Streit um Zürcher SpitalgesetzFDP: Aus dem Unispital wird damit ein «Bezirksspital Fluntern»
Der Kantonsrat will dem Universitätsspital genauer auf die Finger schauen. Die liberalen Parteien prüfen nun ein Referendum gegen das neue Gesetz.

Eine ungewöhnliche Allianz prägt die Änderung des Unispitalgesetzes, die am Montag im Kantonsrat verabschiedet worden ist. Mit 105:65 stimmte das Parlament der Gesetzesrevision zu. Dafür stimmten die vereinigte Linke und die SVP.
Die Debatte wurde in den Vorwochen in mehreren Sitzungen hitzig geführt. Ziel war es, der Leitung des Universitätsspitals mehr unternehmerische Freiheiten zu besorgen und die Transparenzregeln für Klinik- und Spitaldirektorinnen zu verschärfen.
Für FDP, GLP, Mitte und EVP sind die Ziele ungenügend erreicht. Besonders bei den unternehmerischen Freiheiten haben sie sich mehr erhofft. Deshalb kämpften sie am Montag vor der Schlussabstimmung erbittert für die Rückweisung des Gesetzesentwurfes.
Bettina Balmer (FDP, Zürich) sprach aufgebracht davon, dass das Universitätsspital mit diesem Gesetz zu einem «Bezirksspital Fluntern» gemacht werde. Und SVP-Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli fragte sie provokativ: «Frau Rickli, haben Sie ein Problem mit der eigenen Partei, dass die SVP Sie hier so im Regen stehen lässt?» Und für Arianne Moser (FDP, Bonstetten) ist es ein «Faustschlag ins Gesicht» der vorberatenden Kommission. «Wenn im Unispital etwas schiefläuft, können Sie nicht mehr mit dem Finger auf den Spitalrat zeigen, sondern müssen selber die Verantwortung übernehmen.»
Stein des Anstosses war eine Gesetzespassage, nach der das Spital zwar selbstständig Auslagerungen beschliessen darf, aber nur bis zu einem Wert von 4 Millionen Franken. Gegen grössere Verkaufsgeschäfte kann das fakultative Referendum ergriffen werden. Ab einem Betrag von einem Prozent des Eigenkapitals – derzeit rund 8 Millionen Franken – kann der Kantonsrat intervenieren.
Der Regierungsrat hatte eine Schwelle von 10 Millionen vorgeschlagen, die Spitalleitung selber hatte sich für 40 Millionen ausgesprochen. Ein Wunsch, den FDP, GLP, Mitte und EVP unterstützt haben.
Diese Liberalisierung war auch der SVP zu viel gewesen. «Stellen Sie sich vor, das Spital will einst eine Klinik verkaufen, und wir müssen hier zuschauen», sagte etwa Lorenz Habicher (SVP, Zürich).
Für die Linke wird die unternehmerische Freiheit mit diesem Gesetz nur wenig eingeschränkt. Man werde nicht alles, was das Spital beschliesse, im Kantonsrat stoppen, hiess es. Jeannette Büsser (Grüne, Horgen) sprach denn auch nur von einer «Mini-Notbremse».
Keine Doppelfunktionen mehr
Neben den umstrittenen Änderungen beinhaltet das revidierte Gesetz neue Transparenzregeln. So müssen die Kader ab der Stufe Oberarzt bei der Spitaldirektion künftig Rechenschaft über ihre anderweitigen Tätigkeiten und Beteiligungen ablegen. Die Spitaldirektionen, so die jüngst vom Spitalrat gewählte neue Spitaldirektorin Monika Jänicke, sowie die Klinikleitungen müssen ihrerseits ihre Interessenbindungen sogar in einem öffentlichen Register eintragen.
Die Spitaldirektion wird im Übrigen gestärkt – zulasten der Klinikdirektorinnen und -direktoren. Das ist eine direkte Folge der Wirren ums Unispital aus dem Jahr 2020. Die kritisierten «Königreiche» mit allen möglichen Abhängigkeiten werden abgeschafft.
So werden hierarchieübergreifende Doppelfunktionen verboten. Klinikleiter dürfen neu nicht mehr gleichzeitig ärztliche Direktoren sein. Dazu will der Kantonsrat auch die Anzahl der Untergebenen pro Vorgesetzten auf ein «angemessenes Mass» beschränken. Auf eine Definition, was «angemessen» ist, hat der Rat allerdings verzichtet. Neu ist es am Unispital auch möglich, den Spitalrat oder die Spitaldirektion in einem Co-Präsidium zu führen.
Die unterlegenen Parteien prüfen ein Behördenreferendum, wie Jörg Kündig (FDP, Gossau) sagt. Dazu braucht es mindestens 60 Unterschriften aus dem Kantonsrat.
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