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Religion und LGBTI
Für sie ist Homosexualität nur ein Symptom

Glaubt, Homosexualität lasse sich verändern: Markus Hoffmann, Mitgründer von «Wüstenstrom» und «Bruderschaft des Weges».
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Homosexualität ist überwindbar. Das denken viele Vertreter von Freikirchen oder aus konservativ-christlichen Kreisen. Oft stürzen sie in eine Sinnkrise, wenn sie spüren, dass sie lesbisch oder schwul sind. Hilfe versprechen selbst ernannte Therapeuten, die Homosexuelle «umpolen» wollen. 

In Deutschland hat der Bundestag solche Konversionstherapien vor zwei Wochen weitgehend verboten. Das Gesetz sieht vor, dass die umstrittenen Therapien bei unter 18-Jährigen untersagt werden. Das Verbot soll zudem gelten, wenn Erwachsene einem «Willensmangel» unterliegen – etwa durch Täuschung, Irrtum, Zwang oder Drohung. Auf den Weg gebracht hat das neue Gesetz der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der offen homosexuell lebt. In der Schweiz sind die Konversionsbehandlungen bis auf weiteres erlaubt

Die Schweiz – der Zufluchtsort

Bereits wenige Tage nach Erlass zeigen sich Auswirkungen des Verbots: Die Schweiz wird zum Zufluchtsort für religiöse Fundamentalisten aus Deutschland. «Die Bruderschaft des Weges», eine deutsche Vereinigung von homosexuellen christlichen Männern, hat kürzlich einen Verein mit Schweizer Sitz gegründet. Zuvor war die Organisation im schwäbischen Tamm angesiedelt.

Die «Bruderschaft des Weges» sieht sich durch das neue Gesetz in Deutschland diskriminiert und wehrt sich, im Zusammenhang mit Konversionstherapien genannt zu werden, von denen man sich distanziert. Auf der Website des Vereins ist die Rede von Veränderungen der Sexualität im Zuge eines «ergebnisoffenen Prozesses».

«Sexualität kann sich verändern»

Tatsächlich sind die Gemeinsamkeiten mit den Konversionstherapien unübersehbar. Die «Bruderschaft des Weges» geht ursprünglich aus «Wüstenstrom» hervor, der bekanntesten Organisation für «Umpolungs-Therapien». Mitgründer von «Wüstenstrom» ist der deutsche Sozialarbeiter Markus Hoffmann. Später benannte er seinen Verein in «Institut für dialogische und identitätsstiftende Seelsorge und Beratung» (IdiSB) um. Es war auch das IdiSB, das ein Gutachten erstellt hat, gemäss dem die Aktivitäten der Bruderschaft in Deutschland wohl nicht mehr toleriert werden. 

Auch die «Bruderschaft des Weges» ist der Meinung, dass Homosexualität überwunden werden kann. Man sei überzeugt davon, «dass Sexualität etwas Fluides sein und sich daher auch verändern kann», sagt der Präsident der Bruderschaft Peter Rechsteiner. Homosexualität ist für die Vereinigung oftmals nur eine vorübergehende Lebensphase.

Dazu eine, die durch traumatische Kindheitserlebnisse, belastete Beziehungen zu den Eltern oder durch sexuelle Abhängigkeiten hervorgerufen wird. Das geht aus den Zeugnissen hervor, die Mitglieder der Bruderschaft auf der Website veröffentlicht haben. Ein Mann schreibt dort, seine homosexuellen Gefühle würden mit Selbsthass zusammenhängen. Nachdem er dies erkannt habe, überwand er nach eigener Aussage sein Schwulsein. Ein anderer, unterdessen mit einer Frau verheiratet, schreibt: «Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass meine homosexuellen Gefühle vollständig verschwunden sind. Aber heute kann ich damit umgehen.»

Pink Cross: «Nur vermeintlich freiwillig»

Jetzt also der Umzug in die Schweiz. Doch auch hier stösst die Bruderschaft auf Ablehnung. «Diese Angebote sind nur vermeintlich freiwillig. In Wahrheit besteht in diesen Kreisen ein sozialer Druck, seine Homosexualität zu verändern», sagt Roman Heggli von der Schwulenorganisation Pink Cross. Die Gefahr von traumatischen Erlebnissen sei gross.

Dass die «Bruderschaft des Weges» in die Schweiz zieht, sei angesichts des aus Hegglis Sicht laschen Gesetzes hierzulande typisch. Für ihn ist klar, dass Konversionstherapien verboten werden sollten. Ein entsprechender Vorstoss von Alt-BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti ist im Parlament noch hängig. 

Für Roman Heggli ist die Gesetzeslage ein weiterer Beweis dafür, dass die Schweiz bezüglich LGBTI-Rechten grossen Nachholbedarf hat. Er zitiert ein Ranking der Lesben- und Schwulenorganisation Ilga. Auf einer Liste von 49 europäischen Ländern befindet sich die Schweiz auf Rang 23, hinter Ländern wie Bosnien, Kroatien und Griechenland.