Kommentar zu Frankreichs neuem PremierMacrons Erbverwalter ist eine Geisel von Marine Le Pen
Der konservative Politiker Michel Barnier ist neuer Regierungschef Frankreichs. Die extreme Rechte entscheidet über sein Schicksal.
Frankreich hat nun endlich einen neuen Premierminister, zwei Monate nach der Parlamentswahl. Michel Barnier, so heisst der Mann, ist ein Konservativer mit viel nationaler und internationaler Erfahrung, er war mehrfach Minister, Brüsseler Kommissar. Und er ist Mitglied der kleinen Partei Les Républicains, 47 Abgeordnete im neuen Parlament. Hier beginnt das Problem: Spiegelt Barnier etwa das Wahlresultat der Franzosen?
Doch Emmanuel Macron hat als Präsident der Republik eine unheimlich umfassende Machtfülle und könnte theoretisch seinen Hausmeister zum Premierminister machen. Er hat Barnier vor allem deshalb ausgewählt, weil der Macrons einziges nennenswertes politisches Vermächtnis nicht zerstören will – die Rentenreform. Das war dem Präsidenten das wichtigste Kriterium. Niemand sollte den Macronismus abwickeln, drei Jahre vor dem regulären Ende seiner zweiten und letzten Amtszeit.
Natürlich ist die Reform auch für die hoch defizitären Staatsfinanzen wichtig. Aber Macron ging es immer schon sehr wesentlich um die Aura seines persönlichen Wirkens.
Barnier erhält auf keinen Fall die Stimmen der Linken
Die Republikaner werden also mit den Macronisten regieren – wenn sie denn nicht bald gestürzt werden. Zwei Wahlverlierer im Gespann machen noch keinen Sieger; mit 213 von 577 Sitzen sind sie weit entfernt von der absoluten Mehrheit. Darum können sie nur hoffen, dass sie nicht mit einem Misstrauensvotum aus der Macht gekippt werden, sofort oder in ein paar Wochen.
Barnier bleibt nämlich nur im Amt, wenn Marine Le Pen und die ihren nicht gegen ihn stimmen, denn die Stimmen der Linken erhält er auf keinen Fall. Die extreme Rechte ist also entscheidend. Das hat sie Emmanuel Macron zu verdanken. Der Präsident und sein neuer Premier sind umgekehrt zu ihrer Geisel geworden.
Und die Linke? Die hat zwar auch keine Mehrheit im Parlament. Aber bei der Wahl lag sie nun mal knapp vorne und hätte deshalb die Chance bekommen sollen, eine Regierung zu bilden. Das ist Demokratie. Wenigstens versuchen hätte sie es dürfen sollen, als Erste. Der König entschied sich aber lieber für den Erbbewahrer.
Fehler gefunden?Jetzt melden.