Erster feministische StreikSo streikten die Frauen der Schweiz im Jahr 1991
Hunderttausende Frauen gingen in der ganzen Schweiz für ihre Rechte auf die Strasse. Ihre Forderungen gelten heute noch. Bilder eines historischen und emotionalen Tages.
Als sich am 14. Juni 1991 die Frauen unter dem Motto «Wenn Frau will, steht alles still» auf den Schweizer Strassen versammelten, war dies die grösste öffentliche Mobilisierung seit dem Landesstreik von 1918. 10 Jahre zuvor, also 1981, war die Gleichstellung von Mann und Frau in der Bundesverfassung festgehalten worden.
Weil die Realität der Frauen aber anders aussah, forderten sie damals die Umsetzung des Gleichstellungsartikels. Sie wollten die gleiche Ausbildung, die Bekämpfung der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz, Gleichstellung in der sozialen Sicherheit, mehr Krippenplätze, Blockzeiten in den Schulen und dass die Hausarbeit auf Mann und Frau aufgeteilt wird.
Sie forderten zudem ein Ende der sexistischen Werbung und der sexuellen Gewalt, ein Ende der Pornografie und dass Massnahmen ergriffen werden gegen Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe.
Eines seiner Ziele hat der erste Frauenstreik ganz bestimmt erreicht: Unter- und oftmals unbezahlte Arbeit von Frauen wurde sichtbar gemacht. Und es wurde national und international über die Aktion berichtet. Die damalige Berichterstattung schien sich jedoch mehr auf den feierlichen Charakter des Streiks zu konzentrieren statt auf die Anliegen der Streikenden, wie das «Historische Lexikon der Schweiz» schreibt.
In der NZZ vom 15. Juni 1991 hiess es: «Ein Hauch von Fasnacht, Happenings und vor allem Aktionen auf Plätzen und teilweise in Betrieben, hingegen kaum ein Streik und damit nicht ganz im ursprünglichen Sinn des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.»
Langfristig hatte der Protest gegen patriarchale Strukturen aber auch politisch Wirkung erzielt. Das «Historische Lexikon der Schweiz» schreibt Folgendes dazu: «Ohne ihn wäre die Protestbewegung bei der Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat 1993 nicht denkbar gewesen. Andere langfristige Erfolge zeigten sich bei der Verabschiedung des Gleichstellungsgesetzes 1995, der Einführung der Fristenlösung 2002 (Abtreibung) und der Institutionalisierung einer Mutterschaftsversicherung 2005 (für die seit 1945 ein Verfassungsauftrag bestand).»
Weil aber auch heute noch Ungleichheiten bestehen, wurde der Frauenstreik 2019 zurück ins Leben gerufen. Und auch dieses Jahr, am 14. Juni 2024, soll in der ganzen Schweiz wieder ein feministischer Streik stattfinden. Gefordert werden nach wie vor gleiche Löhne, eine bessere Rente und die Anerkennung unbezahlter Care-Arbeit.
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