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Jobcoach: Unterschätztes Motivationsschreiben
Her mit der Motivation!

Mühsame Pflicht: Viele Bewerbende behelfen sich beim Verfassen von Motivationsschreiben mit Floskeln.
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Schon der erste Satz lässt darauf schliessen, ob ein Motivationsschreiben es wert ist, gelesen zu werden oder nicht. Und ob der Verfasser oder die Verfasserin begriffen hat, worum es geht. «Mit Interesse habe ich Ihr Inserat...» – und schon ist der Fall klar: weiterlesen lohnt sich nicht. Wer das mögliche Momentum des ersten Satzes nicht nutzt, hat nicht kapiert, welches Potenzial das Motivationsschreiben birgt. Es ist ein wenig so, als würde ein Whodunit-Krimi mit dem Satz «Dies ist eine aufregende Kriminalgeschichte» oder «der Chauffeur war der Mörder» beginnen. Theoretisch kann sich daraus immer noch ein spannender Plot entwickeln, allerdings nur, wenn er nicht nach Schema F abläuft, sondern sich über Konventionen hinwegsetzt. 

Genau hier steckt ein Grund, warum sich das Schreiben in einer Krise befindet. Die allermeisten Bewerbenden sehen es als lästige Pflicht und behelfen sich darum mit Vorlagen. Das Resultat: Einheitsbrei. Tausende von Briefen mit den gleichen Worthülsen und Floskeln. Oder haben Sie schon mal die Wendung «… rundet mein Profil ab» ausserhalb des Bewerbungskontexts verwendet? In diesem Einheitston ist ein Schreiben etwa so viel wert wie ein Produkt auf Wish und weist auch keinerlei Alleinstellungsmerkmal auf. So erfüllt es tatsächlich keinerlei Zweck. 

Desinteresse auf allen Seiten

Fairerweise muss man sagen: Ein Schreiben richtig gut hinzubekommen, ist nicht einfach. Und anstrengend obendrein. Viele Stellensuchende meiden diese Mühe, da sie primär irgendeinen Job suchen und es ihnen häufig egal ist, wo sie diesen ausüben – gerade wenn sich die Tätigkeit je nach Arbeitgeber kaum unterscheidet. Ebenfalls häufig zu hören: Wie soll ich Motivation für eine Stelle zeigen, wenn ich die Arbeitgeberin nicht kenne und kaum etwas über sie weiss? Das Desinteresse am Motivationsschreiben ist nicht einseitig: In Zeiten und Branchen, in denen Personalmangel herrscht, verzichten Firmen vermehrt auf das Anschreiben, um die Hürden für Bewerbende möglichst tief zu halten. Der Bewerbungsbrief als Teil eines Dossiers befindet sich in einer Abwärtsspirale. Ihn darum gänzlich abzuschaffen, wäre dennoch verfehlt. 

Es soll ersichtlich werden, warum die Person, die sich bewirbt, ausgerechnet bei der besagten Firma arbeiten möchte.

Was kann das Motivationsschreiben leisten? Es hilft zum Beispiel dabei, sich zwischen zwei bezüglich Erfahrung und Skills vergleichbaren Kandidatinnen zu entscheiden (sofern sich ihre Schreiben unterscheiden notabene). Gedacht wäre es ja so, dass sich die Motivation herauslesen lässt – und ersichtlich wird, warum die Person, die sich bewirbt, ausgerechnet bei der besagten Firma arbeiten möchte und auch, warum sie den Job will, nachdem sie 5 Jahre etwas anderes oder aber 20 Jahre schon etwas Ähnliches gemacht hat. Ausserdem interessiert den potenziellen Arbeitgeber, inwiefern sich die Person befähigt fühlt, dem ausgeschriebenen Stellenprofil gerecht zu werden. Wobei auch hier eine gewisse Motivation mitschwingen sollte. 

Gute Argumente helfen

Zwei, drei Aspekte schlüssig darlegen – es wäre eigentlich gar nicht so schwierig. Wenn man sich denn mit der Firma kurz auseinandergesetzt und sich überlegt hat, warum man überhaupt da arbeiten möchte. Das würde auch nahelegen, sich nur dort zu bewerben, wo man tatsächlich auch gerne tätig wäre. Dagegen sprechen natürlich gute Gründe wie eine drohende Aussteuerung oder das vom RAV verlangte Kontingent an «Arbeitsbemühungen». Leichter fallen Motivationsschreiben jedenfalls bei Stellen, für die man gute Argumente findet. Im Umkehrschluss: Wer sich enorm schwer tut mit einem Schreiben, weil ihm/ihr partout keine guten Gründe einfallen, ist vielleicht zu wenig motiviert für die Stelle – und kann sich die Sache gleich sparen. 

Weil das Motivationsschreiben der Unterscheidung dient, sind darin alle Allgemeinplätze fehl am Platz. Persönlich soll es sein. Also: Was interessiert Sie an der Stelle? Was verbindet Sie mit dem Unternehmen? Was haben Sie schon erlebt oder gemacht, was Ihnen hierbei helfen könnte? Der Firma etwas zu erzählen, was sie schon weiss, ist hingegen meist nicht mehr als ein kläglicher Anbiederungsversuch. Die Mitarbeitenden eines Betriebs sind sich bewusst, wie erfolgreich dieser ist oder welchen Umsatz sie im letzten Jahr erzielt haben. Damit beweisen Sie lediglich, dass Sie nicht zu dumm zum Googeln sind. Viel zentraler ist Ihre Sicht der Dinge in Bezug auf das Unternehmen, aber nicht nur. 

Das Schreiben als Chance

«Seit Jahren benutze ich Ihre Produkte» könnte etwa eine wertvolle Information sein, sofern es denn zutrifft. «Ich besitze selbst sechs Paar Ihrer Schuhe» suggeriert: Aha, die Person kennt und schätzt uns. Arbeitgeber auf der anderen Seite machen es Kandidatinnen leichter, indem sie sich ausführlich auf der Website präsentieren und zwei, drei Worte über Kultur oder Arbeitsklima verlieren. Damit liefern sie mögliche Anknüpfungspunkte, ja teilweise geradezu Steilvorlagen. 

Seien Sie mutig, innovativ, schreiben Sie frisch von der Leber, wie es Ihnen passt.

Geben Sie im Schreiben nicht ihren CV in Wortform wieder, auch nicht die letzten zwei Stationen. Hier ist höchstens ein Best-of gefragt, eine kurze Zusammenfassung, die sich leicht durch Name-Dropping und/oder mit Zahlen lösen lässt. «15 Jahre im Marketing, unter anderem bei X und Y» – und es ist klar, dass es an den Kompetenzen nicht scheitern wird. 

Eine weitere gute Möglichkeit: Antizipieren Sie Fragen, die ohnehin auftauchen werden. Versuchen Sie, das Schreiben als Chance zu sehen – und nicht als Pflicht.  Seien Sie mutig, innovativ, schreiben Sie frisch von der Leber, wie es Ihnen passt, vielleicht sogar so, wie Sie reden. Vielleicht entwickeln Sie so sogar etwas Motivation fürs Schreiben.