Barbados ist jetzt eine RepublikHeldin Rihanna, Charles’ Rede und ein Goodbye an die Queen
Die Karibikinsel Barbados sagte sich in der Nacht von der britischen Monarchie los und erklärt sich zur Republik.
Mit Feuerwerk und Ehrensalven hat sich die Karibikinsel in der Nacht zum Dienstag vom britischen Königshaus gelöst und ein neues Staatsoberhaupt ernannt. «Die Republik Barbados hat die Segel für ihre Jungfernfahrt gesetzt», sagte die erste Präsidentin des Landes, die bisherige Generalgouverneurin und Stellvertreterin von Queen Elizabeth II., Sandra Mason, in ihrer Antrittsrede kurz nach Mitternacht.
Barbados müsse nun durch die «komplexe, zerklüftete und turbulente Welt» navigieren, sagte Mason weiter. «Unser Land muss grosse Träume träumen und dafür kämpfen, sie zu verwirklichen.» Für das Land mit seinen 285’000 Einwohnern beginnt nun eine neue Ära nach Jahrhunderten unter britischem Einfluss.
Charles: «Aus den dunkelsten Tagen unserer Vergangenheit»
Der britische Thronfolger Prinz Charles nahm an der Zeremonie teil und sparte dieses Kapitel der britischen Geschichte in seiner Ansprache nicht aus. «Aus den dunkelsten Tagen unserer Vergangenheit und der entsetzlichen Grausamkeit der Sklaverei, die unsere Geschichte für immer befleckt, haben sich die Menschen dieser Insel mit ausserordentlicher Tapferkeit ihren Weg gebahnt», sagte der Prinz.
Wegen der Vorgeschichte mit der Sklaverei gab es auf Barbados Forderungen nach Reparationen und Stimmen gegen den Besuch von Prinz Charles, wie der Aktivist Suleiman Bulbulia am Montag in der britischen Zeitung «The Guardian» schrieb. Zugleich wird das Land aufgrund des starken Einflusses britischer Kultur auch «Little England» (Klein-England) genannt. «Natürlich wird Barbados eine enge Beziehung zum Vereinigten Königreich aufrechterhalten», betonte Bulbulia. Dies sei aber eine neue Ära. «Was «Little England» angeht, so erfordern diese Zeiten vielleicht einen neuen Kosenamen.»
Sängerin Rihanna nimmt an Zeremonie teil
Zur Feier des Tages war die wegen der Pandemie verhängte Sperrstunde ausgesetzt worden, die offizielle Zeremonie war für die breite Öffentlichkeit aber nicht zugänglich. Neben Prinz Charles und hochrangigen Beamten des Landes nahm daran auch die berühmteste Bürgerin von Barbados, die Sängerin Rihanna, daran teil. Als eine ihrer ersten Amtshandlungen erklärte die neue Staatschefin Mason Rihanna zur Nationalheldin.
Während der Zeremonie in der Hauptstadt Bridgetown wurde die königliche Standarte eingeholt und Mason wurde als neue Staatschefin vereidigt. Die bisheriger Generalgouverneurin hatte im September 2020 den formalen Bruch mit der britischen Krone angekündigt. «Es ist an der Zeit, unsere koloniale Vergangenheit vollständig hinter uns zu lassen», sagte sie damals.
Vom Tourismus abhängig
Allerdings sind einige Einwohner der Meinung, das Land habe derzeit dringendere Probleme als die Ablösung der Queen. Das vom Tourismus – hauptsächlich aus Grossbritannien – abhängige Barbados leidet schwer unter den Folgen der Corona-Pandemie. Die Arbeitslosigkeit ist von neun auf fast 16 Prozent gestiegen.
Nicht dabei war eine Statue des britischen Admirals Horatio Nelson, die dort gut 200 Jahre gestanden hatte – bis vor einem Jahr. Inmitten von Protesten gegen Rassismus und Kolonialismus auf der ganzen Welt entfernte die Regierung damals die Statue von dem zentralen Platz, wo die Helden des Landes geehrt werden sollen. «Wenn wir nicht wissen, wer wir sind; wenn wir uns nicht darüber im Klaren sind, wofür wir kämpfen wollen, dann sind wir dazu verdammt, wieder ausgebeutet und kolonialisiert zu werden», sagte dazu Premierministerin Mia Mottley.
«Sache der Regierung und des Volkes»
Zwei Monate zuvor war der Bruch mit der Krone verkündet worden. «Es ist an der Zeit, unsere koloniale Vergangenheit vollständig hinter uns zu lassen», hiess es von Mottley in der jährlichen sogenannten Thronrede. Die Ansprache las Mason in ihrer bisherigen Rolle vor, als Generalgouverneurin des Inselstaates – also Vertreterin der Königin. Im Oktober wählte das Parlament von Barbados die 72-Jährige in das neu geschaffene Amt der Präsidentin. Regierungschefin bleibt Mottley.
Die Reaktion des Buckingham-Palasts fiel zurückhaltend aus: Die Angelegenheit sei «Sache der Regierung und des Volkes des Commenwealth-Staates», hiess es im September 2020.
«Die erste Gesellschaft schwarzer Sklaven»
Die ehemalige Kronkolonie hatte 1966 ihre Unabhängigkeit von Grossbritannien erlangt, die Queen blieb aber formal das Staatsoberhaupt. Viele Inselbewohner sind Nachfahren von Sklaven, die das britische Empire über 200 Jahre lang bis zur Abschaffung 1834 aus Afrika in die Karibik verschleppt hatte. Für sie bedeutet der Schritt eine Loslösung vom kolonialen Erbe.
Vor 394 Jahren kamen die ersten englischen Siedler nach Barbados. Bald bereicherten sie sich am Zuckeranbau durch afrikanische Sklaven. In seinem Buch «Die erste Gesellschaft schwarzer Sklaven» von 2016 beschrieb der barbadische Historiker Hilary Beckles die Insel zwischen 1636 und 1876 als «die systematisch gewalttätigste, brutalste und rassistisch unmenschlichste Gesellschaft der Neuzeit».
Commonwealth of Nations: Erster Abgang seit 29 Jahren
Das Commonwealth of Nations ist eine lose Verbindung von Staaten, die aus Grossbritanniens ehemaligen Kolonien hervorgegangen sind. An der Spitze der Organisation steht Königin Elizabeth II. Die 95-jährige Queen hat in ihrer Amtszeit bereits zahlreiche Staaten ziehen lassen müssen. Zuletzt hatte sich im Jahr 1992 mit Mauritius ein Commonwealth-Mitglied von der Monarchie losgesagt.
Die Königin ist weiterhin offizielles Staatsoberhaupt von 15 Ländern, darunter Kanada und Australien. Beobachtern zufolge könnten sich nach dem Tod der beliebten Monarchin weitere Länder von der britischen Krone abwenden.
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AFP/cpm/SDA
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