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Nach Niederlage um Bistro-Zuschlag
Fischstübli-Wirt verlangt Transparenz von Gemeinde Erlenbach

Fischstübli-Wirt Jérémie Crettol ist enttäuscht: Für den Betrieb eines Bistros im ehemaligen Schiffwartehäuschen setzt die Liegenschaftsabteilung der Gemeinde Erlenbach auf einen auswärtigen Gastronomen. Crettol hatte sich ebenfalls für den Zuschlag beworben.

Sieben Bewerber hatten sich für den Betrieb eines Bistros im alten Schiffwartehäuschen Erlenbach interessiert. Die Liegenschaftsabteilung entschied sich für den Zürcher Junggastronomen Daniel Lettieri. Um wen es sich bei den übrigen Bewerbern handelt, gab die Gemeinde nicht bekannt.

Bekannt wurde am vergangenen Freitag dafür, dass ein ortsansässiger Gastronom Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen den Vergabeentscheid des Gemeinderats eingereicht hat. Dem Gemeinderat ist es darum bis auf weiteres untersagt, den Mietvertrag mit Lettieri abzuschliessen. Um wen es sich beim Beschwerdeführer handelt, kommentierte die Gemeinde nicht. Dieser meldet sich nun aber selber zu Wort. Es handelt sich um Fischstübli-Wirt Jérémie Crettol, der im Schiffwartehäuschen während des Sommers 2019 versuchsweise ein Bistro betrieben hatte.

Mehr Fragen als Antworten

«Ich bin kein schlechter Verlierer», hält der 45-jährige Erlenbacher gleich zu Beginn des Gesprächs, zu welchem er diese Zeitung gebeten hat, fest. Mit seiner Beschwerde wolle er vielmehr für Transparenz kämpfen.

Aber von Anfang an: Die Erlenbacher Liegenschaftsabteilung hat Crettol telefonisch über ihren Entscheid zugunsten des 27-jährigen Lettieri informiert. «Man hat mir mitgeteilt, dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen uns beiden gewesen sei.» Um zu erfahren, was letztlich das Zünglein an der Waage war, erbat Crettol um Akteneinsicht. «Was ich da gesehen habe, hat bei mir allerdings mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.» So seien die ihm zur Einsicht überlassenen Unterlagen rudimentär, zu grossen Teilen geschwärzt, und die Begründung für den Nicht-Zuschlag nicht nachvollziehbar gewesen.

«Der Bewertungsraster war leer, sprich nur eine Mustervorlage war beigefügt», erzählt Crettol. Aus seiner Sicht ebenfalls wichtige Kriterien seien zudem nicht darin enthalten gewesen. «Für mich ist nicht ersichtlich, was nun letztlich gegen mich respektive für meinen Konkurrenten gesprochen hat, deshalb habe ich das Rechtsmittel der Beschwerde ergriffen. Ich will Klarheit haben.»

«Chance vertan»

Für Crettol ist es unverständlich, dass die Gemeinde einem auswärtigen Gastronomen den Zuschlag erteilt, statt das lokale Gewerbe zu unterstützen. Der Gastronom führt hierfür ein Interview mit Gemeindepräsident Sascha Patak (FDP) aus der NZZ ins Feld, in welchem dieser erklärte, dass die Gemeinde eng mit den Gewerbetreibenden verbunden sei und sie wo möglich unterstützen möchte. «Mit der Vergabe des Bistrobetriebs hätte die Gemeinde die Chance gehabt, dieses Versprechen einzulösen. Doch sie wurde vertan», konstatiert der Fischstübli-Wirt.

Besonders enttäuscht ist Crettol auch deswegen, weil zahlreiche Stimmen aus Erlenbach und den umliegenden Gemeinden sich explizit für ihn und sein Bistroangebot ausgesprochen hätten, wie er sagt. «Diesen Stimmen wurde kein Gehör gegeben.»

Ortsansässigkeit kein Kriterium

Die Gemeinde äussert sich derzeit nur zurückhaltend zur Thematik Schiffwartehäuschen. Zu den Gastrokonzepten von Daniel Lettieri und Jérémie Crettol erteilt sie mit Verweis auf das laufende Verfahren gar keine Auskünfte. Auf die Frage, ob und inwiefern die Bewertungskriterien im Rahmen der Pächterausschreibung offengelegt wurden, verweist Sujin Suthagaran, stellvertretender Gemeindeschreiber, auf die offiziellen Ausschreibungsunterlagen. Darin heisst es: «Für das Schiffwartehäuschen suchen wir per 1. April 2021 oder nach Vereinbarung eine Mieterin oder einen Mieter für einen Bistrobetrieb. Gefragt sind originelle und innovative Gastrokonzepte, die einen erfolgreichen Bistrobetrieb im Schiffwartehäuschen an dieser aussergewöhnlichen Lage ermöglichen und somit einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung dieses schönen und sensiblen Ortes leisten.»

Neben allgemeinen Informationen zu ihren Zielen und Referenzen mussten die Bewerber bei der Gemeinde ein Gastronomie- und Betriebskonzept, einen Businessplan sowie ein Design- und Mobiliarkonzept einreichen.

Gab es Überlegungen, einem ortsansässigen Bewerber den Vorzug zu geben? «Die Ortsansässigkeit war kein Vergabekriterium», sagt Suthagaran. Crettol sei denn auch nicht der einzige lokale Bewerber gewesen. Mehr Auskünfte erteilt der stellvertretende Gemeindeschreiber nicht. Dafür bestätigt er den Eingang einer Unterschriftensammlung, die sich für die Weiterführung des Testbetriebs starkmachte. Ob diese Rückmeldungen explizit Bezug auf Crettols Angebot nahmen, lässt Suthagaran unkommentiert, erklärt dafür: «Unter den Unterzeichnern fanden sich auch viele Nachbarn der Schifflände, welche seit der Schliessung des Restaurants Schönau die Ruhe vor Ort geniessen.» Insbesondere wegen möglicher Emissionen seien denn auch Bedenken geäussert worden. Dies, obschon der Testbetrieb mit unregelmässigen und eingeschränkten Öffnungszeiten durchgeführt wurde.

Der Liegenschaftenkommission würden aber auch zahlreiche Rückmeldungen von Personen aus dem Dorf vorliegen, die einen kontinuierlichen Betrieb mit einem offenen Angebot für alle Bevölkerungskreise wünschen, erklärt der stellvertretende Gemeindeschreiber. «Historisch betrachtet war die Schifflände immer ein Ort des Geschehens», sagt Suthagaran. In seinen aktuellen Legislatur-Schwerpunkten halte der Gemeinderat denn auch fest, öffentliche Plätze, die zum Verweilen einladen, schaffen zu wollen. Die Neugestaltung der Schifflände und der geplante Bistrobetrieb seien Beispiele dafür.