Monstergipfel in PragEuropäische Länder senden ein Signal an Putin
Auf der Prager Burg hat das erste Treffen von 44 Staats- und Regierungschefs der sogenannten Europäischen Politischen Gemeinschaft begonnen.
In Prag beraten die Staats- und Regierungschefs von mehr als 40 europäischen Ländern über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Die Ziele der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft seien «mehr Stabilität, mehr Sicherheit, mehr Frieden», sagte EU-Rats-Präsident Charles Michel am Donnerstag. Der französische Präsident Emmanuel Macron äusserte die Hoffnung auf ein Zeichen der «Einheit» gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hatte das neue Gesprächsformat angestossen.
Der tschechische Gastgeber und Regierungschef Petr Fiala erinnerte in seiner Eröffnungsrede an den Prager Frühling 1968. Schon damals habe Moskau mit seinen Panzern die Hoffnungen auf mehr Freiheit zunichtegemacht. «Es ist schwer, dem Bösen ins Auge zu blicken, aber die Wahrheit wird siegen», sagte Fiala weiter. «Wir wissen alle in unseren Herzen, dass die Ukraine gewinnen wird, weil die Wahrheit auf ihrer Seite ist.»
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz nannte das neue Gesprächsformat bei seinem Eintreffen auf der Prager Burg eine «grosse Innovation». «Das ist gut für den Frieden für die Sicherheitsordnung», fügte er hinzu. Die neue Gemeinschaft ergänze Formate wie den Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Cassis moderiert runden Tisch zu «Wirtschaft, Energie und Klima»
Nach der Eröffnungsrunde haben die Gruppengespräche der 43 Staats- und Regierungschefs begonnen. Der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis nimmt an jenem zum Thema «Wirtschaft, Energie und Klima» teil. Cassis fungiert zusammen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis als Vorsitzender dieses sogenannten «Round Table». Die beiden werden unter anderem die Diskussion moderieren.
Neben der Schweiz und Griechenland beteiligen sich dem Vernehmen nach zehn weitere Länder an der Diskussionsrunde – unter anderem Belgien, Deutschland, Italien Liechtenstein, Norwegen und die Ukraine.
Das andere Thema, mit dem sich eine Gruppe weiterer Staats- und Regierungschefs befasst, betrifft «Stabilität und Sicherheit». Am Abend steht dann ein gemeinsames Abendessen auf der Agenda.
Für die Schweiz geht es in erster Linie darum, dabei zu sein. Ganz nach dem Motto, dass Abwesende immer unrecht haben. Das neue Forum ist auch aus Schweizer Perspektive ein Experiment. Wie alle Beteiligten wird auch die Schweiz zuerst sehen wollen, ob das hochkarätige Rendez-vous abgesehen von Fototerminen und Handshakes auch Mehrwert bringt (mehr zum Thema: Was sind die Erwartungen an das Monstertreffen in Prag?)
Diskussionen um Preisdeckel für Gasimporte
Zur Europäischen Politischen Gemeinschaft gehören neben der Ukraine und den EU-Ländern unter anderem auch die Türkei, die Westbalkanstaaten und die früheren Sowjetrepubliken Armenien und Aserbeidschan. Für die Ukraine ist Regierungschef Denis Schmihal in Prag, Präsident Wolodimir Selenski sollte dazugeschaltet werden. Russland und der Verbündete Belarus sind nicht eingeladen. Hauptthemen des eintägigen Gipfels sind die Sicherheitspolitik und Energiefragen.
Bereits zu Beginn des Gipfels wurden die Konfliktlinien zwischen den EU-Ländern erneut deutlich. Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki kritisierte die deutsche Regierung scharf: «Es kann nicht sein, dass die Energiepolitik der EU von Deutschland diktiert wird», sagte er in Prag. Berlin hat Vorbehalte gegen die Forderung Polens und 14 weiterer EU-Länder nach einem Preisdeckel für Gasimporte etwa aus Norwegen oder den USA.
Scholz verteidigte die deutsche Haltung gegen Kritik. Es gehe der Bundesregierung darum, dass «die Energieversorgungssicherheit für alle Länder gewährleistet bleibt und dass die Preise für Energie dramatisch sinken», sagte er in Prag weiter. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte gewarnt, es drohe eine Gasknappheit, wenn Länder wie Norwegen, die USA oder Algerien ihr Gas wegen eines EU-Preisdeckels teurer an Asien verkauften.
Am Freitag tagen in Prag die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten. Bei dem informellen Gipfel geht es neben dem umstrittenen Gas-Preisdeckel auch um die weitere politische und militärische Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine.
AFP/ij
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