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Pferdefleisch aus Übersee
Bund weigert sich, Fleisch aus schlechter Tier­haltung zu verbieten

HANDOUT - Das Handout des Tierschutzbundes Zuerich TSB zeigt gemaess des TSB einen argentinischer Pferdetransporter ohne Dach, bei einem Transport von La Banda zum Schlachthof Lamar bei Buenos Aires, aufgenommen in der Naehe von La Banda, Argentinien, am 5. Oktober 2012. Beim 995 Kilometer langen Transport seien die Tiere 18 Stunden ohne Futter und Pause unterwegs. Gemaess Recherchen des Tierschutzbunds Zuerich stammt importiertes Pferdefleisch aus den USA, Kanada, Mexiko und Argentinien aus tierquaelerischer Produktion. Die SRF-Sendung "Kassensturz" zeigte am Dienstagabend, 19. Februar 2013, entsprechende Aufnahmen der Tierschuetzer. Die Schweizer Detailhaendler haben bereits vergangene Woche von den Vorwuerfen erfahren - und reagiert: Coop, Volg, Spar, Denner, Aldi und Lidl haben ihre Pferdefleischprodukte wie Steaks und Mostbroeckli aus dem Sortiment genommen, dies sagten ihre Medienverantwortlichen am Mittwoch, 20. Februar 2013, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Unternehmen wollen so lange kein Pferdefleisch mehr verkaufen, bis die Vorwuerfe geklaert sind. (HANDOUT Tierschutzbund Zuerich TSB) *** NO SALES, DARF NUR MIT VOLLSTAENDIGER QUELLENANGABE VERWENDET WERDEN ***
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Die Ankündigung ist klar: Sollten Konsumentinnen und Konsumenten mit dem Verzehr von Pferdefleisch aus Argentinien und Uruguay gesundheitliche Risiken eingehen, wird der Bund den Import verbieten, notfalls im Alleingang. Das hatte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen vor knapp drei Jahren verlauten lassen.

Nun aber zeigt sich: Zu einem Importverbot wird es bis auf weiteres nicht kommen. Das Bundesamt hat von November bis Mitte Dezember 54 Proben auf Rückstände des Schmerzmittels Phenylbutazon untersucht. «Es konnten keine Rückstände gefunden werden», sagt eine Sprecherin des Amts.

Anfang November hatte das Amt angekündigt, bei Pferdefleisch aus den beiden Ländern die Kontrollen auf potenziell gesundheitsschädigende Medikamentenrückstände zu verstärken. Auslöser waren neue Untersuchungen der Europäischen Union, die – zum wiederholten Mal – Verstösse gegen ihre Vorgaben festhielten: Viele Pferde werden nicht artgerecht gehalten. Und es ist nicht klar, woher genau sie kommen und welche Medikamente sie erhalten haben.

54 Proben bei 1000 Tonnen Fleisch

Der Befund des Bundesamts garantiert freilich nicht, dass keine Medikamente zum Einsatz gekommen sind, die bei Tieren für den Lebensmittelmarkt verboten sind. Die Pferde könnten mit anderen Mitteln behandelt worden sein.

Die aktuellen EU-Berichte erwähnen etwa den Einsatz von Hormonen wie Testosteron, das bei Pferden als Dopingmittel eingesetzt wird. Denkbar ist auch, dass die Absetzfristen vor der Schlachtung eingehalten wurden, wodurch Rückstände nicht mehr messbar sind.

Das Vorgehen des Bundes sorgt für Kritik. Sabrina Gurtner vom Tierschutzbund Zürich spricht von «Augenwischerei». Es sei fragwürdig, dass das Bundesamt die Stichproben auf Phenylbutazon beschränkt habe. «Um Kosten zu sparen?», fragt Gurtner. «Oder um administrative Hürden zu umgehen und schnell auf die öffentliche Kritik reagieren zu können?»

Das Bundesamt entgegnet, es habe seine Analysen auf Phenylbutazon beschränkt, da dieses Medikament anders als Hormonpräparate breit eingesetzt werde. «Daher ist die Wahrscheinlichkeit, bei Phenylbutazon positive Resultate zu finden, deutlich höher.»

Weiter ausbauen will das Amt die Kontrollen bei diesem Medikament aber nicht. Dies würde «nicht zu einem grundlegend anderen Ergebnis führen», zeigt es sich überzeugt. Gurtner bezweifelt derweil, ob angesichts der rund 1000 Tonnen Pferdefleisch, die jährlich aus Südamerika in die Schweiz gelangen, 54 Proben ein repräsentatives Resultat liefern können.

Gespräche mit EU geführt

Auf europäischer Ebene deutet derzeit ebenfalls kaum etwas auf ein baldiges Importverbot hin. Die Schweiz bildet mit der EU einen gemeinsamen Veterinärraum. Das entsprechende bilaterale Abkommen sieht vor, dass die EU bei wiederholten Verstössen gegen die EU-Bestimmungen fehlbare Betriebe und ganze Staaten von der Liste streichen kann; die Schweiz würde nachziehen.

Ein Gespräch mit EU-Vertretern Mitte Dezember hat jedoch keine neuen Erkenntnisse gebracht, wie das Bundesamt bestätigt. Die EU habe über allfällige Importrestriktionen noch nicht entschieden. Das Amt hat auch Treffen mit den Botschaften von Argentinien und Uruguay vereinbart.

Die Kontroverse um das Pferdefleisch ist politisch delikat. Die EU will mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten, zu denen neben Argentinien und Uruguay auch Brasilien und Paraguay gehören, die grösste Freihandelszone der Welt mit über 700 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten schaffen. Die Verhandlungen sind jedoch festgefahren – nicht zuletzt, weil niemand so recht weiss, was Argentiniens neuer Präsident Javier Milei mit dem Deal vorhat.

Neues Abkommen als Hindernis?

Das Abkommen, das Zölle unter anderem auf Fleischimporte senken oder abschaffen will, ist aber auch aus agrar- und umweltpolitischen Gründen umstritten. Landwirte in Europa fürchten die Konkurrenz aus Südamerika, Umweltschützer warnen, der Freihandel befeuere die Regenwaldabholzung. Die Schweiz hat im Verbund der Efta-Staaten trotzdem einen Vertrag ausgehandelt, aber noch nicht unterzeichnet.

Tierschützer vermuten, dass die EU nicht zuletzt wegen des Mercosur-Abkommens vor einem Einfuhrstopp für südamerikanisches Pferdefleisch zurückschreckt. Es dürfe aber nicht sein, so Tierschützerin Gurtner, dass Tier- und Konsumentenschutz den Handelsinteressen geopfert würden.

Als letzte Option verbleibt der freiwillige Verzicht der Schweizer Fleischbranche. Der Branchenverband Proviande hat im Dezember dazu aufgerufen – ob mit Erfolg, ist offen. Angefragte Importeure haben auf Anfragen dieser Redaktion nicht reagiert.