Ermittlungen gegen Frankreichs InnenministerFür den obersten Polizisten müssen strengere Regeln gelten
Gegen den neuen Innenminister von Frankreich Gérald Darmanin wird ermittelt. Dass der Fall von Beamten untersucht wird, die in direkter Verbindung zu ihm stehen, ist fragwürdig.
Über Frankreichs neuen Innenminister Gérald Darmanin dürfe nicht «auf der Strasse» geurteilt werden, sagte Emmanuel Macron am Dienstag. Das ist völlig richtig. Darüber, ob der Vergewaltigungsvorwurf gegen Darmanin stimmt, entscheidet die Justiz. Und damit die Justiz das entscheiden kann, hat sie Ermittlungen angeordnet. Diese Ermittlungen sind nicht abgeschlossen, sie dauern an.
Es ist also freundlich gesagt frech, wenn Frankreichs Präsident nun so tut, als würde sein Innenminister von feministischen Protesten geschwächt. Das Problem sind nicht die Proteste, das Problem sind die Ermittlungen. Darmanin ist als Innenminister der Chef derjenigen Beamten, die seinen Fall nun untersuchen sollen. Man muss nicht Feministin oder Feminist sein, um das falsch und fragwürdig zu finden.
Macron bedient ein altes Muster: Der Protest von Frauen wird als Hysterie abgetan.
Macron pochte am Dienstag darauf, dass für Darmanin die Unschuldsvermutung gelten müsse. Das tut sie. Nur klingt es inzwischen so, als würden Präsident und Regierung die Unschuld Darmanins für garantiert halten. Damit wird auch die Funktion von Richtern und Ermittlern entwertet. Und die weitere Arbeit am Fall Darmanin wird zu einer Beschäftigungstherapie für Polizisten und Justizbeamte kleingeredet.
Man dürfe nicht «der ständigen Erregung nachgeben», sagte Macron in Bezug auf die Demos, die seit Darmanins Ernennung in ganz Frankreich organisiert werden. Der Präsident bedient ein altes Muster: Der Protest von Frauen wird als Hysterie abgetan. Als wäre es eine überspannte Forderung, wenn man an der Spitze des Innenministeriums keine Person möchte, gegen die Ermittlungen laufen. Bis vor einer Woche war Darmanin noch Haushaltsminister; er konnte dieses Amt trotz des Vergewaltigungsvorwurfs ausüben, ohne dass es zu vergleichbarer Aufregung gekommen wäre. Doch für den «premier flic de France», für Frankreichs obersten Polizisten, wie der Innenminister auch genannt wird, müssen strengere Regeln gelten.
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