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Drohung mit dem Richter
Geschäftsmieter wollen Zinserlass erzwingen

Insbesondere städtische Restaurantbesitzer müssen teilweise bis zu 40 Prozent ihrer Einnahmen für Mieten hinblättern. Fällt der Umsatz wie in den letzten Wochen vollständig weg, ist die Existenz schnell einmal bedroht.
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Sie servieren regionale Produkte und präsentieren lokale Köpfe. Normalerweise. Seit dem Lockdown dominiert für Domi Meyer, der mit seiner Frau eine Kulturbeiz in Luzern betreibt, der Kampf ums Überleben. Er wandte sich an seine Verwaltung mit einem Gesuch um Mietzinserlass. Gewährt wurde ihm lediglich eine Stundung, die Miete muss er später vollumfänglich bezahlen, wie der Mieterverband der Innerschweiz Mitte April publik machte.

Skepsis gegenüber dem Parlament

Es sind solche Fälle, welche Armin Zucker tagtäglich zu hören bekommt. Der Vizepräsident und Gründer des Verbands der Geschäftsmieter will dem nicht mehr tatenlos zusehen. Er begrüsst zwar die Bestrebungen des Parlaments, den Bundesrat zu einem verbindlichen Mietzinserlass zu drängen. Aber der Anwalt ist skeptisch, ob das Parlament tatsächlich einen solchen beschliesst. «Wir werden in diesen Tagen einen Pilotprozess initiieren, um den Geschäftsmietern zu ihrem Recht zu verhelfen», sagt Zucker. «Unsere Juristen sind überzeugt, dass Geschäftsmietern, die während des Lockdown ihren Laden schliessen mussten, die Miete vollständig erlassen werden muss.»

«Das sind nichts anderes als Krisenprofiteure.»

Armin Zucker, Vizepräsident des Verbands der Geschäftsmieter

Gütliche Regelungen zwischen Vermieter und Besitzer von Gewerbeflächen gebe es zwar in einigen wenigen Fällen, aber die bisher zuweilen sture Haltung des Hauseigentümerverbandes (HEV) verhindere eine krisengerechte Lösung. Der Gründer des inzwischen über 30-jährigen Verbands geht hart ins Gericht mit unnachgiebigen Vermietern: «Das sind nichts anderes als Krisenprofiteure.»

Auch der Mieterverband wird aktiv: Aus seiner Sicht handelt es sich bei der behördlich angeordneten Betriebsschliessung um einen sogenannten Mangel an der Mietsache, für den der Vermieter aufkommen muss. «Wir werden unsere Mitglieder beim Gang vor die Gerichte konkret unterstützen», sagt Generalsekretärin Natalie Imboden. Die Kläger können sich dabei auf ein eigens erstelltes Rechtsgutachten stützen.

Kompromissvorschlag für Kleine

Bisher brachte der Bundesrat bei dem seit Wochen schwelenden Streit zwischen der Mieter- und Vermieterschaft nicht viel zustande. Eine von Wirtschaftsminister Guy Parmelin eingesetzte Arbeitsgruppe scheiterte, eine Einigung wurde nicht erzielt. Der Bundesrat lehnte es ab, in diesen Markt einzugreifen. Er verlängerte lediglich die Nachfrist für die Bezahlung fälliger Mieten.

Vor einer Woche nahm die Wirtschaftskommission des Nationalrats das Zepter in die Hand. Sie hat eine Motion mit der Forderung eingereicht, dass die Mieter während des Lockdown nur 30 Prozent der Miete schulden. Seit Dienstag berät nun die ständerätliche Schwesterkommission, wie der Mietstreit entschärft werden könnte. Kurz vor deren Sitzung bewegte sich erstmals auch die Vermieterseite.

Der Verband Immobilien Schweiz (VIS), der die grossen institutionellen Vermieter vertritt, wandte sich mit einem Brief an die Ständeräte, den die NZZ publik machte. Ihr Vorschlag: Kleinunternehmen und Selbstständigerwerbenden, deren Bruttomiete den Betrag von 5000 Franken pro Monat nicht übersteigt, soll die Miete für zwei Monate erlassen werden. Nur die Nebenkosten müssten weiterhin bezahlt werden. Der Ausfall soll gemäss VIS voll von den Immobilieneigentümern getragen werden, dem Staat sollen keine Kosten entstehen. Von der Lösung sollen gezielt nur kleinere Unternehmen profitieren.

430 Millionen Franken pro Monat

Ob und allenfalls wie die Ständeräte auf diesen Vorschlag einsteigen, geben sie am Mittwoch bekannt. Die Vorschläge der Nationalräte und Ständeräte kommen nächste Woche in die ausserordentliche Session. Die Wirtschaftskommission der kleinen Kammer könnte auch die Erarbeitung einer eigenen Notverordnung anstossen.

Dabei geht es um erkleckliche Beträge. Wüest Partner schätzt die Summe der jährlich bezahlten Mieten für Gewerbeflächen insgesamt auf rund 12 Milliarden Franken. Abzüglich der nicht betroffenen Branchen könne man von einem Gesamttotal von rund 430 Millionen Franken pro Monat an Mietzinsen ausgehen, die für nicht oder nur stark eingeschränkt nutzbare Flächen im Zuge der Covid-19-Verordnung 2 bezahlt werden, sagte Patrick Schnorf von Wüest Partner in der «Handelszeitung».