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GLP-Politiker in Zürich gewählt
Ein Staatsanwalt wird neuer Gemeinde­rats­präsident

Portrait von Guy Krayenbühl im Rathaus Hard. 15.05.24

Zürcher Gemeinderat: Mit Guy Krayenbühl (GLP) wird ein Staatsanwalt neu höchster Stadtzürcher
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Mit 100 von 117 Stimmen ist Guy Krayenbühl am Mittwoch zum neuen Zürcher Gemeinderatspräsidenten für ein Jahr und damit zum ranghöchsten Stadtzürcher gewählt worden. Der Grünliberale erzielte damit ein respektables Resultat. Zum Vergleich: Seine Vorgängerin Sofia Karakostas (SP) kam vor einem Jahr auf 108 von 117 Stimmen.

Neben dem neuen Ratspräsidenten wählte der Gemeinderat Christian Huser (FDP) zum ersten und Ivo Bieri (SP) zum zweiten Vizepräsidenten.

Experte für Umweltstrafrecht

Der 56-jährige Guy Krayenbühl sitzt seit neun Jahren im Zürcher Gemeinderat. Der studierte Jurist arbeitet seit vielen Jahren als Staatsanwalt, er gilt als Experte für Umweltstrafrecht. Seit 2018 leitet er eine Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, davor war er in der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich für besondere Untersuchungen tätig.

Krayenbühl gehört auch zu den 20 ausserordentlichen Staatsanwälten, die von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft in besonderen Fällen als Sonderermittler eingesetzt werden. Auf Anfrage bestätigt er diese Tätigkeit, macht allerdings keine näheren Angaben zu den von ihm durchgeführten Sonderermittlungen.

Krayenbühl ist verheiratet und lebt im Kreis 3.

Murals, Veloförderung, Limmatufer

Politisch ist der Grünliberale im Stadtparlament in der Vergangenheit nicht gross in Erscheinung getreten. Er zählte auch nicht zu den Vielrednern. Vorstösse hat er allerdings zu ganz unterschiedlichen Themen eingereicht.

Das Spektrum reicht von der Veloförderung über das städtische Personalrecht, die Wohnsituation älterer Menschen und einer Jobplattform für Personen mit Status S bis zur Förderung von Murals, also grosser Wandmalereien, und der Öffnung des Limmatufers zwischen Rathausbrücke und Platzspitz.

In seiner Antrittsrede erinnerte Guy Krayenbühl an ein Lied des legendären Berner Liedermachers Mani Matter (1936–1972): «Die Ballade vom Nationalrat Hugo Sanders». Darin besingt Matter einen fiktiven Nationalrat, der als grosse Hoffnung auf Veränderung gilt und viel verspricht, dann aber zögerlich-untätig bleibt und nichts bewegt.

Dieses Lied komme ihm oft in den Sinn, wenn es um das Schreiben von Reden und um Politik gehe, sagte Krayenbühl. Sanders habe seine geplante grosse Rede immer wieder korrigiert, ergänzt und Teile daraus gestrichen, wie es in der Ballade heisst. Mit dem Resultat, dass die Amtsdauer verstreicht, ohne dass er seine Rede je gehalten hätte.

So sei es ihm in den vergangenen Tagen auch ergangen, sagte Krayenbühl. Doch anders als Sanders mache er es jetzt anders und werde – «ein wenig nervös zwar» – seine Rede halten.

«Tiefer Einblick ins Gemeinwesen»

«Wir treffen uns jeden Mittwoch hier, um gemeinsam über die Geschicke und die Zukunft unserer Stadt zu debattieren und zu entscheiden», sagte der frisch gewählte Ratspräsident.

Seit neun Jahren sei er Mitglied dieses Mittwochsclubs, wie der frühere AL-Gemeinderat Niklaus Scherr den Zürcher Gemeinderat einst treffend genannt habe. Er empfinde dies noch immer als grosses Privileg, sagte Krayenbühl. Das Spannende sei, dass man als Gemeinderat einen tiefen Einblick in unser Gemeinwesen bekomme.

«Tout Zurich» – mit Ausnahmen

Politik erweitere zudem das persönliche Wissen und öffne einem die Augen für vieles, sagte er. Als Bereicherung empfinde er auch die vielen Ratskolleginnen und -kollegen mit den unterschiedlichsten persönlichen Hintergründen und politischen Ideen: «Im Gemeinderat sieht man ‹Tout Zurich›.»

Allerdings fehle immer noch der grosse Anteil der ausländischen Menschen, die hier wohnten und Steuern zahlten, aber nicht mitbestimmen könnten, sagte Krayenbühl weiter. Er sei aber überzeugt, dass sich das Prinzip «No taxation without representation» dereinst auch bei uns durchsetzen werde.

In seiner Rede streifte der GLP-Politiker auch die aktuellen Probleme unserer Zeit. Zuerst die Pandemie, jetzt die Kriege in Europa und im Nahen Osten, der Klimawandel, die Migration oder die Polarisierung der Gesellschaft – es sei eine Zeit mit grossen Herausforderungen, eine Zeit, «die uns allen eine grosse geistige Beweglichkeit abverlangt».

«Machen wir es nicht anders, wird es nie anders»

Krayenbühl gab sich zuversichtlich, dass auch die Mitglieder des Zürcher Stadtparlaments mit ihrem Engagement in der Politik einen kleinen Beitrag dazu leisten könnten, die grossen Herausforderungen zu meistern.

Und dann kam er nochmals auf Matters Ballade zurück: «Machen wir es anders als der Sanders. Denn machen wir es nicht anders, wird es nie anders.» Krayenbühl rief die Ratsmitglieder auf, ihre Ideen einzubringen, respektvoll zu debattieren, sich gegenseitig gut zuzuhören – und den demokratischen Institutionen Sorge zu tragen.