Funeral PlannerinSie organisiert Gedenkfeiern, wie andere Hochzeiten planen
Vom Catering über die passende Urne bis zur Podcast-Empfehlung: Die Winterthurerin Julia Zink plant Trauerfeiern bis ins kleinste Detail. Sie ist eine der ersten Beerdigungsplanerinnen der Schweiz.
Wie eine Hochzeitsplanerin, einfach für Gedenkfeiern. So beschreibt Julia Zink ihren Beruf.
Wer eine Trauerfeier planen möchte, geht zu ihr. Dabei spielt es keine Rolle ob es die eines Angehörigen oder die eigene ist. Sie übernimmt die Organisation bis ins kleinste Detail – vom Catering und der Trauerrede bis hin zu Blumen und dem Verschüttungsort der Asche.
Seit drei Jahren ist Zink Funeral Plannerin. Auf den ersten Blick wirkt die 46-jährige Winterthurerin nicht wie jemand, der sich freiwillig intensiv mit dem Tod beschäftigt. Sie macht beim Treffen in Winterthur einen fröhlichen, lebhaften Eindruck, gestikuliert beim Sprechen viel. Doch Zink sagt, Gedenkfeiern zu planen, erfülle ihr Leben mit Sinn. Als Kind wollte sie mal Hebamme werden. «Aber das hat durchaus Parallelen zum Funeral Planning. Auch hier geht es ums Leben. Ich fokussiere einfach auf den Lebensrückblick und nicht auf den Lebensbeginn», sagt sie.
Eine Plattform für den Tod
Anders als der englische Begriff vermuten lässt, führt Zink keine Beerdigungen durch. Denn Bestatterin ist sie nicht, die erdliche Beisetzung des Leichnams übernimmt sie also nicht. Sie organisiert spezifisch Gedenkfeiern. Ob diese mit der Beerdigung zusammen stattfinden, ist jedem selbst überlassen. Wer möchte, kann sich von ihr Bestatterinnen und Trauerredner vermitteln lassen. Zinks Funeral-Netzwerk ist riesig und umfasst alles, was man als Angehörige benötigen könnte, Erbrechtsspezialisten und Urnentöpferinnen inklusive. Die Kontakte sowie Literatur- und Podcastempfehlungen und einen eigenen Videoblog zum Thema Tod findet man auf ihrer Website Dieletztefeier.ch. Diese, so Zink, soll als allumfassende Plattform zum Thema Tod fungieren und das Thema enttabuisieren.
Zinks Angebot stösst auf Interesse. Diverse Anfragen haben sie bereits aus Winterthur und der Ostschweiz erreicht. Besonders Menschen im Hospiz oder solche, die mit Exit den Freitod wählen, gehören zu ihren Kunden. Für sie ist es ein grosses Anliegen, Angehörige zu entlasten. «Man soll sich an der Feier zurücklehnen und dem Abschiednehmen widmen können. Ich übernehme alles andere», sagt sie.
Kantonale Wochenfrist setzt Angehörige oft unter Druck
Die Idee kam ihr vor rund acht Jahren, als sie noch als Regieassistentin tätig war. Sie erlebte, wie ein Schauspieler plötzlich seine Schwester verlor. Der junge Mann musste sich, neben intensiven Proben und Auftritten, auch mit der Beerdigung und Gedenkfeiern beschäftigen. «Ich war erstaunt, dass es kein Angebot gab, das ihm diese Aufgabe in dem Moment abnehmen konnte», sagt sie. 2021 beschloss sie, sich in das Thema zu vertiefen und das Unternehmen zu gründen.
In der Schweiz ist Zink eine der ersten Funeral Plannerinnen. In den USA und Deutschland ist das Angebot etablierter. Um einen regelmässigen Lebensunterhalt sichern zu können, arbeitet sie zurzeit auch noch bei einer Künstleragentur. Sie strebt aber an, den Gedenkfeiern bald hauptberuflich nachzugehen.
Wer das Planen der Feier lieber selbst übernehmen möchte, findet auf der Website auch detaillierte Checklisten und Leitfäden, die Orientierung bieten. Dort wird betont, dass man sich nicht stressen lassen sollte. «Besonders wer eine Kremation wünscht, kann sich für das Streuen oder Beisetzen der Asche durchaus Zeit nehmen», sagt Zink. Bei einer Erdbestattung mit Sarg sei das anders: Im Kanton Zürich gilt in dem Fall grundsätzlich die kantonale Wochenfrist.
Jedoch werden Gedenkfeiern, separat vom eigentlichen Begräbnis, immer beliebter. «Im ersten Moment wirkt es vielleicht despektierlich, einen Todesfall mit einer grossen Feier in Verbindung zu bringen. Ich beobachte aber, dass sich die meisten Leute bei der Frage ‹Wie soll deine Beerdigung aussehen?› ein Fest und keinen Traueranlass wünschen», sagt Zink. Das sei insbesondere für die Angehörigen tröstend. «Die Familie erhält im Rahmen einer Feier auch die Möglichkeit, den Fokus vom Verlust auf das Leben des verstorbenen Menschen zu richten.»
Eine Beerdigung mit Schlagzeug und 500 Gästen
Je involvierter die beizusetzende Person, desto authentischer die Feier, sagt Zink. Immer wieder erlebe sie, wie «unglaublich tröstend» das von den Hinterbliebenen empfunden werde. So könne die Gedenkfeier beispielsweise auf einem Fussballfeld des Lieblingsclubs oder, für begeisterte Töffli-Fans, in einer Motorradgarage stattfinden.
Die bisher grösste Feier führte sie für den in Winterthur gut vernetzten und bekannten Unternehmer Christian «Chrigel» Hunziker durch. Wegen seines Krebsleidens wählte er mit 63 Jahren mit Exit den Freitod. Seine Partnerin und er meldeten sich bei Zink. Zu dritt notierten und finalisierten sie seine Wünsche.
Hunziker hatte klare Vorstellungen: Die Gedenkfeier sollte für alle öffentlich im Winterthurer Salzhaus stattfinden und ein Fest sein. Eine Schweigeminute kam für ihn als ehemaligen Schlagzeuger nicht infrage. Deswegen organisierte Zink neben der Bühne ein Schlagzeug, auf dem die rund 500 Gäste spielen durften. «So erwiesen sie ‹Chrigel› eine letzte Ehre und verabschiedeten sich laut, so wie er es mochte», sagt Zink.
Sie wünscht sich, dass sich jede Person, ob gesund oder nicht, mit der eigenen Gedenkfeier auseinandersetzt. «Man glaubt gern, dass man für das Planen des eigenen Ablebens ewig Zeit hat. Aber ich könnte ja morgen vom Tram überfahren werden, auch wenn ich heute gesund bin.» Umso wichtiger sei es, sich möglichst früh mit dem Thema zu beschäftigen.
Und ihre eigene Beerdigung? Die sei noch nicht ganz fertig geplant, räumt sie ein. «Ich rede aber so oft darüber, dass meine Liebsten das Wichtigste schon wissen.»
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