Formel-1-GP von SingapurEine weitere kräftige Ohrfeige für Weltmeister Verstappen
Lando Norris touchiert zweimal die Mauer – und triumphiert doch sagenhaft überlegen. Jetzt kann er gar aus eigener Kraft den ganz grossen Coup schaffen.
Es ist ein Schreckmoment, ein Weckruf aus dem Nichts. Runde 30 ist angebrochen beim Grand Prix von Singapur, die Rennhälfte bald erreicht, da meldet Lando Norris einen Schaden an seinem Frontflügel. In einer der vielen Kurven auf dem Stadtkurs ist er mit seinem McLaren in eine Streckenbegrenzung gerutscht, ohne Not.
Doch der Schreck hält nicht lange an, der kleine Hoffnungsschimmer für die Konkurrenz verblasst so schnell, wie er aufgeflammt ist. «Es gibt ein kleines Problem, aber nichts Ernstes», wird Norris per Funk mitgeteilt. Später touchiert er noch einmal die Wand, worauf er von seinem Ingenieur hört: «Okay, volle Konzentration jetzt. Nimm einen Drink!» Im Auto dürfte es noch Wasser gewesen sein, in der McLaren-Garage aber haben sie den Champagner längst kalt gestellt.
Abgesehen von den zwei Ausrutschern muss sich dieses Rennen für Norris angefühlt haben wie eine Sonntagsfahrt, dermassen überlegen holt er seinen dritten Sieg in dieser Saison. Norris’ Vorsprung im Ziel: sagenhafte 21 Sekunden. Obwohl er gegen Ende das Tempo deutlich drosselt.
Es ist eine gewaltige Ohrfeige für die Konkurrenz, allen voran für Red Bull und dessen Starpiloten Max Verstappen, die derzeit schlicht kein Mittel finden gegen den 24-jährigen Mann mit den Wuschelhaaren.
Norris kann aus eigener Kraft Weltmeister werden
Sein Rückstand auf Verstappen ist in der WM weiter geschrumpft. 52 Punkte sind es noch, Norris kann sogar aus eigener Kraft Weltmeister werden. Sechs Grands Prix und drei Sprintrennen bleiben ihm für den grossen Coup.
Für Red Bull wird es ein Schlussspurt, bei dem es irgendwie versuchen muss, den Anschluss wieder zu finden. Sonst bleibt den Österreichern nur, auf (grössere) Ausrutscher des Gegners zu hoffen. Achtmal in Folge hat Verstappen nun schon nicht mehr gewonnen. Eine solche Baisse gab es für den Niederländer letztmals 2020. Der dreifache Weltmeister ist angezählt.
Immerhin steht er als Zweiter wieder einmal auf dem Podest, es ist erst das dritte Mal in den letzten acht Rennen. Neben den beiden steht Oscar Piastri, der zweite McLaren-Pilot. Es ist ein weiteres starkes Zeichen an Red Bull, das von den Briten in der Konstrukteurswertung bereits überholt worden ist. Piastri, vor einer Woche der Sieger in Aserbaidschan, sichert sich Rang 3 mit einem schönen Überholmanöver 17 Runden vor Schluss gegen Mercedes-Pilot George Russell.
In der internen McLaren-Hierarchie muss sich der Australier aber hinten anstellen. Er hat jüngst die Rolle als Nummer 2 hinter Norris in einem Gespräch akzeptiert. Schliesslich hat dieser Aussicht auf den ganz grossen Erfolg.
Den Fluch früh besiegt
In Singapur feiert Norris derweil schon in der allerersten Runde einen kleinen Sieg, bricht er einen Fluch, der ihn zuletzt so sehr belastet hat. Siebenmal startete Norris in seiner Karriere schon von ganz vorne, fünfmal in einem Grand Prix, zweimal in einem Sprintrennen. Nie war er nach der ersten Runde immer noch der Leader. Nun also, bei seinem achten Anlauf, klappt es für Norris. Der Mann, der vor den Rennen jeweils so nervös ist, dass er kaum essen und trinken mag, lässt den Gegnern beim Start keine Chance – und letztlich im ganzen Grand Prix nicht.
Norris kontrolliert das Rennen von der Spitze aus, fährt schnellste Zeiten, wenn das von ihm verlangt wird. Spielerisch erhöht er in den ersten Runden den Vorsprung auf Verstappen auf über fünf Sekunden, damit dieser keinen Angriff wagen kann mit einem frühen Stopp. Bis Runde 30 sind es gar 25 Sekunden. Die Art und Weise seines Triumphs dürfte ihn ziemlich zuversichtlich stimmen für die Aufholjagd, die er für die letzten sechs Rennen plant.
Für Sauber geht es bis Saisonende derweil darum, irgendwie noch zu Punkten zu kommen. In Singapur wird einmal mehr klar: Es bedarf dafür eines kleinen Wunders. Zhou Guanyu und Valtteri Bottas beenden den Grand Prix auf den Rängen 15 und 16. Dennoch scheint weiter nicht ausgeschlossen, dass einer der beiden Piloten auch 2025 für die Schweizer fahren wird – an der Seite von Nico Hülkenberg, der zurückkehrt nach Hinwil, wo er sich vor allem auf das Projekt mit Audi konzentriert.
Die Deutschen übernehmen 2025 sämtliche Anteile am Rennstall und gehen ab 2026 als Werksteam an den Start. Für nächstes Jahr fehlt ihnen noch ein Pilot, liebäugeln Zhou und Bottas weiter mit einem Platz im Schweizer Team. Allen Tiefschlägen zum Trotz.
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