Airbnb, Interhome, e-domizil & Co.Ferienwohnungen, die heimlichen Pandemie-Gewinner
Nach dem Ende des Lockdown steigen die Buchungen rasant. Dank Airbnb erlebt die Branche ohnehin einen unvergleichlichen Boom. Sechs Fragen und Antworten zum Thema.
Woher kommen die ausländischen Ferienwohungs-Gäste?
Erfreulich für den Schweizer Tourismus: Die Buchungen von Auslandgästen steigen wieder an. Innert kürzester Zeit wuchs im Juni der prozentuale Anteil am Buchungsumsatz von ausländischen Gästen mit Reiseziel Schweiz von praktisch 0 auf rund 15 Prozent an, bestätigt e-domizil-Sprecherin Myriam Schweizer. Das Unternehmen mit Sitz in Zürich ist nach eigenen Angaben mit mehr als 300’000 Ferienwohnungen in über 70 Ländern der grösste Onlinevermittler von Ferienwohnungen und Ferienhäusern der Schweiz. Besonders Gäste aus Deutschland planen wieder vermehrt Schweiz-Ferien. Sie machen rund 70 Prozent der Buchungen aus dem Ausland in die Schweiz aus.
Wo mieten Schweizer ihr Ferienhäuschen?
Drei von vier Neubuchungen für eine Ferienwohnung stammen von Schweizern. Gleichzeitig haben die erweiterten Reisemöglichkeiten seit dem 15. Juni in der Schweiz zu einer täglich merkbar wachsenden Nachfrage nach Ferienwohnungen und Ferienhäusern im Ausland geführt, wie Myriam Schweizer bestätigt. Bei den Neubuchungen im Juni machten die geplanten Auslandreisen der Schweizer bei e-domizil knapp zehn Prozent des Umsatzes aus. Bevorzugte Reiseländer sind Frankreich und Italien, gefolgt von Spanien und Kroatien. Erst anschliessend folgen Deutschland und Österreich.
Wie gross ist der Schaden durch Airbnb ?
Konkurrenz belebt das Geschäft, im Fall von Airbnb sogar eine ganze Branche. Das 2008 als Plattform zur Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften gegründete US-Start-up hat anders als befürchtet Mitbewerber nicht vom Markt gedrängt, sondern für Wachstumsimpulse gesorgt, von denen auch andere profitieren. «Das Ferienhaus-Geschäft hat sich massiv ausgeweitet», sagt Daniel Koller, Geschäftsführer von e-domizil. Insbesondere in den nicht alpinen Tourismusregionen und Städten sei diese Ausweitung feststellbar.
Wer arbeitet mit wem zusammen?
Bei Interhome arbeitet man seit 2016 mit den Amerikanern zusammen. «Airbnb ist seit 2016 Vertriebspartner», sagt Hotelplan-Sprecherin Bianca Gähweiler. Interhome ist Teil der Hotelplan-Gruppe, die zur Migros gehört und 50’000 Ferienhäuser, Ferienwohnungen und Chalets anbietet. Die US-Plattform aus dem Silicon Valley vertreibt gemäss Gähweiler inzwischen einen Grossteil der Ferienwohnungen und Ferienhäuser aus dem Interhome- und auch Interchalet-Portfolio. «Mit der Zusammenarbeit sind wir bisher sehr zufrieden», sagt sie.
Ähnlich klingt es bei e-domizil. «Wir beliefern seit längerem mit unserem Privatvermieter-Portfolio sowie mit dem Produkt von TUI Wolters Reisen Airbnb», sagt Geschäftsführer Daniel Koller. Sowohl für die Privatvermieter als auch TUI Wolters Reisen könne so ein weiterer Vertriebskanal angeboten werden. Für Interhome ist die Konkurrenz zu Airbnb verschwindend klein. «Anders als andere Anbieter führen wir bei Interhome keine Zimmer in Privatwohnungen», sagt Hotelplan-Sprecherin Bianca Gähweiler. Bei Interhome seien es ausschliesslich abgeschlossene Wohneinheiten. Darunter versteht sie Ferienwohnungen und Ferienhäuser.
Warum bezahlt Airbnb keine Kurtaxe?
Airbnb wird gern in die Grauzone gerückt. «Oft ist die Rede von nicht bezahlten Kurtaxen», sagt Daniel Koller von e-domizil. Seines Erachtens geht die Diskussion aber in eine falsche Richtung. «Lokale Taxen sind gemäss den entsprechenden Gesetzen durch den Beherberger zu erheben, abzuführen und vom Kunden zu entrichten», sagt er. So käme niemand auf die Idee, dass zum Beispiel die Hotelbuchungsplattform Booking.com Kurtaxen für den Hotelier abführen müsse. Diese Diskussion habe es über all die Jahre auch im Feriengeschäft nicht gegeben, das auch ohne Airbnb schon lange digital und zum Direktbuchermarkt geworden sei. Ganz ohne Makel steht Airbnb aber nicht da. Weder intelligent noch zielführend findet es Koller, dass Airbnb den Vermietern vorschreibe, immer noch tiefere Preise zu erfassen, um die Auslastung zu steigern. Vor allem Hotels könnten bei diesem Preiskampf nicht mehr mithalten, da diese anders als Airbnb-Vermieter «unendlich viele gesetzliche Vorgaben» erfüllen müssten. Koller befürchtet, dass bei dem von Airbnb forcierten Preiskampf mittelfristig die Investitionsfähigkeit leiden wird. «Aber das kümmert die Plattform nicht», sagt er.
Warum buchen Jugendliche Kurzaufenthalte?
In den letzten zwölf Jahren hat sich Airbnb zu einem grossen Anbieter entwickelt, der in über 220 Ländern dieser Erde tätig ist. In ihrem Computer-Reservierungssystem werden Privatwohnungen in über 100’000 Städten angeboten. Pro Nacht schliefen vor dem Lockdown zwei Millionen Gäste in einer Airbnb-Unterkunft. Der geschätzte Unternehmenswert von Airbnb wird vom deutschen Onlineportal Statista auf 26,5 Milliarden Franken veranschlagt. Vor allem der Markt für Kurzaufenthalte sei seit dem Aufkommen von Airbnb «sehr stark gewachsen», wie e-domizil-Geschäftsführer Daniel Koller bestätigt. Im Fokus stehe hier ein junges Publikum, ungebunden und frei. Diese Kundengruppe leiste sich mehrere Aufenthalte im Jahr an verschiedensten Orten der Welt. Gerade in diesem Markt sei Airbnb sehr erfolgreich.
Von diesem Sog und der Marktentwicklung «profitieren wir im Windschatten der Grossen natürlich auch», sagt Koller. Nicht nur Grossstädte liegen nämlich im Trend, sondern auch einsame Hütten. Ein gutes Beispiel dazu seien Special-Interest-Produkte in der Schweiz wie Alphütten und Maiensässe, Ferien im Baudenkmal, aber auch auf dem Bauernhof. «Diese Angebote verzeichnen alle aussergewöhnliche Auslastungen, die teilweise gegen 100 Prozent gehen», sagt Koller.
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