«Friends»-Star Matthew PerryDer mit der komischen Verzweiflung
Matthew Perry, der amerikanisch-kanadische Serienstar, ertrank mit nur 54 Jahren in seinem Whirlpool. Warum, ist noch nicht bekannt.
Serientäter kennen das Problem. Dank der vielen Auftritte am Fernsehen kennt man sie bald, aber sie werden mit ihren Figuren identifiziert, die ohnehin etwas Typisches haben, also die falsche Originalität einer klischierten Rolle.
Dazu war Matthew Perry aber ein viel zu begabter Schauspieler, man ahnte die Verzweiflung hinter der guten Dauerlaune, die Intelligenz hinter der ausgeglichen gespielten Normalität.
Und trotzdem wird Perry jetzt in allen Nachrufen zuerst mit jener Figur identifiziert, die ihn weltberühmt machte: in der Rolle von Chandler Bing in der Sitcom «Friends», einer heiter-seichten Wohlfühlserie mit enormem Erfolg.
Auf dem Höhepunkt seiner Arbeit dort verdiente der Schauspieler bis zu 1,1 Millionen Dollar. Aber nicht pro Staffel, sondern pro Folge. Obwohl er dann schaffte, was nur den wenigsten Fernsehstars wie George Clooney gelang, nämlich den Transfer in den Film und damit die erfolgreiche Flucht vor der Typisierung, hatte Matthew Perry in Fernsehserien seine besten Auftritte. Sie schienen seinem sorglos wirkenden Typ zu entsprechen.
Er trank sich zum professionellen Alkoholiker hoch.
Diese Sorglosigkeit war allerdings eine Inszenierung, wie Perry in seiner Autobiografie «Friends, Lovers and the Big Terrible Thing» drastisch schrieb und in unzähligen warnenden Interviews bestätigte. Schon mit 18 Jahren begann der kanadisch-amerikanische Doppelbürger aus Massachusetts grosse Mengen Alkohol wegzuschütten.
In der Folge trank er sich zum professionellen Alkoholiker hoch. Als würde diese Sucht nicht genügen, entwickelte er eine zusätzliche Abhängigkeit von Opioiden und anderen schweren Schmerzmitteln; diese Abhängigkeiten ergaben sich als Folge zahlreicher, teilweise komplizierten Operationen, waren wohl aber in seinem Suchtcharakter angelegt.
Er sei eigentlich immer auf Drogen gewesen, sagte Perry mit bemerkenswerter Offenheit, auch beim Filmen. «War ich dick, war es der Alkohol, war ich dünn, lag das an den Pillen.» Er habe mehr als sein halbes Leben auf Drogen verbracht, gestand er auch – inklusive über 60 Entzugskuren, 15 Rehabilitationsaufenthalten und Tausenden von Besuchen bei den Anonymen Alkoholikern. Dazu kamen über ein Dutzend teils schwere Operationen. Ein exzessiver Typ also in jeder Beziehung.
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Dabei wirkte Matthew Perry immer so jugendlich, wach, geistreich und gut gelaunt. Vielleicht deshalb bleibt nicht seine «Friends»-Rolle seine beste, sondern eine andere, weil sie seinen schroffen Widersprüchen am ehesten entspricht: Witz, Intelligenz und ein Hang zur Selbstzerstörung. Es war sein Auftritt als Comedyschreiber Matt Albie in der Serie «Studio 60 on the Sunset Strip», einer der Satiresendung «Saturday Night Live» nachempfundenen, konsequent kontroversen Comedyshow.
Da der brillante Dialogschreiber Aaron Sorkin die Serie konzipierte, konnte Perry darin sein rhetorisches Talent ebenso einbringen wie seine unaufgeregte Kumpelhaftigkeit, hinter der die gierige Verzweiflung eines Süchtigen flackerte.
So gesehen, erging es Perrys Figur in Sorkins Serie wie dem Schauspieler selber, und der wöchentliche Terror, auf Befehl lustig zu sein, brachte ihn beinahe um den Verstand.
So schnell kann man verglühen
Aus vorerst unbekannten Gründen ertrank Matthew Perry am Samstag in seinem eigenen Whirlpool; er war erst 54 Jahre alt. Ein Verbrechen wird ausgeschlossen; aber dass Drogen eine Rolle gespielt haben könnten, liegt bei einer solchen Biografie zumindest im Bereich des Möglichen.
Ein witziger Typ, schlagfertig und charmant, ein kaputtes Leben trotz Welterfolg und ein jähes, frühes Ende. So schnell kann man in diesem fiebrigen Beruf entflammen, brennen und verglühen.
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