Fall RuagKorruptionsverdacht: Deutsche Staatsanwälte ermitteln rund um Schweizer Panzer-Deals
Im Kontext von Geschäften mit Leopard-1-Panzern des staatlichen Rüstungsbetriebs besteht Verdacht auf Bestechung. Eine deutsche Staatsanwaltschaft geht gegen fünf Personen vor.
Wegen der in Italien stationierten Kampfpanzer der Schweizer Ruag MRO laufen seit eineinhalb Jahren Ermittlungen in Deutschland. Dies hat der bundeseigene Rüstungskonzern zu Wochenbeginn selber publik gemacht. Über die Details schwieg er sich aus.
Nun wird bekannt: Es sind Korruptionsbekämpfer der Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Verden, die aktiv geworden sind. Dies berichtet Radio SRF. Die Ermittlungen der Verdener Zentralstelle für Korruptionsbekämpfung richteten sich gegen fünf deutsche Staatsangehörige. Der Verdacht: Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Untersucht werden gemäss der Staatsanwaltschaft Verden «Unregelmässigkeiten im Zusammenhang mit dem Handel mit Ersatzteilen für militärisches Gerät». Einer der Verdächtigen ist gemäss mehreren Quellen ehemaliger Ruag-Angestellter.
Plötzlich begehrte Ware
Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat den deutschen Kolleginnen und Kollegen in der Sache bereits einmal Rechtshilfe geleistet, wie sie auf Anfrage schreibt. Ein zweites Ersuchen aus Deutschland sei in Bearbeitung.
Mit den Korruptionsermittlungen gibt es nun ein neues Kapitel in der ohnehin schon facettenreichen Affäre um die (noch nicht) einsatzbereiten Leopard-1-Panzer. Die Ruag hatte 96 Kampfpanzer im Jahr 2016 von Italien gekauft. Sie beabsichtigte damals, die veralteten Panzer auszuschlachten und mit dem Handel von Ersatzteilen Geld zu verdienen.
Der Ukraine-Krieg machte die Leoparden, die von der Schweizer Armee nie betrieben worden sind, plötzlich zur begehrten Ware. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall wollte die Fahrzeuge, die bis heute in Norditalien stehen, modernisieren und in die Ukraine schicken. Finanziert hätten die ganze Sache die Niederlande. Was diese Zeitung aufgedeckt hatte, bestätigte eine Ruag-Sprecherin: «Rheinmetall wollte die Fahrzeuge kaufen und hat dabei transparent gemacht, dass sie nach ihrer Aufbereitung in die Ukraine geliefert werden sollen.» Das Staatssekretariat für Wirtschaft legte aus Rechtsgründen aber sein Veto ein.
Nach öffentlichen Querelen und trotz internationalem Druck auf die Schweiz stoppte der Bundesrat schliesslich das Geschäft. Der Grund: Neutralität. Doch damit ist die Sache noch nicht vom Tisch. Am Sonntag kam der Ruag-Verwaltungsrat zu einer Sondersitzung zusammen und sprach sich für eine Untersuchung der Vorgänge um den geplatzten Verkauf aus. Darüber setzte Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin noch gleichentags Bundesrätin Viola Amherd ins Bild.
Wem gehören die 25 Panzer?
Kein Thema war in der Orientierung gemäss CH Media das Strafverfahren in Deutschland. Ruag- Kommunikationschef Silvan Gruber bestätigt, dass zwischen Perrin und Amherd am vergangenen Sonntag das Strafverfahren nicht vertieft zur Sprache gekommen sei. Er sagt aber auch: «Das Verteidigungsdepartement war bereits zuvor über die Ermittlungen in Deutschland informiert worden.»
Amherd sah sich ebenfalls zum Handeln veranlasst. Die Schweizer Verteidigungsministerin liess am Montag kommunizieren, dass auch ihr Departement eine externe Untersuchung der Vorgänge in Auftrag geben werde.
Aus entsprechenden Mitteilungen ging hervor, dass die Ruag im Jahr 2019 bereits 25 Panzer des Typs Leopard 1 veräussert hatte. Diese seien aber bis heute nicht abgeholt worden – sie stehen immer noch in Italien, zusammen mit den anderen 71 Panzern. Unklar ist heute offenbar, wem diese 25 Panzer nun genau gehören und ob es im Zusammenhang mit diesem oder anderen Deals zu rechtlich unsauberen Geschäften gekommen ist.
Die Ruag will unter anderem deshalb ein Anwaltsbüro mit einer externen Untersuchung beauftragen. Sie spricht von «Ungereimtheiten», die aufgetaucht seien und die nun breit untersucht werden müssten.
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