Linderung bei CovidHoffnung auf neue Antikörper-Therapie, die schon Trump bekam
Neue Testdaten steigern die Zuversicht für eine neue Therapie gegen das Virus, bei der Roche mit dem US-Biotechunternehmen Regeneron zusammenarbeitet. Deutschland hat sie bereits bestellt. Und die Schweiz?
Bei der Bekämpfung der Pandemie steht die Schweizer Pharmaindustrie bislang eher an der Seitenlinie. Roche ist zwar ein wichtiger Player bei Covid-Tests. Bei Wirkstoffen gegen das Virus gelang bisher aber weder Roche noch Novartis ein Durchbruch. Und bei Impfstoffen beschränkt sich Novartis darauf, Wettbewerbern bei der Produktion zu helfen.
Dank der Partnerschaft mit dem US-Biotechunternehmen Regeneron hat Roche nun Chancen, im Rennen um Mittel gegen das Virus Boden gutzumachen. Diese Woche veröffentlichte Regeneron ermutigende Daten aus den klinischen Tests seines monoklonaren Antikörper-Cocktails namens Regen-CoV.
Die Therapie wurde an 400 Menschen getestet, die ein hohes Ansteckungsrisiko haben, da sie mit Corona-Kranken in einem Haushalt leben. 223 der Personen bekamen ein Placebo, der anderen die Antikörper. Aus der Placebo-Gruppe erkrankten 23 an Covid-19, bei jenen, die die Antikörper bekamen, waren es 10 Teilnehmer – also rund die Hälfte weniger. Und keiner der Patienten aus der Antikörper-Gruppe bekam Symptome, in der Vergleichsgruppe mit dem Placebo waren es 8.
Noch keine unabhängige Prüfung
Diese Zwischenergebnisse geben Anlass zur Zuversicht, allerdings wurden sie in einer Pressemitteilung veröffentlicht und sind noch nicht durch ein unabhängiges Kontrollgremium geprüft worden.
«Die jüngsten Testresultate – soweit bekannt – gefallen mir», sagt Stefan Schneider, Pharmaexperte der Bank Vontobel. «Ich sehe zwei Anwendungsfelder: um Patienten mit mildem Verlauf vor einer Verschlechterung ihres Zustands zu schützen. Und als passive Impfung, um den Ausbruch zu verhindern.» Er schätzt, dass Roche mit der neuen Therapie in der Spitze eine Milliarde Franken Umsatz erzielen könnte.
Regeneron veröffentlichte zudem am Mittwoch Ergebnisse von Laborversuchen in den USA, die gezeigt hätten, dass die Antikörper-Therapie auch gegen die britische und die südafrikanische Virusmutation wirke.
So funktioniert die Therapie
Monoklonare Antikörper sind quasi im Labor gezüchtete Antikörper. Sie sollen die Spike-Proteine des Virus blockieren, mit deren Hilfe das Virus an eine Zelle andockt, um sich zu vermehren.
Regenerons Cocktail besteht aus den beiden Antikörpern Imdevimab und Casirivimab. Als einer der ersten Patienten bekam der frühere US-Präsident Donald Trump während seiner Corona-Erkrankung den Cocktail verabreicht. In den USA hat die Therapie wie eine ähnliche Antikörper-Behandlung des US-Pharmariesen Eli Lilly eine Notfallzulassung zur Behandlung von Covid-19-Patienten, die in ambulanter Behandlung sind.
Die Partnerschaft von Roche mit dem US-Unternehmen sieht vor, dass die Schweizer den Antikörper-Cocktail ausserhalb der USA vermarkten und vertreiben. Zudem hilft Roche bei der komplexen Produktion der Antikörper. «Das Ziel ist, mehr als 2 Millionen Behandlungsdosen pro Jahr zur Verfügung zu haben», erklärt Konzernsprecher Nicolas Dunant, «die ersten von Roche hergestellten Dosen sollen im ersten Quartal dieses Jahres verfügbar sein.»
Doch weder in der EU noch in der Schweiz sind diese Mittel bis jetzt zugelassen. Das hinderte den deutschen Gesundheitsminister Jens Spahn nicht daran, diese Woche für 400 Millionen Euro insgesamt 200’000 Dosen bei den beiden Anbietern Regeneron/Roche und Eli Lilly zu ordern.
Angesichts der noch lückenhaften Datenbasis zur Wirkung kritisierten Fachärzte in Deutschland den Kaufentscheid als verfrüht. Auch Pharmaexperte Schneider warnt vor zu hohen Erwartungen: «Das Problem besteht darin, wie die Patienten identifiziert werden können, denen ein schwerer Verlauf droht», erklärt er.
Die Lage in der Schweiz
In der Schweiz liegt der Zulassungsbehörde Swissmedic noch kein Zulassungsantrag für den Antikörper-Cocktail vor. Interesse der Behörden scheint aber zu bestehen: «Zu Einzelheiten machen wir keine Angaben, weil derzeit Verhandlungen am Laufen sind», erklärte eine Sprecherin des Bundesamts für Gesundheit (BAG) auf die Frage, ob die Schweiz ebenfalls die Therapie anschaffen möchte.
«Wir sind in Gesprächen mit Swissmedic und dem BAG über die Daten für Casirivimab und Imdevimab», so Roche-Sprecher Dunant. Es sei aber «zu früh», um Angaben über einen Zulassungsantrag zu machen. «Wir werden intensiv mit den Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten, um Casirivimab und Imdevimab so vielen Patienten wie möglich zur Verfügung zu stellen», so Dunant.
Für einen Masseneinsatz eignet sich die Antikörper-Therapie nicht, dafür ist sie schlicht zu teuer. Basierend auf dem Deal von Deutschland errechnet sich ein Preis von 2000 Euro je Dosis. Das Mittel könnte indes Potenzial haben, den Instrumentenkasten von Ärzten zu ergänzen, bis die Impfungen endlich in grosser Stückzahl verfügbar sind.
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