Pariser Hilfskonferenz für GazaMacron fordert «humanitäre Pause» im Nahostkrieg
Mit einer Eigeninitiative versucht Präsident Emmanuel Macron, Frankreich neu zu positionieren in Nahost.
Ein verdienstvoller Versuch – mehr nicht? Bei einer internationalen Hilfs- und Geberkonferenz in Paris, die er selbst in aller Eile einberufen hatte, hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu einer «sehr schnellen humanitären Pause» der Kämpfe in Gaza aufgerufen, damit der palästinensischen Zivilbevölkerung im schmalen, abgeschotteten Küstenstreifen beigestanden werden könne. Ganz konkret: mit Medikamenten und Nahrungsmitteln, mit Generatoren auch für den Betrieb der Spitäler.
Und nach dieser «humanitären Pause» sei es «absolut notwendig», dass man an der «Vorbereitung eines Waffenstillstands» arbeite. Frankreich selbst werde seine jährliche Hilfe für die Palästinenser von zwanzig auf hundert Millionen Euro erhöhen, sagte Macron. Auch das ist verdienstvoll und wichtig: Die Vereinten Nationen schätzen den Bedarf auf 1,2 Milliarden Dollar, allein bis Ende Jahr.
Eindruck der generellen Ohnmacht
Dennoch lag auf dieser Pariser Konferenz der Eindruck einer generellen Ohnmacht. Neben einer Reihe von NGOs kamen achtzig Delegationen aus ebenso vielen Ländern, die meisten entsandten jedoch lediglich Personal im Ministerrang oder gar niedriger. Für die palästinensische Autonomiebehörde war der Premierminister dabei, für Europa Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Israels Regierung war nicht vertreten.
Das mochte daran liegen, dass viele ranghöhere Persönlichkeiten bereits Verpflichtungen hatten, etwa die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock und ihr amerikanischer Kollege Antony Blinken. Doch für das Élysée rührt das auch daher, dass die Sensibilitäten im Umgang mit dem Krieg in Nahost in den westlichen Ländern nun mal unterschiedlich seien.
Waffenstillstand ist ein Schlagwort. Wer setzt sich da zusammen an einen Tisch?
Macron strebt eine Vorreiterrolle an, zumindest in Europa. Er will die wichtigen Schlagwörter prägen, einen politischen Ausweg weisen, bevor es andere tun, auch wenn der illusorisch wirkt. Ein Waffenstillstand etwa kommt dann zustande, wenn sich zwei Kriegsparteien an einen Tisch setzen und ihn aushandeln.
Doch mit wem soll sich Israel an einen Tisch setzen – mit der Hamas, die es zu zerstören gelobt? Bringt es etwas, das Unwahrscheinliche zu fordern? Die Zeitung «Le Monde» schreibt, Macron irritiere mit seinen Eigeninitiativen selbst das französische Aussenministerium, das viel Kompetenz angehäuft hat in nahöstlichen Angelegenheiten über die Jahrzehnte hinweg.
De Gaulle gab den Weg vor
Doch in Frankreich gehört Aussenpolitik zu den sogenannten «königlichen» Kernkompetenzen des Präsidenten. Macron arbeitet gerade an einer Ausbalancierung der Nahostpolitik – zurück zur alten, äquidistanten Linie, mit einem klaren Bekenntnis zur Zweistaatenlösung.
Die hatte einst Charles de Gaulle 1967 geprägt, nach dem Sechstagekrieg. Unter Nicolas Sarkozy, François Hollande und auch unter Macron verblasste sie, zugunsten Israels. Nun soll man Frankreich wieder daran erkennen, dass es Israel zwar innig beisteht, gerade wenn es getroffen wird wie am 7. Oktober, es aber nun beim Gegenschlag auch an seine Pflichten erinnert, an internationales Recht, an humanitäres Recht. Die Frage ist nur, ob die Stimme nicht untergeht.
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