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Skicross-Weltmeisterin Fanny Smith
Einst sagten ihre Ärzte, sie könne nie mehr Ski fahren – nun holt sie zum zweiten Mal WM-Gold

Fanny Smith aus der Schweiz posiert während des FIS Skicross Weltcups in Arosa, Schweiz, am Montag, den 16. Dezember 2024.
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In Kürze:
  • Fanny Smith erhielt nach 425 Tagen ihre Olympiabronzemedaille – das Vertrauen in den Sport ist aber noch nicht ganz zurück.
  • Der Weltverband wird von der 32-Jährigen immer wieder kritisiert. Einige Entwicklungen kann sie nicht verstehen.
  • Um den Kampfeswillen zurückzugewinnen, hatte sie eine unkonventionelle Lösung.

Bis heute beschäftigt Fanny Smith dieses eine Rennen. Dieser eine Entscheid. Am 17. Februar 2022 überschneiden sich die Ski der Schweizerin mit denen von Daniela Maier. Smith kommt als Dritte ins Ziel, Maier als Vierte. Olympiabronze für die Schweizer Skicrosserin, keine Medaille für die Deutsche – so scheint es. Nach dem Rennen wird Smith von der Jury aufgrund eines angeblichen Fehlverhaltens zurückgestuft. Es ist der Beginn eines kräftezehrenden Rechtsstreits.

Diese Misere gehört spätestens heute der Vergangenheit an. Die Gegenwart heisst nämlich Gold an der Heim-Weltmeisterschaft in St. Moritz. Die Waadtländerin gewinnt in Abwesenheit ihrer ansonsten ärgsten Konkurrentinnen Marielle Thompson und Sandra Näslund in bestechender Manier. Ihre Freude ist riesig, muss sie doch dieses Mal nicht 425 Tage warten, bis sie ihre Medaille entgegennehmen kann.

Denn erst so viel später kriegte Smith nach dem Olympia-Rennen von Peking endgültig ihre Bronzemedaille überreicht. «Ich denke oft über meinen Sport nach – darüber, wie er sich entwickelt hat und was bei den Spielen passiert ist», sagt die 32-Jährige während eines längeren Telefongesprächs vor der WM, bei dem es sehr schnell um jene Episode geht.

Das Vertrauen in den Sport, die Offiziellen der FIS, die Jury – es sei bis heute noch nicht vollends zurück. Die Ungerechtigkeit, die es ihr verunmöglichte, die Bronzemedaille zu feiern und zu geniessen, hallt bis heute nach. Einen schwierigen, langen Prozess nennt es Smith.

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Dieses ganze Hin und Her sei unwürdig für ihren Sport, rücke ihn in ein schlechtes Licht. Immerhin gehe diese ganze Sache mit der Zeit mehr und mehr vergessen, sagt Smith. Aber es bleibt nicht nur bei diesem Vorwurf. Die Waadtländerin, die im März 2008 ihr erstes Weltcuprennen bestritt, gehört zu den erfahrensten Athletinnen – und eben auch zu den kritischen. «Diese Strecken, die ich mit viel Vergnügen fahre und bei denen ich am Start viel Adrenalin spüre, werden weniger», sagt sie.

Früher habe es an bestimmten Stellen grosse Herausforderungen gegeben. Die Strecke musste genau analysiert und eine kluge Strategie entwickelt werden. Dabei ging es auch um das Berechnen des Risikos – für sich selbst und für andere. Heute hingegen könne fast überall überholt werden. Werde etwas Druck gemacht, komme man durch. Dadurch gehe für sie ein wichtiger Teil des strategischen Denkens verloren. Es ist eine ausführliche Kritik Smiths mit dem Fazit: «Der Verband muss sich überlegen, wohin er will.»

