Knochenfund in ZürichBeim Grossmünster lagen Skelette nur einen halben Meter unter der Pflasterung
Die Stadtarchäologie hat zahlreiche Gräber des früheren Grossmünster-Friedhofs freigelegt. Die Funde geben Auskunft über damalige Bestattungsformen.

Im Zürcher Ober- und Niederdorf werden derzeit Werkleitungen saniert. Unter anderem muss die Stadt auf dem Grossmünsterplatz neue Gas- und Wasserleitungen verlegen.
Diese Bauarbeiten verliefen auch durch den ehemaligen Grossmünster-Friedhof und durch «bisher ungestörten Boden», wie das Hochbaudepartement am Dienstag bekannt gab. Die Stadtarchäologie Zürich hat diese Arbeiten mit Ausgrabungen und Bauuntersuchungen begleitet, um das historische Kulturgut zu schützen.
Der Friedhof war dicht belegt
Gemäss Mitteilung haben die Archäologinnen und Archäologen dabei zahlreiche Gräber freigelegt und die Überreste von 84 bestatteten Personen geborgen und dokumentiert.

Der Friedhof Grossmünsterplatz wurde vom Mittelalter bis 1786 genutzt und war in den «Oberen Kirchhof» (Zwingliplatz) und den «Unteren Kirchhof» (Grossmünsterplatz) aufgeteilt. Die vielen verstreuten menschlichen Knochen würden zeigen, dass der Friedhof über eine lange Zeit dicht belegt worden sei.
Aussergewöhnliche Ausrichtung der Skelette
Die Skelette lagen sowohl von Ost nach West als auch von West nach Ost ausgerichtet in der Erde, was gemäss Mitteilung aussergewöhnlich ist. Traditionell seien die Verstorbenen damals mit dem Kopf im Westen mit Blick gegen Osten bestattet worden.
Die obersten Skelette – auf den meisten Friedhöfen werden Verstorbene übereinander beerdigt – befanden sich ausserdem nur knapp einen halben Meter unter der aktuellen Pflasterung. Die meisten wurden auf dem Rücken ausgestreckt mit überkreuzten oder entlang des Körpers gelegten Armen begraben.

Knochen werden erneut bestattet
Die Stadtarchäologie Zürich sorge für einen pietätvollen Umgang mit menschlichen Überresten, heisst es weiter. Eine anthropologische Voruntersuchung der Skelette ist für 2025 geplant.
Die Skelette werden dazu in einem eigens gesegneten Depot zwischengelagert. Einzelknochen ohne Zusammenhang werden umgehend nach den Ausgrabungen auf dem städtischen Friedhof im Sihlfeld bestattet.
Spannende Funde in Zürichs Untergrund
Im Zuge von Bauarbeiten in verschiedenen Stadtteilen von Zürich fördern Archäologinnen und Archäologen immer wieder Erstaunliches zutage. So entdeckten sie 2017 bei Bauarbeiten am Schulhaus Kern in Aussersihl das Grab einer Keltenfrau, die vor über 2200 Jahren hier gelebt hat. Sie wurde in einem Eichenbaumstamm-Sarg mit Grabbeigaben – darunter eine kostbare Glas- und Bernsteinperlenkette – bestattet.
1981 wurde bei Grabungen beim Zürcher Opernhaus ein über 5000 Jahre altes Kupferbeil entdeckt – von einem Unbekannten, der es damals mitgehen liess. 2022 gab er das Fundstück reuig zurück. Ein ähnliches Beil hatte auch Gletschermann Ötzi auf sich getragen. Ob das Zürcher Kupferbeil als Werkzeug oder Waffe genutzt wurde, ist offen. Es könnte auch einem rituellen Zweck gedient haben.
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