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Für die Tenniskarriere büffelt er online

Balancegefühl ist bei Jeffrey von der Schulenburg nicht nur im Umgang mit dem Ball gefragt. Foto: Samuel Schalch
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Die Augen von Jeffrey von der Schulenburg leuchten, wenn er von seinem letzten Tennistrip erzählt. Vor allem vom japanischen Osaka. «Es war richtig crazy», sagt er. «Das Stadion war wunderschön und fast voll, es hatte Tausende von Zuschauern.»

Gespielt wurde am Grade-A-Turnier, einem Event der höchsten Juniorenstufe, im Utsubo Tennis Center, wo kurz zuvor am Frauenturnier Naomi Osaka triumphiert hatte. Von der Schulenburg spielte sich bis in den ­Final, doch da sei ihm alles zu viel geworden. Vor so vielen Leuten sei er noch nie aufgetreten. Er wurde vom Franzosen Harold Mayot 6:1, 6:2 deklassiert.

Es ist ein regnerischer Vormittag zu Hause bei den von der Schulenburgs in Küsnacht an der Zürcher Goldküste. Überall hängen Medaillen und stehen Pokale. Jeffrey, mit 17 das zweitjüngste von vier sportlichen Kindern, erzählt gerne von den letzten Monaten. Nach längerer Stagnation kam plötzlich der Durchbruch: Derweil seine Altersgenossen Dominic Stricker und Leandro Riedi durch Nordamerika tourten und am Juniorenturnier des US Open antraten, nahm er den nächsten Anlauf: Ab Ende August spielte er in Kairo, Kapstadt, Osaka und Nagoya, gewann 26 von 30 Matchs, zwei Turniere und stand je zweimal im Halbfinal und Final.

Vier Junioren in Melbourne

«Seit Ägypten ist es nur noch bergauf gegangen», sagt er strahlend. Er holte in diesen drei Monaten fast alle seine Punkte, ist nun die Nummer 22 im Juniorenranking und kann für 2020 fix planen mit den Junioren-Grand-Slams. Melbourne, Paris, Wimbledon und New York sind die Belohnung für die besten Talente, hier können sie an der grossen Tenniswelt schnuppern. Und wer das einmal erlebt hat, möchte zurück auf die grosse Bühne. In Melbourne dürften im 64er-Juniorentableau gleich vier Schweizer dabei sein: Stricker, Riedi, von der Schulenburg und der ein Jahr jüngere Jérôme Kym.

«Bei den Junioren vorne mitzuspielen, ist keine Garantie für eine Profikarriere», sagt Sven Swinnen, Trainer bei Swiss Tennis. «Pro Jahrgang schaffen es nur zwei, drei Europäer in die Top 100. Aber wer bei den Junioren nicht top ist, hat fast keine Chance.» Seit seinem jüngsten Siegeszug darf von der Schulenburg wieder träumen. Eine hartnäckige Bauchmuskelzerrung hatte ihn lange zurückgebunden. Zudem war er sich nicht sicher, was er wollte. Oder besser: Er wollte den Fünfer und das Weggli, die Matura und eine Tenniskarriere.

Bis 3 Uhr morgens gelernt

Von der Schulenburg besuchte das Kunst- und Sportgymnasium Rämibühl in Zürich, musste aber im letzten Jahr erkennen, dass es ihm zu viel wurde. Manchmal lernte er bis zwei, drei Uhr morgens, und um sechs Uhr musste er wieder aufstehen fürs Tennistraining. Seit diesem Jahr studiert er nun an der Online-Highschool Laurel Springs. Auf Englisch. Das war für ihn anfangs schon eine Umstellung, obschon seine Eltern in Amerika aufgewachsen sind und zu Hause Englisch gesprochen wird. «Ich klinge zwar wie ein Amerikaner», sagt er. «Aber mein Wortschatz ist auf Deutsch schon grösser.»

Bei Swiss Tennis tut man alles, um die Tennishoffnungen zu fördern, die nicht so zahlreich sind wie in Frankreich oder den USA.

Ein Onlinestudium erfordert viel Selbstdisziplin. Der Aufwand ist grösser, als von der Schulenburg gedacht hatte. Drei Stunden täglich muss er sich an den Computer setzen und lernen. Er hat erkannt: «Es ist wichtig, dass ich die schwierigen Fächer mache, wenn ich zu Hause bin. Dann kann ich mich den einfachen widmen, wenn ich unterwegs bin. Das Gute ist: Ich kann jederzeit und überall lernen.» Wäre er wie Stricker, Riedi und Kym ­permanent im nationalen Leistungszentrum in Biel, er würde die nötige Selbstdisziplin nicht aufbringen, glaubt er. Er pendelt zwischen Küsnacht und Winterthur, wo er in der Akademie von Roman Vögeli trainiert.

Profi oder College?

Die Online-Highschool gibt ihm bis zu seinem Abschluss in eineinhalb Jahren Zeit, sich vorwiegend dem Tennis zu widmen. Die Frage ist, ob er dann auf Profi setzt oder wie sein zwei Jahre älterer Bruder Henry an ein US-College geht und dort weiterspielt. Henry ist in Harvard, die 21-jährige Schwester Ella rudert und studiert in Yale, und beide schwärmen vom College-Leben. Es gibt Tenniscracks, die nach dem College noch erfolgreiche Profis wurden wie John Isner, Kevin Anderson oder Steve Johnson. Sie sind aber rar.

Von der Schulenburg klingt für seine 17 Jahre sehr reif, reflektiert sich und seinen Weg ­differenziert. Bei Swiss Tennis unterstützt man ihn auf diesem. Man tut alles, um die Tennishoffnungen zu fördern, die nicht so zahlreich sind wie in Frankreich oder den USA. «Für Jeffrey ist dies momentan die beste Lösung», sagt Swinnen. «Er ist happy zu Hause. Er kann aber auch jederzeit bei uns in Biel trainieren, wenn er keinen Sparringspartner hat.»

Derzeit macht von der Schulenburg einen physischen Aufbau, bald darf er auch das Racket wieder zur Hand nehmen. Und in zwei Wochen fliegt er nach Florida für zwei weitere Turniere. Die Weihnachtsferien in Klosters fallen diesmal etwas kürzer aus als sonst, denn schon bald geht es danach nach Australien. Es sind aufregende Tage im Leben des talentierten Teenagers.

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