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Initianten starten Crowdfunding
Konzerne sollen doch noch in die Verantwortung genommen werden

Sie waren während des Abstimmungskampfs nicht zu übersehen: Die orangen Flaggen, die für die Konzernverantwortungsinitiative warben.
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Der Kampf um die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) war äusserst emotional. Die Initianten fuhren eine von langer Hand vorbereitete Kampagne und scheiterten am 29. November 2020 an der Urne nur knapp: Das Volk sagte zwar mit 50,7 Prozent Ja zur Initiative, aber das Vorhaben scheiterte am Ständemehr.

«Wir akzeptieren zwar das Abstimmungsresultat», betont Chantal Peyer, Vorstandsmitglied des Trägervereins und Teamleiterin Ethisch Wirtschaften bei Brot für alle: «Aber wir verstehen das Volksmehr auch als Auftrag, die Grossunternehmen in die Pflicht zu nehmen.» Das Engagement von Zehntausenden Privatpersonen und die politisch sehr breite Unterstützung hätten gezeigt, dass die Schweizer Bevölkerung Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen durch Schweizer Konzerne nicht länger toleriere.

Ziel ist eine halbe Million Franken

Der Trägerverein der Konzerninitiative hat kürzlich an einer Delegiertenversammlung beschlossen, sich nicht aufzulösen und weiterzukämpfen. Das geht jedoch nicht ohne Geld. Deshalb startet der Verein jetzt eine Spendenaktion oder Crowdfunding, wie das neudeutsch heisst. «Unser Ziel ist rund eine halbe Million Franken», sagt Geschäftsleiterin Rahel Ruch.

Unterstützerinnen und Unterstützer aus dem letzten Abstimmungskampf erhalten diese Tage einen Brief. Gesucht werden mindestens 5000 Personen, die zwischen 50 und 150 Franken spenden. Damit sollen 280 Stellenprozente im Sekretariat ermöglicht werden. Verschiedene Nichtregierungsorganisationen haben laut Ruch bereits für einen Mitgliederbeitrag zugesagt.

«Wir wollen aufzeigen, dass dieser Alibi-Gegenvorschlag keine Veränderung bringt.»

Rahel Ruch, Geschäftsleiterin Konzernverantwortungsinitiative

Aber was will der Verein ganz konkret? Auf der politischen Agenda steht als Nächstes die Vernehmlassung zum Gegenvorschlag zur Initiative, welcher der Bundesrat am 14. April verabschiedet hat. Zwar lässt Ruch kein gutes Haar am Gegenvorschlag: Es fehlten Kontrollmöglichkeiten, fehlbare Konzerne hätten kaum Konsequenzen, geschweige denn Sanktionen zu befürchten. Aber allzu viel Energie wolle man nicht in die Bekämpfung stecken, ein Referendum sei keine Option, sagt Ruch. Man wolle jedoch aufzeigen, wieso dieser «Alibi-Gegenvorschlag» keine Veränderungen bringe.

Die Vernehmlassung läuft bis Mitte Juli, der Bundesrat sagt, dass er das Gesetz mit der entsprechenden Verordnung auf den 1. Januar 2022 in Kraft setzen wolle. Da es eine einjährige Übergangsfrist gibt, müssen die Unternehmen 2024 erstmals Bericht erstatten über das Geschäftsjahr 2023.

Initianten hoffen auf ein scharfes EU-Gesetz

Vielmehr hofft der Trägerverein auf Rückenwind aus der EU. Im Sommer dürfte die EU-Kommission neue Richtlinien präsentieren, wie Konzerne Menschenrechte und internationale Umweltstandards auch bei Auslandgeschäften künftig besser respektieren sollen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter habe sich im Abstimmungskampf immer wieder dahinter versteckt, dass der Bundesrat ein international abgestimmtes Vorgehen möchte, so Ruch: «Sobald die EU ein Gesetz erlässt, gibt es keine Ausreden mehr.» Dann wolle man via Parlament Druck aufbauen, betont Peyer: «Wir wollen auf ein neues Konzernverantwortungsgesetz hinarbeiten, das sich an der EU-Gesetzgebung anlehnen soll.»

Bei Economiesuisse nimmt man den neuen Anlauf des Trägervereins gelassen. «Das ist reines Politmarketing und nicht sehr sachdienlich», sagt Geschäftsleitungsmitglied Erich Herzog. In der Schweiz gelte es jetzt, den Gegenvorschlag umzusetzen, der mit den Regeln in der EU abgestimmt ist. Mit der Ablehnung der Konzernverantwortungsinitiative habe die Schweiz sich gegen eine extreme Regelung, die primär auf eine neue Haftung setzt, ausgesprochen. Momentan sei noch völlig offen, was die EU-Kommission vorschlagen werde.

Aber das wird die Befürworter von mehr Transparenz und einem moralisch einwandfreieren Benehmen der Konzerne nicht daran hindern, schon in einem frühen Stadium ihre Kampagne einzuleiten. Das haben sie bei der Konzernverantwortungsinitiative auch getan, und sie hätten fast einen Überraschungscoup gelandet – gegen die Wirtschaft und einen Grossteil der bürgerlichen Parteien.