Grosse Nachfrage wegen CoronaReicht der Grippe-Impfstoff aus?
Wegen Corona wollen sich dieses Jahr deutlich mehr Menschen gegen die Grippe impfen lassen.
Normalerweise wird empfohlen, sich zwischen Mitte Oktober und Mitte November gegen die saisonale Grippe (Influenza) zu impfen. Doch wer das jetzt bei der Hausärztin oder dem Apotheker tun will, wird meist auf später vertröstet: Erst wenige haben den Impfstoff schon erhalten.
Corona und Grippe – unberechenbare Kombination
Der Grund für die Verspätung ist die stark gestiegene Nachfrage in allen Ländern. Allein hierzulande gehen die Fachleute von einem Plus von 30 Prozent und mehr aus. «Die Menschen wollen sich angesichts der Corona-Pandemie zumindest gegen das schützen, was man kann», vermutet Carlos Quinto vom Zentralvorstand der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH und dort zuständig für den Bereich Public Health. Zudem wisse man heute noch nicht, welche Folgen es hat, wenn jemand gleichzeitig an Grippe und an Covid-19 erkrankt.
Deshalb kommt für Quinto, der selbst als Arzt in Pfeffingen BL tätig ist, das gestiegene Bedürfnis nicht überraschend, sich impfen zu lassen. Die FMH habe denn auch bereits zu Beginn der Pandemie im Frühling den Bund darauf hingewiesen, dass dieses Jahr mehr Grippe-Impfstoff notwendig sei und die Beschaffung schwieriger werden könnte als üblich. Dazu muss man wissen: Weil es nur wenige Hersteller gibt, steht jedem Land ein gewisses Kontingent an Impfdosen zu. Aufgabe des Bundesamts für Gesundheit (BAG) ist es, diese Menge rechtzeitig vertraglich zu sichern – damit Arztpraxen, Apotheken und Spitäler die Impfungen dann problemlos beim Hersteller oder Grossisten beziehen können.
Keine Nachteile für Patienten
Die Lieferverzögerungen dürften für die Patientinnen und Patienten allerdings keine nachteiligen Folgen haben. Ab Anfang November steht der Impfstoff den meisten Arztpraxen und Apotheken zur Verfügung. Nach erfolgter Impfung braucht der Organismus dann ungefähr zwei Wochen, bis er den Schutz aufgebaut hat. «Da bleibt genügend Zeit», sagt Allgemeinmediziner Carlos Quinto, «denn mit der Grippewelle ist erfahrungsgemäss erst ab Ende Dezember, Anfang Januar zu rechnen.»
Eine andere Frage ist: Hat die Schweiz im internationalen Wettbewerb genug Impfstoff ergattern können? Beim BAG geht man davon aus, dass die – auch dank Nachverhandlungen – schliesslich zugesicherten 1,8 Millionen Dosen genügen (zum Vergleich: In anderen Jahren waren es jeweils 1,2 Millionen). Zurückhaltender sagt es FMH-Vertreter Carlos Quinto: «Ich hoffe, es reicht.»
Vielleicht kommt es aber auch weniger schlimm als befürchtet: Die Länder auf der Südhalbkugel, wo der Winter schon vorbei ist, hatten weniger Influenza-Fälle zu verzeichnen als sonst. Das Befolgen der Corona-Hygieneregeln wirkt eben auch sehr effizient gegen die Grippe-Übertragung.
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