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Teilsieg vor Bundesgericht
Gefängnis Pöschwies muss Brians Haftbedingungen anpassen

«Im Widerspruch zu einem menschenrechtskonformen Haftvollzug»: Brian bei einer Gerichtsverhandlung.
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Die Haftbedingungen von Brian – dem wohl bekanntesten Inhaftierten der Schweiz – müssen möglicherweise gelockert werden, wie das Bundesgericht am Freitag mitteilt.

Seit März 2017 ist Brian im Gefängnis (früher war er unter dem Pseudonym Carlos bekannt). Immer wieder stellte der mittlerweile 26 Jahre alte Mann ein Gesuch, um aus der Haft entlassen zu werden. Und immer wieder reichte er Beschwerde gegen seine Haftbedingungen ein.

Er sitzt nach wie vor in der Zürcher Justizvollzugsanstalt Pöschwies in Sicherheitshaft. Das heisst: Seit dreieinhalb Jahren verbringt er 23 Stunden am Tag allein in einer Zelle, seit Neuestem in einer eigens für ihn angefertigten Spezialzelle mit Spazierhof. Auch beim Hofgang bleibt er isoliert.

Das könnte sich ändern. Das Zürcher Obergericht «muss umgehend die Erstellung eines situationsangepassten Konzepts für mögliche Lockerungen des Haftregimes an die Hand nehmen». So steht es in der Mitteilung des Bundesgerichts. Eine Entlassung Brians zieht das Gericht laut Mitteilung «angesichts des von ihm ausgehenden Sicherheitsrisikos vorläufig weiterhin nicht in Betracht».

«Nicht menschenrechtskonform»

Das Urteil des Bundesgerichts kann als Rüge an die Zürcher Justiz verstanden werden. In diversen Urteilen hatte das oberste Gericht Bedenken über Brians Haftbedingungen geäussert. Allein dieses Jahr bereits dreimal. Zwar sei der harte Umgang mit Brian zurzeit gerade noch vertretbar, meinte das Bundesgericht, aber es stelle sich «auf Dauer die Frage eines menschenwürdigen Haftregimes». «Überdies wäre zu erwarten, dass die Vollzugsbehörden inzwischen grundsätzliche Überlegungen zum Haftvollzug angestellt haben und zumindest ein Konzept vorlegen könnten, wie sich die Lockerungen der Haftbedingungen angehen liessen.»

Brians Anwälte hatten den Vorwurf der Folter erhoben. Auch Nils Melzer, der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, kritisierte das Haftregime. Im Juni 2021 intervenierte er beim Bundesrat. Melzer forderte eine unabhängige Untersuchung sowie die sofortige Lockerung der Haftbedingungen. Keine Arbeit, keine Freizeitgestaltung, Einzelhaft: Mit der Behandlung des Häftlings verstosse die Schweiz gegen die Anti-Folter-Konvention. Der Bundesrat verwies damals an den Kanton, der für den Justizvollzug zuständig sei.

«Dass sich die Haftbedingungen nicht menschenrechtskonform ausgestalten liessen, würde auf eine Kapitulation des Rechtsstaats hinauslaufen.»

Aus einer Mitteilung des Bundesgerichts

Nun richtet das Bundesgericht deutliche Worte an die Adresse der Zürcher Justiz: Auch wenn es sich bei Brian nicht um eine eigentliche Isolationshaft handle, so liege dennoch ein weitgehend abgeschirmter Vollzug mit sehr beschränkten Möglichkeiten zur sinnvollen Gestaltung des Tagesablaufs vor. «Das steht im Widerspruch zu den Anforderungen an einen menschenrechtskonformen Haftvollzug.»

Deshalb erwartet das Bundesgericht eine umgehende Reaktion des Zürcher Obergerichts. Die Mitteilung schliesst das oberste Gericht mit folgenden Worten: «Dass sich die Haftbedingungen überhaupt nicht menschenrechtskonform ausgestalten liessen, ist nicht ersichtlich und würde auf eine Kapitulation des Rechtsstaates hinauslaufen.»