«Willst du an Olympia?», fragte Smiths Vater

Verbittert ist sie aber keineswegs. Vielmehr überwiegen die Energie und die Lust auf weitere erfolgreiche Jahre in diesem Sport, in dem sie beinahe schon alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt. Zweimal WM-Gold, dreimal Silber, zweimal Bronze, dazu zweimal Olympia-Bronze, drei Gesamtweltcupsiege, 83 Weltcuppodestplätze, davon 35 Siege. Der Palmarès liest sich wie ein von Kindern formulierter Einkaufszettel: einmal alles und davon ganz viel.

Fanny Smith umarmt lachend ihre Mutter Fiona in Epalinges. Fanny trägt eine Red Bull Kappe. Foto von Yvain Genevay.

«Wenn ich starte, will ich gewinnen. Ich werde nie an ein Rennen gehen, nur um dabei zu sein.» Diese nüchtern formulierte Strategie von Smith und die Unterstützung ihres Elternhauses gehören zur Basis des Erfolgs. «Ich merke, du magst diesen Sport, willst du an Olympia?», habe ihr Vater sie gefragt, kurz nachdem bekannt wurde, dass Skicross 2010 erstmals olympisch wird. Sie bejahte – und ihre Eltern, die sich im waadtländischen Villars-sur-Ollon niedergelassen haben, suchten Sponsoren, bauten ein Team für sie auf und unterstützten sie neben der Piste. «Nur mit dem Geld meiner Eltern wäre all das nie möglich gewesen», sagt Smith.

Fanny Smith stürzt in Innichen – und rappelt sich wieder auf

Nach neun Jahren mit ihrem Privatteam stösst Smith 2017 zum Swiss-Ski-Team. Es ist der Sommer vor den Olympischen Winterspielen 2018, ein ungewöhnlicher Zeitpunkt für einen solchen Wechsel – aber einer, der sich auszahlt: Sie gewinnt in Pyeongchang Bronze. Dass sie damals überhaupt noch fährt, hätten ihre Ärzte Ende 2011 nicht unbedingt für möglich gehalten. Smith stürzt beim Rennen in Innichen und macht sich in ihrem Knie «alles kaputt», wie sie sagt.

Nach der Operation teilt ihr der Arzt mit, dass es gut sein könne, dass sie nie mehr professionell Ski fahren werde. «Ich dachte, das sagt er aus versicherungstechnischen Gründen», sagt Smith lachend. «Als ich das hörte, wurde ich trotzig und dachte mir: Dem zeige ich es.» Etwas mehr als ein Jahr später gibt sie ihr Comeback.

Fanny Smith aus Team Schweiz und India Sherret, Abby Mcewen, Courtney Hoffos aus Team Kanada beim FIS Ski Cross World Cup in Craigleith, Kanada, März 2024.

Viel schwieriger als körperliche seien ohnehin mentale Verletzungen. «You can’t control everything you think», sagt sie, die beim Gespräch ein wenig auf Deutsch, Englisch oder auch Französisch kommuniziert. Du kannst nicht alles kontrollieren, was du denkst.

Nach Olympia 2014 habe sie ihren Kampfeswillen verloren. Sie ist damals schon die grosse Favoritin, schafft es nicht in den Final und fällt in ein Loch. Ihre Lösung: Philippe Clément. Der Mental- und Athletiktrainer kommt aus dem Kampfsport und begleitet die Skicrosserin bis heute im Weltcupzirkus. «Wenn du deinen Kampfgeist verlierst, solltest du vielleicht einen Kampfsport ausprobieren», lauten die Gedanken Smiths zu dieser Wahl. Eine unkonventionelle Herangehensweise, die im Erfolg mündet.

In diesem Kalenderjahr steht die 32-Jährige in zehn Rennen achtmal auf dem Podest, gewinnt gar die letzten beiden Rennen im kanadischen Craigleith und war somit eine der grossen Anwärterinnen auf WM-Gold. Die Strecke in St. Moritz sei leider nicht ganz auf sie zugeschnitten, sagte sie noch vor der WM schmunzelnd. Fanny Smith hat auch dafür eine Lösung gefunden.