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Urteil gegen Sarkozy
Hausarrest statt Comeback im Elysée-Palast

Verurteilt: Der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy (in der Mitte). 
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Es ist eine Premiere für die Demokratie Frankreichs: Der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy wurde am Montag in Paris zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, wobei davon zwei zur Bewährung ausgesetzt werden. Das verbleibende Jahr könnte in einen Hausarrest mit elektronischer Fussfessel umgewandelt werden.

Es ist das erste Mal in der modernen Geschichte Frankreichs, dass ein früherer Präsident wegen Korruption verurteilt worden ist. Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac wurde 2011 des Missbrauchs öffentlicher Gelder während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Paris schuldig gesprochen und zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Den Status ausgenutzt

Noch am vergangenen Sonntag erschien Frankreichs Konservativen die Welt noch in Ordnung. Das ändert sich am Montag, Punkt 14 Uhr, als die Richterin im Pariser Justizpalast ihr Urteil vorliest. Sie sieht es als erwiesen an, dass Sarkozy 2014 versucht hat, die Justiz zu bestechen. Er und sein früherer Anwalt Thierry Herzog sollen mit dem damaligen Staatsanwalt Gilbert Azibert gemeinsame Sache gemacht haben, um an Ermittlungsgeheimnisse zu kommen. In der Urteilsbegründung heisst es, Sarkozy habe «seinen Status als ehemaliger Präsident der Republik zu seinem persönlichen Vorteil genutzt».

Der Alt-Präsident hatte 2014 versucht, über Thierry Herzog vom damaligen Generalanwalt Azibert beim Kassationsgericht Ermittlungsgeheimnisse in einer anderen Affäre zu erhalten. Im Gegenzug wurde Unterstützung bei der Bewerbung des hohen Beamten für einen Posten in Monaco angeboten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die drei Angeklagten einen «Korruptionspakt» schlossen.

«Besondere Schwere»

Sarkozy und Herzog hätten gewusst, dass Aziberts Verhalten unerlaubt war. Das Gericht sprach von einer «besonderen Schwere» der Taten, da sie von einem früheren Staatschef begangen worden seien. Schon die Anklage hatte argumentiert, dass die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet worden sei.

Auch Herzog und Azibert werden am Montag schuldig gesprochen. Als Anwälte und Verurteilte nach der Urteilsverkündung den Gerichtssaal verlassen, laufen sie alle schweigend an Kameras und Mikrofonen vorbei und ignorieren die Fragen der Journalisten. «Das ist der Schock», kommentiert ein Fernsehmoderator.

Gerichtszeichnung mit Nicolas Sarkozy (links) und den Mitangeklagten Thierry Herzog (Mitte) und Gilbert Azibert (rechts). 

Die Vorwürfe beruhen auf der Verwendung abgehörter Telefongespräche des Politikers mit seinem Anwalt Herzog. Um die Rechtmässigkeit dieser Abhöraktion hatte es einen heftigen Streit gegeben. Ermittler fanden heraus, dass Sarkozy und Herzog für vertrauliche Gespräche Mobiltelefone nutzten, die der Ex-Präsident unter dem Pseudonym Paul Bismuth angeschafft hatte.

Wo Sarkozy ist, ist Chaos

Ein Spruch der vergangenen Wochen bekommt nun eine andere Bedeutung. «Si c’est le chaos, c’est Sarko», wurde als Mantra der Republikaner herumgereicht. Falls es chaotisch wird, muss Sarko ran, so nennen die Franzosen den früheren Präsidenten. Manche handelten Sarkozy schon als Königsmacher für die Präsidentschaftswahl 2022. Jetzt erscheint es als äusserst unwahrscheinlich, dass der 66-Jährige nochmals eine Rolle in der nationalen Politik spielen kann.

Sarkozy wird das Chaos nicht lichten, er sitzt selbst mittendrin. Auch wenn seine Anwältin Jacqueline Laffont am Montag bereits angekündigt hat, das Urteil anfechten zu wollen. Die Jahre, in denen Sarkozys Parteifreunde seine Skandale als viel Lärm um nichts abtun konnten, sind vorüber.

Seine Partei schaltet auf Angriff

Folgerichtig verändern die Republikaner direkt nach dem Urteil ihre Kommunikation. Sie schalten auf Angriff. Parteichef Christian Jacob spricht von einer «absolut unverhältnismässigen Strafe». Die Abgeordnete Constance Le Grip sagt, das Gericht wolle «den ehemaligen Staatschef erniedrigen». Sarkozy selbst hatte ohnehin immer seine Unschuld beteuert.

Und das nicht nur in diesem Prozess. Auch in den anderen Ermittlungsverfahren, die gegen ihn liefen und laufen, sieht sich Sarkozy als Opfer einer Justiz, der er Parteinahme vorwirft. Er habe den Eindruck, die «Finanzstaatsanwaltschaft sei nur für ihn gegründet» worden, sagte Sarkozy in dem Prozess. Er müsse sich «jede Woche mit einer neuen Affäre» auseinandersetzen. Die Finanzstaatsanwaltschaft hatte sich im Dezember gegen Sarkozys Angriffe verteidigt.

«Pflicht, den Rechtsstaat zu respektieren»

«Dieser Prozess ist kein Rachefeldzug gegen einen ehemaligen Präsidenten der Republik», sagte der Staatsanwalt vor Gericht. Ein ehemaliger Staatschef habe «Rechte, die es zu respektieren gilt, aber auch die Pflicht, den Rechtsstaat zu respektieren».

Am 17. März wird Sarkozy wieder vor Gericht stehen. Dann wird es um die möglicherweise illegale Finanzierung seines Präsidentschaftswahlkampfs 2012 gehen. Auch zur Finanzierung seines Wahlkampfes 2007 wird ermittelt. Sarkozy wird vorgeworfen, illegale Spenden in Millionenhöhe von dem libyschen Diktator Muammar al-Ghadhafi angenommen zu haben. Als Präsident hatte Sarkozy Ghadhafi mit grossem Pomp in Paris empfangen. Ermittler werfen Sarkozy vor, er habe extra einen meterhohen Safe angemietet, um das von Ghadhafi gespendete Bargeld unterzubringen. Aus Sarkozys Umfeld heisst es, im fraglichen Safe seien die Redemanuskripte des Präsidenten verwahrt worden.