Mutmasslicher SteuerbetrugFinanzchef von Trump schützt seinen Boss
Der Finanzchef des Trump-Imperiums muss sich wegen Betrugs vor Gericht verantworten. Gravierend ist eine weitere Klage gegen den Konzern selber. Der Ex-US-Präsident sitzt in dieser ersten Runde noch nicht auf der Anklagebank.
Finanzchef Allen Weisselberg stellte sich am Donnerstag früh der Justiz in Manhattan und wurde in Handschellen zu seinem ersten Gerichtstermin geführt. Er plädierte auf unschuldig und konnte das Gericht als freier Mann verlassen. Ein Prozesstermin wurde noch nicht festgelegt. Die mit Spannung erwartete Klage überraschte Prozessbeobachter und frühere Ankläger, weil sie weniger gravierend erschien, als die fast dreijährigen Ermittlungen erwarten liessen.
Dem Finanzchef des Trump-Imperiums wird vorgeworfen, Steuern im Betrag von 1,7 Millionen Dollar hinterzogen zu haben. Der 73-Jährige steht im Verdacht, Leistungen der Trump-Organisation – die Nutzung von Luxuswohnungen, Autos und Studiengebühren – für sich selber und für Familienangehörige nicht verbucht und nicht versteuert zu haben. Das Strafmass kann bis zu 15 Jahren Haft reichen, doch ist eher mit einem milderen Urteil bis hin zu einer bedingten Strafe zu rechnen.
Die Ermittlungen des Staatsanwalts von Manhattan, Cyrus Vance, gehen auf 2019 und die Schweigegeldzahlungen an Donald Trumps Sexpartnerin Stormy Daniels und das frühere «Playboy»-Modell Karen McDougal zurück. Die Ermittlungen wurden rasch ausgeweitet auf möglichen Steuer-, Banken- und Versicherungsbetrug, wobei sich Vance auf detaillierte Berichte der «New York Times» und anderer Medien abstützen konnte. Seit Februar hatte Vance auch die Steuererklärungen Trumps in der Hand, nachdem Trump vom Bundesgericht zur Herausgabe der Dokumente gezwungen worden war.
Die Ermittlungen erhielten zusätzliches Gewicht, als die Generalstaatsanwältin des Bundesstaats New York, Letitia James, und Vance zusammenspannten und im Mai bekannt gaben, ihre Beweise einer Grand Jury zur Beurteilung vorzulegen. Diese Laienrichter fällen kein Urteil, sondern entscheiden nur, ob die Beweislage genügt, um einen Prozess zu eröffnen. Am Mittwoch stimmten sie der Strafklage gegen Weisselberg und die Trump-Organisation zu.
Trump kann noch nicht aufatmen
Trump selber sitzt in dieser ersten Runde noch nicht auf der Anklagebank. Allerdings vermutet Jennifer Weisselberg, die Schwiegertochter aus einer geschiedenen Ehe von Weisselberg, dass eine Klage gegen Trump wahrscheinlich sei und dass sich der Finanzchef schliesslich doch dazu überreden lasse, als Kronzeuge gegen seinen Boss aufzutreten, um seine Strafe zu mildern. Das dürfte aber eher Wunschdenken sein, als der Realität zu entsprechen. Die drohende Strafe sei wohl zu gering, als dass Weisselberg nachgeben werde, sagen Juristen. Anzunehmen sei zudem, dass die Anklage bereits sämtliche Beweisstücke vorgelegt habe und keine weitere Klage zu erwarten sei.
Allerdings kann sich Trump noch nicht sicher fühlen. Zum einen legte die Justiz gestern eine Klageschrift gegen die Trump Inc. mit 15 Klagepunkten vor. Das Imperium wurde demnach seit 15 Jahren als kriminelle Einheit geführt und muss als mafiaähnliche Organisation gesehen werden. Eine Klage mit seinem Namen ist ein Schlag gegen Trump, der in den letzten Tagen wieder politische Auftritte organisiert hat. Selbst wenn er mit den Klagen den Goodwill seiner Anhänger gewinnen möchte, so muss er mit konstanten Ablenkungen durch die weiterlaufenden Untersuchungen rechnen, die seine Chancen für die nächsten Wahlen 2024 trüben können.
Dem Ex-Präsidenten drohen mehrere andere und schwerwiegende Untersuchungen, darunter Ermittlungen des Justizdepartements und der Steuerbehörden wegen Finanz- und Steuerbetrugs. Gravierend ist der Verdacht, dass Trump eine doppelte Buchhaltung führte. Auf der einen Seite wurden die Schulden überhöht ausgewiesen und auf der anderen Seite die Einnahmen zu tief veranschlagt. Dies wäre Steuerbetrug in höchstem Ausmass und kann mit Haft bestraft werden. Die Strafklage gegen die Trump-Organisation könnte auch die Beziehungen mit Banken und Geschäftspartnern untergraben und die Verhandlungen um die Schulden von Trump in Höhe von 590 Millionen Dollar erschweren.
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