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Hilfe für die Ukraine
Feuerwehrauto aus Thalwil löscht nun Brände nach Luftangriffen

Chauffeur Serhiy Shulyk bei der Abfahrt auf dem Schneider-Areal in Meilen am Mittwochmorgen. 
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Nein, ein Feuerwehrauto, das hat Serhiy Shulyk noch nie gefahren. Als er das Blaulicht anstellen soll, muss er erst den richtigen Knopf suchen. Der erfahrene Car- und Lastwagenchauffeur ist für die Überführung der Autodrehleiter der Feuerwehr Thalwil-Oberrieden nach Dnipro zuständig.

Er fährt das 14,5 Tonnen schwere Fahrzeug über Österreich, Deutschland, Tschechien und Polen bis zur westukrainischen Stadt Lwiw. Dort übernimmt ein weiterer Fahrer, der das neongelbe Auto bis nach Dnipro bringt. Drei Tage soll die Reise dauern.

Depot wurde ausgebombt

In Dnipro wartet man schon sehnsüchtig auf das Fahrzeug. Zwar verläuft die Kriegsfront südwestlich von Dnipro, aber die Stadt mit gut einer Million Einwohner wird immer wieder Opfer von russischen Luftangriffen. «Gerade letzte Woche wurde wieder ein Gebäude getroffen», erklärt Konstantin Konischev. Der Jurist, der vor fünf Jahren aus London nach Herrliberg zog, organisiert mit seiner Frau Iuliia Muravska Spenden sowie den Transport von Fahrzeugen und anderen Hilfsgütern in sein Heimatland. «In der Stadt gibt es viele hohe Häuser, weswegen eine Autodrehleiter so wichtig ist», sagt er. Das Fahrzeug werde in Dnipro viele Leben retten.

Ende Mai wurde die Hauptfeuerwache in Dnipro von einer russischen Rakete getroffen und grösstenteils zerstört.

Dringend gebraucht wird die Autodrehleiter, weil das Depot im Mai von einer russischen Rakete getroffen wurde. Ein Angriff, bei dem eine Rettungskraft verletzt sowie die Hauptfeuerwache und zahlreiche Feuerwehrfahrzeuge schwer beschädigt wurden.

Kontakt durch die Kirche

Erfahrung mit dem Transport von Fahrzeugen in Krisengebiete hat Peter Gut. Er hat vonseiten des Rotary-Clubs Küsnacht-Zürich die Aktion initiiert. 45 Fahrzeuge, darunter Ambulanzen und mobile Schulzahnkliniken, hat Gut vor mehr als 20 Jahren für den Balkan organisiert. Als er dann in dieser Zeitung las, dass die Feuerwehr Thalwil-Oberrieden einen Käufer für ihre Autodrehleiter sucht, keimte in ihm die Idee auf, dass das Fahrzeug in der Ukraine von Nutzen wäre.

An einem Kirchenkonzert mit dem ukrainischen Pianisten Alexey Botvinov in Küsnacht hatte der knapp 88-Jährige kurz zuvor Konstantin Konischev kennen gelernt. Im Club fand Gut rasch Unterstützung für sein Anliegen. Insgesamt 20’000 Franken hat der Rotary-Club Küsnacht-Zürich für die Aktion budgetiert: Darin sind nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Kosten für die Überführung inbegriffen.

In gutem Zustand

Erfreut darüber, dass die Autodrehleiter nach Dnipro geht, ist auch Feuerwehrkommandant Claudio Hostettler. Es sei relativ schnell klar gewesen, erzählt er. Das Gebot des Rotary-Clubs sei eines von dreien und das Beste gewesen. 

Dass es noch gut im Schuss ist, bewies das Fahrzeug kürzlich an der Sommerschlussübung der Feuerwehr Thalwil-Oberrieden, wo es zum letzten Mal in Thalwil zum Einsatz kam. «Technisch ist das Fahrzeug in einem guten Zustand», sagt Hostettler. Dies, obwohl es 27 Jahre auf dem Buckel hat. Ausgemustert worden sei es nur, weil dies die Gebäudeversicherung bei Spezialfahrzeugen der Feuerwehr nach 25 Jahren so empfehle. 

Gefährliche letzte Etappe

Auf dem Schneider-Areal in Meilen, wo die Rotarier das Fahrzeug abstellen durften, schraubt Serhiy Shulyk am Mittwochmorgen die Exportnummernschilder ans Feuerwehrfahrzeug. Derweil probiert sein Sohn Micha einen der 23 gebrauchten Helme an, welche die Feuerwehr Thalwil-Oberrieden gespendet hat. Der 10-Jährige sowie Shulyks Frau Alina sind auf den 1500 Kilometern nach Lwiw im Begleitauto mit dabei: Um 8.33 Uhr fährt die Familie los. 

Dieses Nummernschild dient einzig dem Export, künftig wird das Fahrzeug eine ukrainische Nummer haben. 

Richtig brenzlig könnte es auf den letzten gut 1000 Kilometern von Lwiw nach Dnipro werden, die ein anderer Chauffeur bestreitet. Konischev erzählt von Drohnen- und Raketenangriffen, die die russische Armee immer wieder weit westlich von der Front ausübe. «Man muss damit rechnen, dass alles passieren kann», sagt er und die Besorgnis in seiner Stimme ist unüberhörbar.