Fasnachtschüechli am laufenden Band
Fasnachtszeit ohne Fasnachtschüechli: Für so manchen Zeitgenossen unvorstellbar. Die Nachfrage nach der beliebten Spezialität stillt zu einem grossen Teil das Meilemer Migros-Unternehmen Midor. Die ZSZ schaute zu, wie das traditionelle Gebäck hergestellt wird.
Ein süsslicher Duft liegt in der Luft. Altbekannt ist er zwar – und doch entzieht er sich einer klaren Benennung. Aber es ist nicht der Ort, um mit Muse den Erinnerungen an den Duft nachzugehen. Lautes Rattern, Fauchen und Zischen erfüllt den Raum und zieht die Aufmerksamkeit auf sich.Genauso wie das steile Förderband vor Augen. Es transportiert ziegelsteinförmige Gebilde, aus hellbrauner Masse zusammengefügt, eines gleich dem anderen. Ein Ablauf, der durch seine schiere Endlosigkeit fasziniert: Seit mehr als drei Stunden dauert er schon an; ohne Unterbruch wird er am vorgestrigen Donnerstag noch deren zwölf weitergehen.
Kaum lässt sich erahnen, in was sich die quaderförmigen Stücke verwandeln werden, die eben noch auf dem Förderband lagen. Wenige Minuten später aber haben sie ihre endgültige Form bereits erlangt: Aus den Teigklumpen sind hauchdünne Fasnachtschüechli geworden.
Ein Käser als Chef
Die Produktion des beliebten Gebäcks im Sekundentakt vollzieht sich auf mehreren geschäftig rotierenden Maschinen. In ausgeklügelter Technik sind sie ineinander zu einer grossen Anlage verzahnt: Dies beim grössten Hersteller von Fasnachtschüechli schweizweit, der Meilemer Midor. Sie gehört als Biscuit-, Glacé- und Snackfabrik zur Migros. «900 000 Chüechli stellen wir bei voller Leistung der Anlagen pro Tag her», sagt Hansruedi Wälchli. Zum Vergleich: Von den Berlinern, dem anderen klassischen Fasnachtsgebäck, werden täglich gut 30 000 Stück fabriziert – diese allerding nicht in Meilen sondern im Volketswiler Betrieb Jowa.
«900‘000 Chüechli stellen wir pro Tag her.»
Wälchli, gelernter Käser, ist seit fünf Jahren bei Midor Produktionsleiter Fasnachtschüechli. Käser? Wer ihn als Quereinsteiger vermutet, irrt. Wie der Grossteil des Teams der Fasnachtschüechliproduktion ist er während des übrigen Jahres bei der Glacéherstellung tätig. Dort würden die Anlagen jeweils in den Wintermonaten revidiert. So gesehen erscheint denn auch Wälchlis Hintergrund als Käser weniger exotisch. Das gut zweimonatige Intermezzo mit den Fasnachtschüechli sei ihm eine willkommene Ergänzung zur Glacéherstellung, sagt er. Am 15. Dezember hat die Produktion des Gebäcks begonnen, dauern wird sie heuer noch bis 19. Februar: Das Ende der Fabrikation fällt jeweils mit dem Basler Morgestraich – der hierzulande die Fasnachtszeit beendet – zusammen.
Ausschuss wird verwendet
900 000 Chüechli täglich – wovon rund 600 000 grosse und 270 000 als Miniversion, die es seit 2004 gibt – entsprechen einer beeindruckender Zutatenmenge: Neun Tonnen Weizenmehl, 80 000 Eier, dreieinhalb Tonnen Staubzucker. In deutlich geringeren Mengen vervollständigen ferner Salz, Kirsch und Joghurt die Masse. Letztere, eher unerwartete Komponente, spiele seiner Milchsäurebakterien wegen eine Rolle für den Ruheprozess des Vorteiges, aber auch für Struktur und Geschmack der Chüechli, erklärt Wälchli.
Alle sechs Minuten würden 140 Kilogramm Masse in der fast mannshohen Teigschüssel zusammengefügt. Was die Hausfrau in der heimischen Küche mehr oder minder aufs Gramm genau abwiegt, das schütten die Angestellten hier eimerweise in den Bottich. Jedoch, für die Hauptzutat, das Mehl, wären selbst Eimer wenig effizient: Es wird automatisch durch einen Zufuhrschacht an der Decke in die Teigmasse gekippt. Und was die Hausfrau macht, nämlich die beim Guetzliausstechen anfallenden Teigresten wieder auszuwallen, das wird auch hier im Grossen praktiziert, ebenso würde später entstehender Ausschuss – zerbrochene oder unschön geformte Chüechli etwa – fein vermahlen den Produktionszyklus von vorne beginnen, erklärt Wälchli.
Fanpost von Kunden
Die fast wichtigste Zutat der Fasnachtschüechli ist indes das Öl. Achteinhalb Tonnen füllen die vier Frittierbäder täglich. Seit der Saison 2004/2005 werde nur noch Sonnenblumen- statt wie früher Erdnussöl verwendet. Dies sei die einzige Änderung am Originalrezept von 1935, sagt Anne-Catherine Rüegg, Leiterin Kommunikation. Weder seien geschmackliche Variationen ein Thema gewesen noch eine alternative Zubereitung. Warum auch: «Die Chüechli erfreuen sich grosser Beliebtheit, wir erhalten immer wieder handgeschriebene Fanpost – nicht nur von Kindern», fügt Rüegg an.
Das Besondere seien etwa die Blasen, die den Chüechli ihre Luftigkeit geben würden. Eine Nadelwalze, die die Teigrondellen nach mehrstufigem Auswallen locht, ist dafür verantwortlich. Fast zeitgleich läuft dieses mit dem Ausstechen und Frittieren; kurz abgetropft und ausgekühlt – und im Nu sind sie auch schon mit Puderzucker bestäubt: Puderzucker auf warmen Chüechli – das ist denn auch die Quelle des Geruchs, der schwer in der Luft der Produktionshalle liegt. In spätestens zwei Tagen finden sich die nunmehr bereits verpackten Chüechli in den Ladenregalen.
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