Kommentar zu Streit EU - PolenEU muss sich in Polens Medienpolitik einmischen
Das polnische Parlament hat ein umstrittenes Mediengesetz gebilligt. Das bedeutet eine ernstzunehmende Gefahr für das unabhängige Fernsehen in Polen.

Die Angst um die Macht muss gross sein in der polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PIS). Denn sie begibt sich ein weiteres Mal auf Konfrontationskurs mit der EU – und diesmal auch mit den USA. Mit der EU, weil sie den Rechtsstaat abbaut. Mit den USA, weil sie per Gesetz einen Fernsehsender abschalten will. Offiziell, weil er zu einem nicht europäischen Konzern gehört. In Wahrheit, weil dieser viel gesehene Sender, der TVN heisst, unabhängig und durchaus nachteilig über Parteichef Jaroslaw Kaczynski berichtet.
Das neue Mediengesetz hat diese Woche zu einem Bruch des Regierungsbündnisses in Warschau geführt. Im Parlament hat es aber die erste Hürde genommen. Es würde vor allem den US-Konzern Discovery treffen. Sollte es tatsächlich in Kraft treten, müsste Discovery seine Mehrheitsanteile am Sendernetzwerk TVN verkaufen. US-Aussenminister Antony Blinken sagte, sein Land sei «tief beunruhigt» über das Gesetz,
EU-Kommissarin Vera Jourova plädiert für ein EU-weites Gesetz zur Freiheit der Medien.
Eine Reaktion der USA würde auch den vielen polnischen Gegnern des Mediengesetzes Hoffnung geben. Die Beziehungen haben sich unter Joe Biden bereits verändert. Donald Trump, der für Kaczynski ein Vorbild war, hatte die Spaltung der EU ausgenutzt und Anführer wie ihn hofiert. Das ist vorbei. Die PIS-Regierung isoliert sich international. Zugleich sucht sie sich daheim neue Partner, die ebenso machthungrig sind wie sie.
Im schlimmsten Fall geht ihr Kurs auf, alle Gegner unschädlich zu machen, und sie zementiert ihre Macht nach dem Vorbild von Viktor Orban in Ungarn. Für die EU heisst das, sie muss sich noch stärker einmischen.
Vera Jourova, die Kommissarin für Werte und Transparenz, äusserte diese Woche auf Twitter eine klare Meinung zu den jüngsten Vorgängen in Polen: «Medienpluralismus und Vielfalt der Meinungen sind etwas, das starke Demokratien begrüssen, nicht bekämpfen.» Dabei plädierte die EU-Kommissarin erneut für ein EU-weites Gesetz zur Freiheit der Medien. Polens Demokratie kann einen solchen Schutz gebrauchen.
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