Das traurige Leben des SuperläufersFertiggemacht und verhöhnt – doch jetzt lacht keiner mehr
Zane Robertson zählte zu den raren weissen Ausnahmekönnern. Dann wurde der Neuseeländer mit EPO erwischt. Es steckt eine tragische Geschichte dahinter.
Die Geschichte von Zane Robertson scheint auf den ersten Blick simpel: Spitzenläufer dopt, wird erwischt und erfindet eine dümmliche Ausrede dafür. Sofort ergiesst sich über ihn ein Meer an Häme in den sozialen Netzwerken und überhaupt im World Wide Web. «Dödel» ist dabei noch eine der vornehmeren Ausdrucksweisen.
Er habe sich gegen Covid impfen lassen wollen, dabei sei ihm EPO injiziert worden, begründete Robertson in seinem Verfahren. Der Fall schien also so simpel wie klar.
Nun hat dieser Zane Robertson, der zu den schnellsten weissen Halbmarathonläufern je zählt (Bestleistung 59:47 Minuten) in einem Podcast geredet. Jeder Spötter verstummt nach dem Hören schnell. Denn Robertson erzählt im Detail, wie er zum Doper wurde. Hier der Podcast:
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Zu den vielen Kernaussagen gehört dabei: «Seid nicht so hart zu Menschen in ihren dunkelsten Tagen, wenn ihr nicht wisst, was in ihrem Leben passiert ist.» Und im Leben von Robertson hat sich nun wahrlich viel ereignet und angehäuft.
Begonnen haben die Anomalien früh: Er und sein Zwillingsbruder Jake, bis heute fast gleich schnell wie Zane, wachsen in bescheidenen Verhältnissen in Hamilton auf – und werden ab 7 Jahren von Mitschülern und Lehrern gemobbt. Die Lehrer hätten andere Schüler gar mit besseren Noten belohnt, wenn sie sie gemieden hätten, schilderte Zane einst.
Ausbruch nach Kenia
Zum Fertigmachen gehören auch regelmässige Hinweise auf ihre Körper. Zane und Jake waren und sind sehr dünn – und hören von Lehrern immer wieder, sie seien doch magersüchtig.
Dass sie mit 14 das Laufen entdecken und rasch zu den Besten ihres Alters gehören, ist Fluch und Segen. Segen, weil sie einen Ausweg aus ihrem Leben sehen. Fluch, weil sie nun erst recht auffallen und fertiggemacht werden.
Mit 17 Jahren entscheiden sie sich, für ein paar Monate nach Kenia zu ziehen, um sich dort auf die Cross-WM im Land vorzubereiten. Es sind mit Unterbrüchen nun 16 Jahre daraus geworden, dass die Brüder im Land der Läufer in Iten leben.
Der Aufstieg in die Weltspitze mit Kontinentalrekord über 21,1 km und zwei Olympiateilnahmen gehen mit Problemen einher. Zane leidet immer wieder an Depressionen, Suizidgedanken plagen ihn.
Dann kommt ein erbitterter Ehestreit hinzu und nach zahlreichen Verletzungen das Abspringen von Sponsoren. Und als das Covid-Virus den Planeten überrollt und die Wettkämpfe eingestellt werden, bricht sein letztes finanzielles Fundament weg. Private und berufliche Probleme überlagern sich also und führen ihn in eine existenzielle Krise.
Hinzu kommt: Über die Jahre, so sagt es Robertson im Podcast, habe er immer wieder erlebt, dass gedopte Athleten den Fängern entwischten. Diese Situation frustriert ihn, alles zusammen lässt ihn im Frühling 2022 vor einem Rennen in Grossbritannien erstmals zu EPO greifen.
Im Herbst 2022 erfährt er von der positiven Probe, diesen Mittwoch von der achtjährigen Sperre. Sie ist so hoch, weil er Spitaldokumente fälscht, als man ihm auf die Schliche kommt.
«Am liebsten würde ich irgendwo in Kenia verschwinden.»
Auch davon redet Robertson im Podcast offen und reumütig. Nur schon darum unterscheidet er sich von anderen Dopern. Die meisten schweigen – oder reden ihre Tat klein. Er tut nichts davon, ist zurückgetreten und blickt einer sehr vagen Zukunft entgegen.
«Am liebsten würde ich irgendwo in Kenia verschwinden», sagt er. Doch weil sein Visum dereinst ausläuft, wird er anderswo unterkommen müssen. Zudem ist da das schlechte Gewissen gerade dem Bruder gegenüber. Dieser ist noch immer aktiv, sucht nach Sponsoren – und sieht sich nun in Sippenhaft genommen. Wenn ein Robertson dope, dann müsse doch auch der andere ein Betrüger sein, bekommen sie nun zu hören. Jake hasse ihn darum für die Tat und versuche doch, für ihn da zu sein, sagt Zane.
Dieser droht nun fern der Heimat, ohne Ausbildung und Geld durch alle Maschen zu fallen. In seiner Gemütsverfassung ist das eine alarmierende Situation.
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