sagt sie.

Wie ein Lauffeuer habe sich die Information über den Schriftzug mit der Androhung des Amoklaufs weiterverbreitet. «Wir haben uns daher in Absprache mit der Polizei dazu entschieden, die Eltern brieflich zu informieren», sagt Augustin. 

Zudem habe man auf Empfehlung der Polizei den Unterricht am Donnerstag wie gewohnt durchgeführt. Das sei im Hinblick auf die Zukunft ratsam, wie Horgens Schulpräsident Marco Sohm zu bedenken gibt: «Sonst müssten wir wegen jeder Schmiererei die Schulen schliessen, auch wenn es sich nur um einen dummen Scherz handelt.»

Panikschlösser aktiviert

Die Lehrerinnen und Lehrer seien dazu angehalten worden, am Donnerstag sorgsam unterwegs zu sein. Wenn Eltern ihre Kinder vom Unterricht abmelden, sollen sie dies akzeptieren. Einige Schulen hätten zudem die Panikschlösser an den Eingangstüren aktiviert, sodass man  das Schulhaus zwar verlassen kann, Unbefugte aber keinen Zugang haben.

«Einige Eltern, die sich bei uns gemeldet haben, machen sich Sorgen, andere halten es für einen üblen Halloween-Scherz», sagt Augustin. Die Schule nehme die Drohung aber in jedem Fall ernst. Am Donnerstagmorgen habe in den Schulen eine «angespannte Ruhe» geherrscht.

Die Sekundarschule in Horgen. Am letzten Freitag stand auf einer Türe der KV Zürich Business School am Escher-Wyss-Platz "Horgen, Amok 31.10.2024", 31. Oktober 2024. Foto: Moritz Hager/Tamedia AG

Wie Marco Sohm ergänzt, hat man wegen zusätzlicher Patrouillen für die Oberstufe in Horgen angefragt. «Um das Thema nicht weiter aufzubauschen, hat die Kantonspolizei jedoch davon abgeraten, zu präsent vor Ort zu sein», sagt Sohm. 

Gemeinde ist wachsam

Auch seitens der Gemeinde sei man wachsam, versichert Beat Nüesch (FDP), Gemeindepräsident von Horgen. «Weil der Schriftzug nur Horgen und keine weitere Ortsangabe enthält, könnten auch Einkaufszentren, der Bahnhof oder andere öffentliche Einrichtungen gemeint sein», sagt er. «Wir müssen diese Drohung ernst nehmen, wissen aber auch, dass heute Halloween ist», sagt er. Die Gemeinde sei parat, und die Polizeikräfte seien verfügbar. 

Die Kantonspolizei äussert sich zu den polizeilichen Massnahmen aus taktischen Gründen nicht. Seit Donnerstagnachmittag hat sie Kenntnis von ähnlichen Schmierereien im Schulhaus Rainweg in Horgen. Die entsprechenden Ermittlungen laufen.

Scherz oder ernsthafte Drohung?

Eine entscheidende Frage lautet: Wann weist eine Drohung auf eine Gefahr hin? Und wann handelt es sich «nur» um einen dummen Streich? In der Stadt Zürich, wo die ganze Sache ins Rollen kam, hat die Polizei dafür keine pauschale Antwort. Gemäss Marc Surber, Sprecher der Stadtpolizei, hängt die Einschätzung von sehr vielen Faktoren ab. «Aber wir nehmen jede Drohung ernst und machen weitere Abklärungen», sagt Surber.

Insgesamt komme es an Stadtzürcher Schulen zu vergleichsweise wenigen Vorfällen, sagt Surber. Über alle Bildungsinstitutionen auf Stadtgebiet hinweg bewege sich die jährliche Zahl im tiefen einstelligen Bereich. Dabei könne es sich um Social-Media-Posts handeln, Mails, Telefonanrufe oder Kritzeleien.