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Flexiblere Arbeitsformen
Homeoffice soll endlich im Gesetz geregelt werden

Vorteil des Homeoffice: Im tiefen Pulsbereich ist Grundlagentraining während Videocalls möglich. Zusätzlich trainiert man automatisch, den Oberkörper ruhig zu halten, um nicht aufzufallen.
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Und plötzlich verschwand die halbe Nation im Homeoffice. Die Pandemie hatte das zuvor Undenkbare möglich gemacht. Sogleich türmten sich Fragen um Fragen auf: Muss der Arbeitgeber für die nötige Infrastruktur zu Hause sorgen? Wie steht es um den Gesundheitsschutz in den eigenen vier Wänden? Welche Arbeitszeit gilt nun?

Viele Fragen, auf die das Arbeitsgesetz in der Schweiz keine oder unzureichende Antworten liefert, stammt es doch noch aus dem Industriezeitalter, als die Menschen zu fixen Arbeitszeiten an ihrem Arbeitsplatz im Betrieb zu erscheinen hatten.

«Eine immer agilere Gesellschaft blickt derzeit auf ein starres Arbeitsgesetz, welches Homeoffice aussen vor lässt.»

Jürg Eggenberger, Schweizer Kaderorganisation

Zu diesem Zustand dürfte das Land nicht mehr ganz zurückkehren, auch wenn der Bundesrat am Freitag womöglich die Homeoffice-Pflicht weiter lockert. Neue Beschäftigungsformen haben sich etabliert, die Erwerbstätigen können heute im Zug, zu Hause, im Büro oder in Co-Workings-Spaces arbeiten.

Oder wie es Jürg Eggenberger, Geschäftsleiter der Schweizer Kaderorganisation, formuliert: «Eine immer agilere Gesellschaft blickt derzeit auf ein starres Arbeitsgesetz, welches Homeoffice aussen vor lässt. Dies gilt es dringend zu ändern.»

Einen Anstoss dazu hat am Donnerstag der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch gemacht. Der Präsident des Kaufmännischen Verbands Schweiz hat einen verbindlichen Vorstoss eingereicht, damit die Arbeit im Homeoffice «in den gesetzlichen Grundlagen explizit erwähnt und geregelt» wird. Konkret will Jositsch den Gesundheitsschutz, die Arbeits- und Ruhezeiten und die Homeoffice-Vereinbarung gesetzlich geregelt sehen.

Wie lange darf die Arbeit im Homeoffice dauern?

Für Jositsch stehen Flexibilität und Gestaltungsfreiheit im Vordergrund, sowohl für Arbeitnehmende wie für Arbeitgebende. Der tägliche Arbeitszeitraum für die Arbeit im Homeoffice soll inklusive Pausen und Überzeit auf 15 Stunden erhöht werden. Die tägliche Ruhezeit soll auf 9 Stunden verkürzt werden, wenn sie im Durchschnitt über vier Wochen 11 Stunden beträgt.

Streichen, weil unnötig, will Jositsch überdies den freien Halbtag, der im Arbeitsgesetz vorgeschrieben ist, wenn die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr als fünf Tage, also auch auf den Samstag, ausgedehnt wird.

Widerstand dagegen ist angesagt: Luca Cirigliano, der beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund das Dossier Arbeitsrecht betreut, sieht in diesem Vorschlag eine Verschlechterung für die Beschäftigten. Der sozialdemokratische Politiker bewege sich klar in eine bürgerliche Richtung, sagt der Gewerkschafter.

Er verweist auf eine im Parlament hängige Initiative des Aargauer FDP-Ständerats Thierry Burkart, der für Angestellte im Homeoffice, «die ihre Arbeitszeiten zu einem namhaften Teil selber festsetzen können», den Zeitraum auf 17 Stunden ausdehnen will.

Was muss in einem Vertrag über Homeoffice geregelt werden?

Einigen sich Arbeitgebende und Arbeitnehmende auf Homeoffice, so muss das schriftlich vereinbart werden. Jositsch will, dass die Grundpfeiler dazu im Obligationenrecht festgelegt werden. In der Vereinbarung sollen der Umfang von Homeoffice, die Erreichbarkeit, eine allfällige Arbeitszeiterfassung, die Vergütung der im Homeoffice anfallenden Ausgaben für die Arbeitnehmenden und die Bereitstellung von Arbeitsgeräten und Arbeitsmaterial durch das Unternehmen festgehalten werden.

Vor allem die finanziellen Aspekte sind für die Beschäftigten von Bedeutung. Als der Bundesrat die Homeoffice-Pflicht eingeführt hatte, wurden die Unternehmen ausdrücklich von der Übernahme der Kosten befreit. Dazu gehörten die Mehrkosten für die Infrastruktur, unter anderem ein ergonomisch richtiger Bürostuhl, Strom und Internetabos. Lediglich die Kosten für den PC musste der Arbeitgeber übernehmen.

Muss der Arbeitgeber einen Teil des Mietzinses übernehmen?

Jositsch will auch, dass die Frage des Mietzinses geregelt wird. Stellt der Arbeitgeber seinem Personal keinen betriebseigenen Arbeitsplatz zur Verfügung, soll er einen Anteil an die Mietkosten leisten. Diese grundsätzliche Verpflichtung ergab sich bis jetzt nur aus einem Bundesgerichtsentscheid.

Auch in diesem Forderungskatalog von Jositsch macht der Gewerkschaftbund vorwiegend eine arbeitgeberfreundliche Haltung des Politikers aus. Es fehle in der Vereinbarung beispielsweise das Recht des Beschäftigten auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz, kritisiert Cirigliano. Dabei habe sich ja gezeigt, dass viele Beschäftigte an ihren Arbeitsplatz zurückkehren möchten, weil sie zu Hause vereinsamten und ihre Karriereaussichten sich verschlechtern würden. Ohne Recht auf den Arbeitsplatz für die Beschäftigten sei der Weg für die Arbeitgeber frei, ihre Büroflächen zu reduzieren.

Anders sehen das Angestellten- und Berufsverbände wie Angestellte Schweiz, die Schweizer Kader-Organisation, Verkauf Schweiz und der Kaderverband des öffentlichen Verkehrs. Sie stehen hinter dem Vorstoss von Jositsch – was nicht überrascht, da sie sich zu der Angestelltenvereinigung Plattform zusammengeschlossen haben, mit Jositsch als prominentestem Sprachrohr.