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Foodstände in Winterthur
Sie standen vor dem Aus – dann änderte Winterthur die Meinung

Massimo Porcelli (links) und Kandhasamy Shanthakumar glaubten bis Montag Morgen, dass sie ihre Existenzgrundlage verloren haben.
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Seit dreieinhalb Jahren steht Kandhasamy Shanthakumar jede Woche von Montag bis Samstag an der Steinberggasse in der Winterthurer Altstadt. In seinem Foodtruck verkauft er tamilische Spezialitäten wie Kottu Rotti oder Parotta. Mit dem Verdienst bestreiten er und seine Frau den Lebensunterhalt der vierköpfigen Familie.

Ende Dezember erhielt er einen Brief, der ihn in seiner Existenz bedrohte: Ab 2024 gebe es für Foodstände in der gesamten Altstadt keine Bewilligung mehr. Die Stände würden «das lokale Gewerbe konkurrenzieren». Bis Ende März gelte eine Übergangsfrist, dann müsse er weg. Es habe ihn «wie ein Erdbeben» geschüttelt.

In dreieinhalb Jahren nie Reklamationen erhalten

Für eine Bewilligung muss ein Stand demnach drei Kriterien erfüllen: Erstens muss das Angebot in der Nachbarschaft akzeptiert sein. Zweitens müssen die verkauften Güter einem «echten Bedürfnis» entsprechen. Drittens dürfen keine «übermässigen» Auswirkungen auf die Umwelt entstehen.

All diese Punkte sieht Kandhasamy Shanthakumar für seinen Foodtruck erfüllt. In der Altstadt finde man sonst keine tamilischen Speisen. Er habe auch nie Reklamationen wegen des Angebots oder allfälligen Lärms erhalten. Um den Rückhalt der Bevölkerung sowie des Quartiers zu belegen, startete er mit seinem Standnachbar Massimo Porcelli, der Piadinas verkauft, eine Unterschriftensammlung. 

Die Entrüstung in der Bevölkerung war gross. Als die Leute davon erfuhren, seien viele extra an den Stand gekommen, um zu unterschreiben, sagt Porcelli. Die grosse Unterstützung habe ihn beeindruckt. Shanthakumar hat vor Ort über 200, Porcelli über 300 Unterstützerinnen gefunden. Über eine Website haben sie zusätzlich 425 weitere Unterschriften gesammelt – bis gestern Mittag hatten sie ihr Ziel von 500 Unterschriften bereits weit übertroffen.

Zu diesem Zeitpunkt kam die rettende Nachricht: Die Stadt hat ihre Meinung geändert. Der Entscheid wird rückgängig gemacht. Die betroffenen Betriebe erhalten demnach in den nächsten Tagen eine Bewilligung für das Jahr 2024. Die zuständige Stadträtin sei demnach nicht informiert gewesen.

Für das generelle Verbot von Imbissständen in der Altstadt bestehe keine rechtliche Grundlage, schreibt die Stadt in einer Medienmitteilung. Die Vorschriften sähen vor, dass jede Bewilligung einzeln bearbeitet werden müsse. Geprüft werden müsse jeweils etwa, ob ein Foodstand einem Bedürfnis entspreche. Das sei bei den bestehenden Foodständen in der Steinberggasse und am Neumarkt gegeben: «Sie sind ein fester Bestandteil des kulinarischen Angebots in der Altstadt und sprechen eine eigene Zielgruppe an.»

Freude über Solidarität der Bevölkerung

«Jetzt kann ich wieder ruhig schlafen», sagt Massimo Porcelli. Er freue sich «mega» – über die grosse Solidarität der Bevölkerung und über die umgehende Reaktion der Stadt. «Man kann viel bewirken. Vor allem, wenn das Volk der Meinung ist, da geschieht ein Unrecht, da müssen wir helfen», so Porcelli. Was Shanthakumar ohne Standbewilligung getan hätte, weiss er nicht. Aber: «Jetzt kann ich weiterarbeiten», sagt der Standbesitzer und Familienvater mehrmals.

Foodstand in der Steinberggasse. Foto: Madeleine Schoder

«Im Bereich der Altstadt ist die Nutzung des öffentlichen Raums besonders intensiv», schreibt die Stadt. Zurzeit bestehe zwar keine Absicht, langjährigen Anbietern von Foodständen kurzfristig die Bewilligung zu entziehen. Anpassungen im Bereich der Bewilligungen seien aber möglich. Was dies genau bedeutet, bleibt unklar. Laut der zuständigen Stadträtin Katrin Cometta wird die Lage jetzt erst einmal genauer analysiert.