Fluch-Fehde in der Formel 1Absurder Streit eskaliert – Verstappen droht mit Rücktritt
Er sagt das F-Wort, wird bestraft und trötzelt erst einmal. Doch dann legt der Weltmeister erst so richtig los.
Eigentlich war das Ziel ja ein hehres. Mit der Diskussion um den Einsatz von Schimpfwörtern wollte Mohammed bin Sulayem das Niveau in der Formel 1 anheben. Entstanden ist ein Zwist, der sich auf Kindergartenniveau bewegt.
Bin Sulayem ist ein 62-jähriger Mann aus Dubai, Präsident des Automobilweltverbandes FIA. Und als solcher stört er sich an den vielen F-Wörtern, die von den Fahrern in den Funk gebrüllt werden. Daran wolle er etwas ändern, sagte er zuletzt in Baku. Dass es dem einstigen Rallye-Fahrer offenbar sehr ernst ist mit dem Kampf gegen Kraftausdrücke, bekam Max Verstappen als Erster zu spüren. Überraschend kommt das nicht, ist der Niederländer doch bekannt für seine durchaus markige Sprache – gerne auch einmal unter der Gürtellinie.
Doch wofür der 26-Jährige, der seinen Konkurrenten Lance Stroll nach einem Rencontre auch schon als «behinderten Idioten» und «Mongoloiden» bezeichnete, nun bestraft wurde, gehört für die meisten in der Formel 1 in das Land der Lächerlichkeiten.
An der Medienkonferenz vor dem Grand Prix in Singapur am Donnerstag wurde Verstappen gefragt, warum er in Baku langsamer gewesen sei als Red-Bull-Teamkollege Sergio Pérez. Seine Antwort: «Weiss ich nicht, Mann! Anderes Set-up.» Und dann: «I knew the car was fucked.» Das Auto entsprach also nicht den Vorstellungen des dreifachen Weltmeisters, was er mit der Verwendung des F-Worts bekräftigte.
Verstappen zu Sozialarbeit verdonnert
Die Kommissare der Formel 1 reagierten und verurteilten Verstappen zu einem Tag «Motorsport-Sozialarbeit». Er wird also im Rahmen eines FIA-Events als Helfer im Einsatz stehen müssen.
Darauf reagierte Verstappen auf seine eigene Weise. Nach Rang 2 im Qualifying am Samstag sass der Niederländer in der offiziellen Medienkonferenz der FIA – und gab sich trotzig. Ein paar Auszüge aus dem Stakkato-Gespräch: Was hat Red Bull über Nacht geändert am Auto? «Viel.» Kann er das ausführen? «Nein, sonst kriege ich wieder eine Strafe.» Ist er optimistisch für das Rennen? «Vielleicht.» Wie gross ist die Ungewissheit nach den schwierigen Trainings? «Nicht bekannt.» Mit welcher Taktik plant sein Team? «Findet ihr morgen heraus.»
Schliesslich wollte ein Journalist wissen, wie lange er denn nun schweigen werde an den Medienkonferenzen der FIA. Verstappen: «Ich antworte doch. Nur eher kurz. Ich habe ein Problem mit meiner Stimme.» Wenigstens den Sarkasmus hat er nicht verloren.
Er würde es begrüssen, wenn die Fragen ausserhalb dieses Raumes gestellt würden, sagte Verstappen auch noch – und hielt kurzerhand auf einer Treppe und später durchs Fahrerlager laufend eine private Pressekonferenz. Es war seine Art des Protestes gegen die Sanktionen der FIA. Er sei zwar verpflichtet, in der offiziellen Medienrunde zu antworten, «aber es gibt keine Regel dafür, wie lang die Antworten sein müssen».
Wer glaubte, damit habe es sich mit den verstappenschen Protestbekundungen, der sah sich am Sonntag nach dem Grand Prix, den er als Zweiter hinter WM-Konkurrent Lando Norris beendete, getäuscht. Vielmehr scheint die Bestrafung durch die FIA so tief zu sitzen beim Dominator der letzten Jahre, dass der Streit sogar zu eskalieren droht.
Verstappen findet die Diskussion «richtig, richtig dumm»
Erst gab Verstappen in der sonntäglichen Medienkonferenz erneut knappe Antworten, anschliessend legte er in kleiner Runde in der Hospitality von Red Bull nach. «Ich habe absolut keine Lust, dort lange Antworten zu geben, wenn ich so behandelt werde», sagte er. «Solche Dinge» würden darüber entscheiden, was er in Zukunft machen wolle. Er finde es «richtig, richtig dumm», dass er sich mit solchen Themen auseinandersetzen müsse. Und: «Wenn ich nicht mehr ich selbst sein kann und ich mich mit solchen Unsinnigkeiten herumschlagen muss …» Erst liess Verstappen noch unausgesprochen, was seine Konsequenzen sein würden.
Dann sagte er: «Es ist toll, Erfolg zu haben und Rennen zu gewinnen. Es geht auch darum, das zu geniessen. Aber wenn ich mich mit solchem Unsinn auseinandersetzen muss, spricht das für mich nicht dafür, in diesem Sport weiterzumachen. Das ist klar.» Zack! Und der beste Formel-1-Pilot der jüngeren Vergangenheit hat mit Rücktritt gedroht.
Um das zu unterstreichen, sagte er auch noch: «Für mich gibt es einen Punkt, an dem ich sage: Es reicht jetzt. Genug ist genug. Wir werden sehen. Die Formel 1 wird auch ohne mich weitermachen, das ist kein Problem für sie. Aber für mich ist es auch kein Problem.»
Es sind Worte, die wohl noch eine Zeit lang nachhallen werden. Auch in den Ohren von Mohammed bin Sulayem.
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