«Hey Kellner, bring was zu trinken, ich hab Geld»
Die Geschichte von Ronaldinho als Fussballpensioniertem ist die Story über einen Verirrten: Umweltsünder, Popsänger, vermeintlicher Passfälscher.
Ronaldinho, ehemaliger Fussballprofi bei PSG, Barcelona und der AC Milan, sitzt in Paraguay in Untersuchungshaft. Der Grund: Der 39-Jährige ist mit einem falschen Pass ins Land eingereist. Zwar sind auf dem Dokument sowohl sein Name, sein Geburtsort als auch sein Geburtsdatum richtig angegeben, doch laut dem Pass ist Ronaldinho Paraguayer. Paraguayer? Diverse Fussballkenner dürfte das stutzig machen. War nicht Ronaldinho schliesslich derjenige, der mit Brasilien den WM-Final 2002 gegen Deutschland gewonnen hat? Was ist passiert? Und was ist mit Ronaldinho eigentlich los?
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Es ist bald 15 Jahre her, da duellierten sich in der Königsklasse der FC Barcelona und der FC Chelsea. Barcelonas Spiel wird von den Künstlern Deco, Andres Iniesta und Xavi Hernandez inszeniert, auf der Bank sitzt der 17-jährige Lionel Messi – und über allen schwebt der gerade zum Weltfussballer gewählte Ronaldinho. Das Hinspiel hat Barça 2:1 gewonnen, liegt in London aber schnell 0:3 zurück. Die Katalanen brauchen Tore. Dringend. Ronaldinho erhört die Wünsche. Erst gelingt ihm ein Tor per Penalty, und kurz vor der Pause legt er ein zweites nach, ein unfassbares.
«What a terrific goal»
Ronaldinho erhält gut 20 Meter vor dem Tor den Ball. Vor ihm bauen sich Ricardo Carvalho, Eidur Gudjohnsen und Terry auf. Beirren lässt er sich davon nicht. Sein rechter Fuss schmiegt sich zunächst an den Ball, dann schnappt er nach vorne. Ronaldinho trifft den Ball mit der Spitze und versenkt ihn halbhoch im linken Eck. Chelseas Torhüter Petr Cech bleibt nur die Rolle des Bewunderers. «What a terrific goal», rief der Reporter der BBC in sein Mikrofon und weiter: «Wonderful! Wonderful!»
Ronaldinho zauberte mit seinen Füssen, stellte wundersame Dinge mit ihnen an. Er machte Sachen, die andere höchstens auf der Playstation beherrschten. Vermutlich war der Fussballer Ronaldo de Assis Moreira, wie der Brasilianer gebürtig heisst, der anmutigste in dieser der Stromlinienförmigkeit gewidmeten Moderne. Das Tor gegen Chelsea ist nur eines von vielen, an die sich die Fussballfans weltweit erinnern. 239 Tore hat der Brasilianer während seiner Karriere geschossen.
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Unfassbar. Das ist das Wort, das seine Fähigkeiten als Fussballer beschreibt. Es ist aber auch das Wort, das einem in den Sinn kommt, wenn man seine Eskapaden betrachtet. Die Episode mit dem falschen Pass ist nur die neueste Geschichte. Ronaldinhos Geschichte als Fussballpensionierter ist die Story über einen, der sich verirrt hat.
Tourismusbotschafter und Umweltverschmutzer
So machte er, der 2015 seine Karriere offiziell beendet hatte und dem der FC Barcelona die Worte «Camp Nous immer lächelnder Magier» hinterhersandte, stets mit anderem auf sich aufmerksam. Etwa mit Bankrottgerüchten. So berichteten 2018 mehrere brasilianische Medien, dass Ronaldinho Steuerschulden in Höhe von zwei Millionen Euro habe und diese nicht zahlen könne, da auf seinen Konten nur noch 25 Reais lägen, umgerechnet knapp 6 Euro. Inwiefern das mit der Pleite stimmt, ist unklar.
Fakt hingegen ist folgende Geschichte: Ronaldinho ist derzeit nicht im Besitz seines brasilianischen Passes, weil er 2018 eine Strafe wegen Umweltverschmutzung erhalten hat. Er und sein Bruder wurden verurteilt, da sie in einem Naturschutzgebiet illegal eine Fischfalle gebaut hatten. Deshalb wurde ihnen eine Geldstrafe in Höhe von 8,5 Millionen Dollar auferlegt. Doch die Rechnung blieb offen, weshalb der Oberste Gerichtshof Brasiliens ihre Pässe einzog. Kurios: Der 39-Jährige wurde im September 2019 dennoch als Tourismusbotschafter von Brasilien vorgestellt. Er erhielt den Posten wohl vor allem dank seiner Unterstützung für Präsident Jair Bolsonaro.
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«Für ein besseres Brasilien», schrieb Ronaldinho seinen 18 Millionen Followern bei Twitter während Bolsonaros Wahlkampf. «Für Sicherheit und jemanden, der uns die Freude zurückbringt.» Ein Problem damit, dass Bolsonaro offen mit der brutalen brasilianischen Militärdiktatur des vergangenen Jahrhunderts sympathisiert und lieber einen «toten als einen schwulen Sohn» hätte, schien der Brasilianer nicht zu haben. Zu oft, zu offiziell warb der Weltmeister von 2002 für ihn. Viele Fans irritierte das, selbst Barça distanzierte sich in einem offiziellen Statement von ihrem einstigen Spielregisseur.
«Auf gehts, trinken! Ich bin wieder Single»
Für Irritation sorgte Ronaldinho auch mit seinen Versuchen als Rapper und Popsänger. In einem Liveclip mit dem Countrymusiker Wesley Safadão sang er: «Meine Freunde, ich bin zurück, ich bin fast verrückt geworden. Auf gehts, trinken! Ich bin wieder Single.» Und in einem Video mit dem Hip-Hopper DJ Dennis rappte er: «Hey Kellner, bring was zu trinken, ich hab Geld.» Die Meldung, dass er 2018 zwei Frauen geheiratet haben soll, konnte daher nicht mehr viele Leute überraschen. Auch nicht, dass beide Frauen jeden Monat 1700 Euro Taschengeld erhalten und beide immer das gleiche Geschenk bekommen.
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Es ist aber nicht so, dass Ronaldinho nach seinem Karriereende nur noch neben dem Platz auf sich aufmerksam machte. Er hatte auch einen Kurzauftritt in der indischen Futsal-Liga (nach zwei Spielen war er wieder weg). Und er versuchte den neuen Sport Teqball anzuschieben, eine Mischung aus Tischtennis und Footvolley. Im Oktober des letzten Jahres hiess es zudem, dass er ein Fussball-Comeback in Kolumbien feiern würde. Dazu gekommen ist es nicht.
Der Weltmeister von 2002 stand schon immer für Anarchie. Er hielt sich kaum an die Vorgaben seiner Trainer. Er jonglierte durch Champions-League-Spiele. Lächelte Zuschauer an, wenn anderen der Angstschweiss über den Rücken lief. Ronaldo de Assis Moreira machte, wonach ihm der Sinn stand. Zu seiner Aktivzeit galten für ihn andere Gesetze. Dass dem nicht mehr so ist, versteht Ronaldinho nicht. Er spielt Fehlpass um Fehlpass. Momentan in Paraguay.
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