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Verdacht auf Plagiate und Titelschwindel
Gewerbeverband lässt Vorwürfe gegen künftigen Direktor extern untersuchen

Ein externes Gutachten soll Klarheit über Henrique Schneiders Seriosität schaffen.
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Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) ist in einer heiklen Situation. Einerseits hat er Henrique Schneider bereits als Nachfolger von Hans-Ulrich Bigler gewählt, der pensioniert wird. Am 1. Juli soll Schneider sein Amt als neuer Direktor antreten. Dies hat das Gewerbeparlament im Februar einstimmig befunden. Heute ist er als stellvertretender Direktor tätig.

Andererseits hat die «NZZ am Sonntag» publik gemacht, dass Henrique Schneiders Name bei Artikeln und Veranstaltungen mehrfach mit falschen Titeln wie Professor und Doktor geschmückt wurde. Das macht sich schlecht für einen Verbandsdirektor, der über 600’000 Unternehmen vertritt. Der SGV-Vorstand hat deshalb heute Dienstag entschieden, ein externes Gutachten in Auftrag zu geben.

Dabei soll Henrique Schneider auch die Gelegenheit erhalten, Stellung zu beziehen und die Vorwürfe zu widerlegen. Die Untersuchung soll noch vor dem geplanten Amtsantritt am 1. Juli abgeschlossen sein.

«Dieser Fehler tut mir leid»

Konkret geht es etwa um einen Auftritt Schneiders vor der deutschen AfD 2021. Damals sprach er hinter einem Namensschild mit der Aufschrift «Prof. Dr. Schneider». Auch publizierte er mehrmals in der Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift (ASMZ) unter «Prof. Dr. Henrique Schneider, Analyst und Consultant». Dies, obwohl er gegenüber dieser Zeitung festhält: «Ich führe keine akademischen Titel und interveniere, wenn immer ich frühzeitig genug merke, dass solche Titel und Funktionsbeschreibungen mit mir in Verbindung gebracht werden.»

Dies dürfte allerdings weder beim Auftritt vor der AfD noch bei der ASMZ geschehen sein. Jedenfalls versichert der damalige ASMZ-Chefredaktor Roland Beck, er habe die persönlichen Angaben stets bei den Autoren angefordert. «Militärischer Titel, Vorname und Name, akademischer Titel, Wohnort und Postleitzahl: Das haben wir strikt durchgezogen», so Beck. Hinzu komme, dass Schneider mehrere Artikel für die ASMZ geschrieben habe. Und er habe nie interveniert, man schmücke ihn mit falschen Titeln.

Damit konfrontiert, schreibt Henrique Schneider: «Sollte das der Fall gewesen sein, dann ist das ein Fehler gewesen. Dieser Fehler tut mir leid, denn ich bemühe mich darum, keine akademischen Titel zu führen.»

«Im Sinne des Verbands»

Neben Titelschwindelei werden Schneider auch Plagiate vorgeworfen. Er hat neben seiner Festanstellung beim Gewerbeverband über so unterschiedliche Themen wie chinesische Philosophie, Digitalisierung und Kosovo publiziert. Die «NZZ am Sonntag» hat 15 Schriften vom österreichischen Plagiatsforscher Stefan Weber untersuchen lassen. Dessen Fazit: «In der Summe ergibt sich der begründete Verdacht von schwerwiegendem wissenschaftlichem Fehlverhalten über mindestens zehn Jahre hinweg.»

Wer mit der Untersuchung betraut werden soll, ist noch offen. Die Suche nach einer Gutachterin oder einem Gutachter werde wohl einige Tage in Anspruch nehmen, sagt SGV-Präsident Fabio Regazzi. Ungeklärt ist auch, wer den Verband leiten wird, falls die Untersuchung zu einem belastenden Ergebnis kommt. «Wir machen jetzt Schritt für Schritt», so Regazzi. Henrique Schneider begrüsst den Entscheid «im Sinne des Verbands» und will sich nicht weiter dazu äussern.